Kapielski haben mir Angelika Maisch und Jockel vor langer Zeit angetragen und ich bin noch heute voller Dankbarkeit. Freiwillig nimmt nämlich niemand die schmucklosen Bändchen aus dem Merve Verlag in die Hand, zu sehr erinnert das Layout an Bücher wie "Physik für Mittel,- und Oberstufe".
Jetzt ist ein neues Büchlein erschienen, "Weltgunst" und Herr Kapielski gab sich gestern Abend die Ehre, daraus ein wenig vorzulesen, im Malersaal des Schauspielhauses. Auf der anderen Seite der Alster las am selben Abend Feridun Zaimoglu im Literaturhaus. So trennte sich wohl die Spreu vom Weizen und obwohl ich mir die Karte für Kapielski, eine Gehbehinderung vortäuschend, per Post zuschicken lies, fand jeder Besucher einen Sitzplatz im Malersaal.
Kapielski selbst saß auf einem grünen Plastikhocker, die Beine unvorteilhaft nach links und rechts gespreizt und ich mühte meinen Blick nicht vom Gesicht des Dichters nach unten rutschen zu lassen. Kapielski trug einen dreiteiligen Anzug, cremefarben, erlaubt mir das theatrale Schummerlicht zu mutmaßen, dazu ein bordeauxfarbenes Hemd.
Er las mit wunderbarer Stimme einige Weltanschauungen, beweinte allgemein sein Schicksal und erzählte von Engelsbesuchen, bei denen er aufgefordert wurde 14 Biere zu trinken und einandermal schickte der Cerub ihn nach El Paso sich Cowboystiefel auf die Füße schneidern zu lassen. Einige Menschen im Publikum lachten garnicht, der Rest dafür umso lauter, ja hysterisch und zwar immer dann, wenn Kapielski zwischen zwei Vorträgen minutenlang im Büchlein blätterte, leise kicherte und dabei vor sich hin sprach: "Ja, also ich muß das jetzt verschärfen, Achtung jetzt wirds, also, doch, äh, Hier!". Ich selbst verharrte den gesamten Abend bewegungslos, leicht nach vorn gebeugt und kämpfte mit dem Erstickungstod, vor Lachen ging mir schnell die Luft aus, die Raucherlungen drohten zu explodieren und ich betete doch, Kapielski möge nicht aufhören.
Er hörte dann doch auf, deutete eine Verbeugung an und wurde vom Scheinwerferlicht hinter den Vorhang getragen. Ich heftete mich an die Fersen der Veranstalter, in der Hoffnung 14 Biere mit Kapielski trinken zu können und dabei das Geheimnis um die geliehene oder selbst erzeugte Tochter zu lüften(Siehe hier). In einer Bahnhofsspelunke traf sich dann auch das gesamte Hamburger Literaturveranstaltungsvölkchen, Kapielski fehlte. Nachfragen meinerseits ergaben ein unklares Bild. Mit einem 16jährigen Groupie sei er gleich nach der Lesung entschwunden. Andere wußten zu berichten, das sei seine Tochter und die sei schon über zwanzig. Nach eineinhalb Bieren Ratlosigkeit, beschloß die versammelte Mannschaft man könne doch jetzt auch mal den Auftritt von Henry Rollins im Januar besprechen.
Henry Rollins.
Der Henry Rollins?
HENRY ROLLINS!
Da war er, ein erneuter Gottesbeweis! Es gibt nämlich in meinem Leben überhaupt keinen Gott, außer Henry Rollins. Und Frau Maisch, Jockel und Herr Kapielski hatten mich an diesen Tisch geführt, an dem die Erscheinung Gottes für Januar verkündet wurde. Die Musikbox spielte La Paloma, die Glücksspielautomaten klingelten und aus dem Meer verrauchter Fußballfan-Schals die von der Decke hingen, verbreitete sich ein gleisendes, weißes Licht. Ein Engel schwebte auf mich herab, drückte mir ein weiteres Bier in die Hand und sprach dann: "Siehe, Uffelmann, versoffener Nichtsnutz vor dem Herrn, Staub bist Du und zu Staub wirst Du, zuvor aber bist Du noch ganz schnell auserwählt, Gott zu bekochen. Gehe hin und koche für Henry Rollins, meide aber das Fleisch und alles Fleischliche, und meide den Rauch und den Suff, sonst erzürnest Du den Herrn!".
War ja klar. 15 Leute am Tisch und keiner außer mir hatte den Engel gesehen. trotzdem belehrte ich die Unwissenden und bot meine Dienste als Vegan-Vegetarischer Caterer an. Hofus Einwand ich würde mich ja jetzt hier wohl doch ein wenig sehr prostituieren, wischte ich beiseite. Ich war auf eine Mission.
Die Reaktionen waren gemischt. Ein Veranstalter meinte, das tue wohl nicht Not, Rollins esse sicherlich im Hotel. Ein andere Veranstalter hielt mein Ansinnen für eine großartige Idee.
Ich werde berichten, und sollten meine Dienste gewünscht werden, auch hier die Speisepläne veröffentlichen. Bis dahin heisst es Daumen drücken und eine Bitte zum Schluß, es möge sich doch jeder, der Gott schon mal begegnet ist, in diesem Strang äußern. Für Tipps und Ratschläge bin ich dankbar.
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