Ein Treffen mit der Queen war angedacht.
Die ganze Tragweite dieses Unternehmens war mir wohl nicht klar. ZB dass mein kompletter Terminplan für jenen Tag durcheinander geraten würde.
Aber ich bewahrte mir meine Unbefangenheit. Dresscode stand.
Aber dann die Frage: wozu überhaupt? Die hatte doch ihre eigene Insel?
Es machte keinen Sinn.
Sie war gewiss nicht hierher gekommen, um am Sheik´s beach mit uns anderen Ex-Pats für europäisches Flair zu sorgen. Sicher, die Queen wäre reingekommen, die sichtbare Eintrittskarte für diesen gepflegten Strandabschnitt war unsere helle Haut. Die unsichtbare war unsere Unbeschwertheit - an der wollte sich Sheik Isa bin Sulman al Khalifa ab und an laben, ohne immer nach Südfrankreich dafür fahren zu müssen. Nun, beides, die Unbeschwertheit und das Erlaben, wollte nicht recht zur Queen passen.
Vielleicht war es das Wetter? Vielleicht war sie hergekommen, weil es bei ihr daheim regnete? Auf meiner Insel war das Niederschlagsrisiko gering. Den ersten Regen begrüßte ich mit Rumhoppsen, Quietschen und Vater beim Radschlagen bewundern.
Also, was dann? Ich kann ausschließen, dass Elisabeth II wie ihresgleichen Reiche hierher gekommen ist, um zu prassen. Oder die Hucke vollzusaufen. Nein, glaub ich nicht. Das machen die saudischen Prinzen - einmal ganz kurz in den kleinen Privatjet oder aufs Powerboat, und man ist da. Außerhalb des Einflussbereichs der Wahabiten, in relativer Freiheit.
Nicht die Queen, nein. Sie ist so extrem gesittet. Sie schnurrt im klassischen Outfit vorbei: schwarze Limousine zu himmelblauem Kostüm. Sanft ist ihre Fahrt, denn die gesamte Rundtour ist für sie frisch geteert worden. Jedenfalls die eine Fahrbahn. Gut, dass sie nicht beschließt, die Insel im Gegenuhrzeigersinn umrunden zu wollen. Wobei: auch das kein Problem, beziehungsweise vielleicht sogar besser, man könnte einfach auf dem frischen Straßenbelag britisch falschrum fahren.
Nicht so die Queen. Sie hält sich ans Programm. Das eine Vorbeifahrt an jubelnden, sehr sehr jungen Schülern vor Wüstenhintergrund vorsieht. Dabei wird in Würde zurückgewunken.
Auch ich halte mich ans Programm, lerne einen Tag lang nicht, how to read and write, how to sum and subtract. Sondern stehe in meiner karierten legeren Schuluniform, die für diesen Tag um einen klitzekleinen, schwenkbaren Union Jack erweitert ist, in der Sonne, tue meine Pflicht und schwenke und schaue.
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