Herbstferien. Zum dritten Mal in Folge besucht meine Tochter einen Workshop in Aachen. Sie meldet sich stets für die Theatergruppe an und bebatikt stattdessen die Familie, da der Theaterkurs nicht zustande gekommen ist. Ein gelbes Batikshirt liegt im Schrank, das ich in Ermangelung eines Alemannia-Trikots getragen habe. Bei Heimspielen. Jetzt habe ich aber ein Trikot. Egal.
In diesem Jahr fand die Theatergruppe auch nicht statt. Meine Tochter bastelte ersatzweise ein würfelförmiges Sitzmöbel mit 58 cm Kantenlänge. Darauf ist sie stolz.
Als ich sie am letzten Tag zum Workshop fahre, plaudert sie fröhlich mit ihrer Freundin, die auf der Rückbank sitzt. Irgendwann fällt der Begriff „Teamerin“. „Was ist das denn?“, frage ich. Das sei die Gruppenleiterin, meint sie. Die sei nett. Jasmin heiße die. Sie sei Schauspielerin. Aha, Schauspielerin, antworte ich. „Und wo spielt die?“ – „Weiß ich nicht“, sagt die Tochter, “aber die hat schon eine goldene Kamera bekommen.“ Oho. „Eine goldene Kamera? Echt?“ – „Ja!“ Fröhliches Geplärre zweier Teenies. „Ich zeig sie dir mal.“ Sie holt ihr Mobiltelefon hervor und hält mir ein Bild vor die Nase, das sie zeigt und eine junge, blonde Person, die ich so richtig nicht erkennen kann. Beide grinsen. „Wie heißt die denn mit ganzem Namen?“ – „Jasmin Schwiers“, weiß sie. In meinem Hirn rattert es. Der Name kommt mir bekannt vor, und zwar aus neuester Erinnerung. Denk, denk, denk. Ja, genau, gestern war ich im Kino und habe NVA gesehen, diese Leander-Haußmann-Schote. Hat sie da mitgespielt? Ich bin mir fast sicher. „Zeig mir noch mal das Bild“, bitte ich die Tochter. Hmm, das könnte sie sein.
Als ich die beiden Damen beim Workshop rauslasse, gibt mir die Tochter den Hinweis, dass Jasmin heute Nachmittag beim Abschlussgottesdienst dabei sei. Och, da wollte ich eigentlich nicht hingehen. Ich kenne diese Veranstaltung aus den letzten beiden Jahrgängen. Da wuseln immer so Jugendpfarrer rum, dickliche Typen in schwarzen T-Shirts und mit Krausebärten, die immer gut drauf sind und alle Leute duzen. Darauf habe ich eigentlich keine Lust. Doch die Fahrt zurück dauert 30 Minuten. Genug Zeit, um meine Entscheidung zu ändern.
Ich erzähle meiner Frau von dieser Gegebenheit. Die meint nur: „Und jetzt willst du mit in den Gottesdienst.“ Wie gut sie mich kennt!
Diesmal zelebriert die Messe wieder ein anderer dicklicher Jugendpfarrer mit Krausebart. Doch er trägt ein Sommerhemd aus der Saison 85/86. Rechts außen sitzt Jasmin. „Die ist ja nur Haut und Knochen“, lästert meine Gattin. „Aber in hübschester Form“, meine ich. Meine Gattin schnauft vernehmlich.
Zur Wandlung kündigt Jasmin an, dass die Gottesdienstbesucher keinen Wein bekämen, wegen der Kinder, deshalb gehe sie mit einem Tablett Traubensaft rund, damit wir alle gemeinsam Mahl halten könnten.
Irgendwann steht sie mit dem Tablett voller Saftbecher vor mir.
Mann, da habe ich aber zugegriffen!
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