Ab und zu brauche ich die Atmosphäre des KaDeWe. Speziell die Feinschmecker-Etage. Ich kaufe da für gewöhnlich nichts. Mir reicht es, das Angebot und die Leute, die es konsumieren, anzuschauen. So auch am Sonnabend. Eine Durchsage kurz nach 1 Uhr ließ mich die 6. Etage verlassen. Der Schauspieler und Schriftsteller Mario Adorf würde zwischen 13 und 14 Uhr in der 3. Etage sein Buch signieren. Fein, Mutter hat am Montag Geburtstag und mit einem von Mario Adorf signierten Buch würde sie bei Ihren Freundinnen bestimmt Eindruck machen. Um den mit roter Kordel abgesperrten Adorf-Bereich sammelten sich kleine Menschentrauben. Mein erster Blick fiel auf seine cremefarbenen Socken. Nicht die Farbe ließ mich erschrecken sondern seine dicken Knöchel, die wie fette Beutel auf den Nähten seiner braunen Halbschuhe hingen. Dann, weiter oben, wurde es immer besser. Ich reihte mich mit einem 18,90 Euro-Werk ein. Ab und zu blitzte ein Fotohandy auf aber Herr Adorf reagierte darauf nicht im geringsten. Das Paar vor mir war an der Reihe, drehte jedoch plötzlich ab und ich stand direkt vor einem gut frisierten, sehr gepflegten Mario Adorf. Aufgeregt wie ich war, legte ich ihm das feuchte Buch mit klopfendem Herzen vor. Er lächelte sehr professionell. "Für Christa zum 65. Geburtstag" stotterte ich ihn an. Ein frischer Orbit gab mir etwas Sicherheit. Er schrieb schnörkelig in schwarz. Für "Christel?" fragte er sehr freundlich. "Nein, Christa". Und er schrieb "Christel". Ich verkniff mir ein nochmaliges "Christa", es war sowieso zu spät. Um die 65. machte er noch einen großen Kringel und schaute mich schalkhaft an. Das entschädigte alles. Meine Mutter schlug am 5. April ihr Geschenk auf und meinte seelig, dass sie immer Christel heißen wollte.
Lesezeichen