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Thema: Hogenkamp, Peter (Ich. Oder: Last night a passion fruit saved my life)

  1. #13
    Moderater Avatar von Murmel
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    Andrea geht Geschichten jagen... Vielleicht ist es aber besser, wnn Du einen Sammelstrang für falsch veröffentlichte Geschichten aufmachst und dort Erlebnisse wie dieses reinkopierst.
    Ach, schau mal in Angelika Maisch's Stube, da findet sich bestimmt auch was.

  2. #14
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    Ach nein.

    Ach nein, zu früh ist es schon lange nicht mehr, um darüber zu reden. (Auch hatte ich vor nun schon fast einer Woche schon mal eine längliche Antwort verfasst, aber weil ich mit einem ungewohnten Laptop arbeite, drücke ich manchmal ungewollte Tastenkombinationen, und die letzte Kombination in der letzten Woche war Alt-CursorLeft, und die machte alles weg, und dann bin ich immer zu genervt, alles gleich nochmal einzutippen.)

    Sowieso wollten Funk und Fernsehen und Presse ja auch schon am nächsten Tag alles ganz genau wissen, und dann eine Woche lang jeden Tag, und es gibt kaum eine Frage, die nicht in jener Woche schon gestellt worden wäre. "Wie fühlt man sich?", ist natürlich ein Klassiker (nicht zu verwechseln mit einer dummen Frage). "Werden Sie wieder fliegen?" ist der andere.

    Ich habe wenig gefühlt. Kaum Gedanken wie "Oh, ich sterbe", schon gar kein Film des eigenen Lebens. Mehr ein "Oh Scheisse, jetzt bloss gut festhalten", als es anfing zu rütteln. Festhalten wie in der Achterbahn und warten, bis es vorbei ist. Was denkt man in der Achterbahn oder in sonstigen Rauf-Runter-Karussells? Ich auch nicht viel.

    Das besondere an diesem Absturz war ja, dass wir beim ersten Aufsetzen alle (die beiden anderen Überlebenden, mit denen ich Kontakt hatte, jedenfalls genauso) dachten, das sei nun die Landung, eine harte zwar, aber auf der Landebahn -- folglich gab es keinerlei Anlass, vorher in der Luft in Panik zu geraten. Und dann ging alles sehr schnell. Rumpel, rumpel, immer heftiger, Wellen laufen durch das Flugzeug, und dann schaute ich aus dem Fenster und sah die Tragfläche explodieren. In dem Moment dachte ich natürlich schon: "Feuer im Flugzeug, jetzt wird es ernst." Aber ich fand mich recht abgeklärt, und ich meine, ich hätte sogar, als es zum Stillstand kam, bewusst gedacht: "Jetzt bloss nicht in Panik geraten, das wäre ganz schlecht." Dass ich in Wirklichkeit gar nicht mehr so logisch denken konnte, wie ich dachte, habe ich in dem Facts-Artikel beschrieben: Nachdem ich zu meiner Überraschung nach dem Losschnallen quer durch die Kabine geflogen war (die Passagierkabine lag auf der Seite, wir hingen oben) und mir unten heftig den Kopf angestossen hatte, fand ich es sehr schlau und überlegt, zu Jacqueline hochzurufen: "Schnall Dich nicht los, sonst fällst Du auch." In Wirklichkeit mussten wir ja nur schnell raus, und zum Glück flog sie auch schon, während ich noch rief.

    Danach fehlen mir ein paar Momente, ich möchte gar nicht wissen wieso, und als nächstes erinnere ich mich an den Wald, und da denkt man auch nach wenigen Minuten schon wieder erschreckend profane Dinge: "Was war eigentlich alles in der Laptop-Tasche? Hatte ich den Palm dabei? Ja, hatte ich. Und wo ist der Backup? Auf dem Laptop. Sehr schlau." Sofort schämte ich mich etwas, dass ich mir solche Gedanken mache, aber Jacqueline sagte auch nur Sekunden später: "Ist jetzt das Video mit der Ministerin weg?" (wir hatten in Berlin eine Veranstaltung mit der Familienministerin Christine Bergmann gemacht). Der Alltag holt einen schon an dieser Stelle wieder ein, und so geht es weiter. Tiefschürfende und nicht zu beantwortende Fragen wie wie "Warum ich und nicht die anderen?" wechseln sich ab mit "Mist, ich hatte noch drei saubere und gebügelte Hemden im Koffer."

  3. #15
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    Genau so stell ich mir das Scheißsterben vor, genau so. Es gibt einen schönen Bericht von Hermann Buhl (einem Bergsteiger) darüber, wie er kopfüber eine Felswand hinunterstürzt und währenddessen nur einen Gedanken hat: "Wenn mir nur das Taschenmesser nicht aus dem Hosensack fällt!" Nachzulesen ist das in "Achttausend drüber und drunter", einem prima Buch, das ich leider vor zehn Jahren Manfred Paulowitz geliehen und nie zurückbekommen habe. Manfred, wenn du deinen Namen googelst und auf diesen Beitrag stößt: Gib es wieder her. Meine Adresse lässt sich bei der teleauskunft leicht herausfinden. Andernfalls verspreche ich, dereinst bei meinem Tode anstatt hehrer Überlegungen einzig diesen banalen Gedanken zu hegen: "Manfred, die Sau. Jetzt kann er das Buch auch behalten!"
    Geändert von Kathrin Passig (12.12.2001 um 04:12 Uhr)

  4. #16
    Avatar von Lenin
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    "Mist, ich hatte noch drei saubere und gebügelte Hemden im Koffer." wäre natürlich auch ein möglicher Titel Ihrer Geschichte gewesen.

    Gab es denn keine Verletzte zu bergen? Sie schreiben, dass sie das Weite gesucht haben, weg von dem brennenden Wrack, es "ist der einzige Orientierungspunkt, dorthin will man nicht zurück; sonst sieht man ringsum nur Wald. Nach wenigen Minuten Ratlosigkeit sehe ich links von uns ein Blaulicht." Verspürten sie keinen Widerstreit zwischen Angst und Wunsch zur Nothilfe in sich, überlegten sie nicht, zu schauen, ob sie anderen Verletzten helfen könnten?

    Ich war einmal in einer Situation, in der ein Mensch in seinem Auto verbrannte, ein zweiter wurde schwer verletzt. Ich frage mich heute - drei Jahre später - noch, ob ich, nachdem das Auto sich in einen Feuerball verwandelt hatte, den eingeklemmten Fahrer irgendwie (aber wie?) hätte retten können. Ich konnte ihn aus wenigen Metern Entfernung wimmern hören. Sehen konnte ich ihn nicht. Schlimm war es, in diesem Moment zur Untätigkeit verurteilt zu sein. Erst da merkte ich, dass ich weiche Knie hatte. Ich hatte noch nicht einmal mein eigenes Leben zu retten, sondern stand einfach nach der Bremsung meines gemieteten Umzugwagens als erster an der Unfallstelle. Da es eine Berliner Stadtautobahn war, standen dort nach ein paar Minuten Hunderte und alle telefonierten. Aber keiner hatte einen Feuerlöscher, wie eine Rufkette ergab. Immerhin konnten wir den herausgeschleuderten Fahrer weg vom brennenden Wrack schleifen. Der Beifahrer verbrannte vor unseren Ohren, zu sehen war er wegen des starken Feuers nicht. Ich trat auf eine Kassette und hob sie auf. Zu Hause hörte ich die Musik an, sie hörte sich türkisch an. Es war mein erster Tag in Berlin.

    (Bitte nicht als Vorwurf missverstehen.)
    Geändert von Lenin (12.12.2001 um 04:30 Uhr)

  5. #17
    Avatar von Lenin
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    Herr Hogenkamp? Sind Sie noch da?
    horcht dem Hall seiner Stimme hinterher.

  6. #18
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    bin noch da

    Bin noch da und nicht etwa abgezogen, weil ich die Frage als Vorwurf missverstanden hatte. Hatte nur vor Weihnachten viel um die Ohren, weil es die geschäftliche Absturzpause aufzuholen galt, und über und nach Weihnachten habe ich den Computer die meiste Zeit einfach ausgeschaltet gelassen (war sicher seit zehn Jahren nicht mehr so selten online), weil es mich vor den 200 unbeantworteten Mails grauste, die ich seit dem Absturz vor mir herschiebe. Und dann habe ich auch noch den neuen Laptop, und auf dem hatte ich mein privates Mailkonto noch gar nicht eingerichtet, so dass ich auch die Benachrichtigungen über neue Postings nicht bekam -- etc., auch egal. Jedenfalls bin ich noch da und jetzt auch wieder erreichbar.

    Zunächst zur Berliner Autobahngeschichte: An die habe ich über in den letzten Wochen nicht selten gedacht. Nach unserem Absturz waren wir bei einem Psychologen (oder erwähnte ich das schon? irgendwann habe ich es mal irgendwo erwähnt, und da schrieb jemand in einer Antwort was von "Ihr Psychologe", und das klang dann doch etwas komisch, denn ich fand, es sei nicht mein Psychologe, sondern der der Crossair, denn ich war ja nur einmal da), und mit dem haben wir unter anderem darüber gesprochen, dass wir es merkwürdig finden, dass unsere Umgebung viel mehr traumatisiert zu sein scheint als wir. Alle möglichen Leute haben Alpträume: Zeugen, die als erste an der Absturzstelle waren, unsere Verwandten, Freunde von mir -- wir dagegen (bisher) gar nicht. Der Psychologe meinte, das sei gar nicht ungewöhnlich, Zeugen seien oft stark traumatisiert, und die Gaffer an Unfallstellen (damit sind jetzt nicht Sie gemeint, Lenin) machten sich keinen Begriff, welcher Gefahr für ihre Psyche sie sich aussetzten. Das kam mir immer wieder in den Sinn, wenn ich an Ihren Bericht dachte. Vor allem das Wort "wimmern" war mir immer präsent. Ich habe überlegt, wie lange jemand wohl wimmert, wenn er verbrennt, denn damit ist natürlich der Link zu unserem Unfall wieder da: Wie lange hätten wir wohl gewimmert, wenn wir nicht rausgekommen wären. Ich weiss es nicht. Den Angehörigen haben wir erzählt, es war bestimmt alles eine Sache von Sekunden, aber das können wir nur sicher sagen für die Zeit vor dem Absturz (denn es gab keinerlei Vorwarnung, also konnte niemand in der Luft Angst haben). Aber was danach ist, können wir auch nur vermuten. Mit anderen Worten, ich glaube, ich kann nachvollziehen, warum Sie drei Jahre später diesen Unfall noch nicht vergessen können.

    Zur eigentlichen Frage: Gab es jemanden zu retten? Ich glaube nicht, aber selbst wenn, ich glaube nicht, dass ich es gemerkt hätte.

    Ich habe natürlich selbst darüber nachgedacht, und die Fakten sprechen für uns: Hinter uns haben alle überlebt -- und direkt vor uns war das Feuer. Also war hinter uns war vermutlich niemand mehr, weil sich alle schon selbst befreit hatten. Aber ich kann auch nur vermuten, denn genau in diesen Sekunden des Rauskletterns habe ich ja meinen "Filmriss", haben wir ihn komischerweise alle drei (die Überlebenden, mit denen ich bisher Kontakt hatte, mich eingeschlossen).

    Zwei Wochen nach dem Absturz erschien im Schweizer "Tagesanzeiger" ein Artikel "Immer wieder die Bilder der Flammen" , in dem die überlebenden Stewardess Sandra Bosshart ihre Erinnerungen beschreibt.

    [Leider kann man den Artikel wegen einer doofen Session-ID nicht verlinken. Ich hänge ihn als nächsten Beitrag an -- und es wäre für den Gedankengang sinnvoll, ihn jetzt zu lesen. Die "drei Passagiere", auf die sie "etwa 50 Meter vom Wrack entfernt stösst", sind übrigens Jacqueline, ich und kein Passagier, sondern ihre überlebende Kollegin.]

    Die Erinnerungen von Sandra sind für mich bemerkenswert -- wegen der Abweichungen. Das mit dem Rütteln und der Achterbahn habe ich noch genauso empfunden. Aber: Dann ist es plötzlich totenstill? Dann sackt die Maschine ab? Komisch, denn beim Rütteln waren wir ja schon in den Bäumen, und danach war es wahrscheinlich nie mehr totenstill, sondern das Feuer brach schon aus, als das Flugzeug sich noch bewegte, und dann schrieen vorn die Menschen. Aber am eindrücklichsten finde ich, dass für sie "die Hitze unerträglich wird". Ich habe überhaupt keine Hitze gespürt, Jacqueline auch nicht, obwohl auch sie sagt, die Feuerwand war direkt vor uns. Aber hier dürfte mich meine Erinnerung im Stich lassen, denn als ich noch brav zum Friseur ging, wie man das halt vor Weihnachten macht, sagte mir die Friseurin, meine Haarspitzen seien versengt. Diese beiläufige Bemerkung katapultierte mich auf dem Friseurstuhl mit einem Schlag nochmal in die heisse Realität, denn ich hätte geschworen, ich habe keine Hitze gespürt.

    Nochmal zum Retten und zur Frage:
    "Verspürten sie keinen Widerstreit zwischen Angst und Wunsch zur Nothilfe in sich, überlegten sie nicht, zu schauen, ob sie anderen Verletzten helfen könnten?"
    Ich glaube, und der Bericht von Sandra bestätigt mich darin, dass ich niemanden retten konnte, weil es eben vorn lichterloh brannte und ich auf dem Weg nach hinten raus an niemandem vorbei gekommen bin, dem ich hätte helfen können. Ich fürchte aber, dass ich, wenn es anders gewesen wäre, auch niemanden gerettet hätte, weil ich einfach nicht auf die Idee gekommen wäre, sondern wohl wie ein Roboter rausgetaumelt bin. Die vermutlich ungetrübte Erinnerung fängt bei mir, wie wohl auch bei Sandra Bosshart, erst in einiger Entfernung wieder an. Und da war das Flugzeug nur noch eine 5 bis 7 m hohe Feuerwand, und die Frage nach dem Retten stellte sich nicht mehr.
    Geändert von Peter Hogenkamp (03.01.2002 um 03:08 Uhr)

  7. #19
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    Immer wieder die Bilder der Flammen

    Flight Attendant Sandra Bosshart hat den Crossair-Absturz überlebt. Nun versucht sie, mit den schrecklichen Bildern fertig zu werden.

    Von Stefan Grob

    "Ich komme mir vor wie in einem Traum - einem schlechten Traum." Die 25-jährige Zürcherin Sandra Bosshart kann heute noch nicht begreifen, dass sie vor zwei Wochen mit einer Crossair-Maschine abgestürzt ist. "Sass ich wirklich in diesem Flugzeug?", fragt sie sich immer wieder.

    Als die junge Frau vor zweieinhalb Jahren eine Freelance-Stelle als Flight Attendant bei der Crossair antrat, ging ein Kindertraum in Erfüllung. Mehrere Hundert Flüge hat sie inzwischen hinter sich, alle verliefen reibungslos. Bis auf Crossair-Flug LX 3597. Er veränderte das Leben der Anglistik-Studentin nachhaltig.

    Wie auf der Achterbahn

    Am Samstag vor zwei Wochen sitzt die Flight Attendant angeschnallt und gegen die Flugrichtung auf ihrem Notsitz zuhinterst in der aus Berlin-Tegel kommenden Maschine. Die Landung in Kloten steht in wenigen Minuten bevor. Plötzlich beginnt es zu rütteln. Sandra Bosshart kommt sich vor "wie auf einer Achterbahn". Noch weiss sie nicht, was in den nächsten Sekunden passieren wird. Im Flugzeug ist es totenstill. Plötzlich sackt die Maschine ab, die Emergency-Lichter gehen an. Jetzt realisiert Sandra Bosshart: "Wir stürzen ab. Jetzt werden wir sterben." Sie klammert sich am Sitz fest, starrt nach oben an die Decke. Sekunden später zerschellt die Maschine am Boden.

    Das Loch im Heck

    Jetzt erhebt sich Sandra Bosshart von ihrem Sitz. Als sie sich umdreht, sieht sie drei Meter vor sich eine riesige Flammenwand. Die Hitze wird unerträglich. Weil sie zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht realisiert, dass die Passagierkabine vollkommen zerstört ist, versucht sie die Notausgangstüre zu öffnen, um die Passagiere zu evakuieren. Doch die Türe klemmt. Dann entdeckt sie neben sich ein Loch im Heck, stürzt durch dieses hinaus und steht im Wald. Erst jetzt wird ihr klar, dass sie überlebt hat. "Das war der schönste Moment meines Lebens", erzählt sie. Etwa 50 Meter vom Wrack entfernt stösst sie auf drei Passagiere. Alle starren fassungslos aufs brennende Flugzeug. Dann der Gedanke an die andern. Sandra Bosshart geht zurück und will retten. Doch da explodiert die Maschine mit 24 Passagieren darin. Die Flight Attendant muss sich zurückziehen. In der Dunkelheit kämpft sie sich mit anderen Überlebenden durch Gestrüpp, Dornen und einen Bach. Plötzlich entdeckt die Gruppe Scheinwerferlichter von Rettungsfahrzeugen.

    Zur gleichen Zeit sieht Sandras Mutter die Spätausgabe der "Tagesschau" und erfährt vom Crossair-Unglück. Sie weiss nur, dass ihre Tochter an diesem Tag im Dienst der Crossair steht. Schlimme Momente, die Mutter betet. Sekunden später schrillt das Telefon. Sandra ruft aufgeregt in ein Handy, das ihr ein Polizist gegeben hat: "Mami, Mami, wir sind bei Bassersdorf abgestürzt, aber ich lebe, ich lebe!"

    Beim Ambulanzposten wird Sandra Bosshart von den Sanitätern erstaunt gemustert. Unversehrt, bis auf zwei Kratzer am Fuss, steht sie in der Crossair-Uniform vor ihnen. Danach wird sie zur Kontrolle ins Triemlispital eingeliefert. Morgens um 3 Uhr wird sie von einem Angehörigen nach Hause gebracht.

    Sie schläft bis gegen Mittag durch. Danach sieht sie sich im Fernsehen die Berichterstattung über die Katastrophe an: "Unglaublich, wie konnte das nur passieren?", fragt sie sich immer wieder. Noch gleichentags meldet sich das Care-Team und bietet psychologische Hilfe an. Doch Sandra lehnt ab. Aber sie befolgt den Rat des Care-Teams, über das Erlebte zu sprechen. In den drei folgenden Tagen erzählt sie über 50 Freunden und Bekannten ihre Geschichte. "Das tat gut", sagt sie rückblickend.

    Vier Tage nach der Katastrophe reist sie in einen Vorort von Locarno zu ihrer Mutter. Dort überbringen ihr Crossair-Chef André Dosé und Geschäftsleitungsmitglied Björn Näf persönlich Blumen. Den Trauergottesdienst im Basler Münster verfolgt die Flight Attendant im Fernsehen. Für den Gang nach Basel fühlt sie sich zu schwach. Den Angehörigen der zwei verstorbenen Piloten und der ebenfalls ums Leben gekommenen Kollegin schreibt sie und drückt ihre Trauer aus. "Ich wollte das persönlich machen, statt in den Massen. Denn ich und meine Kollegen waren ein wirklich herzliches Team", sagt Sandra Bosshart. Ihre Gedanken sind aber auch bei den Angehörigen der anderen Verstorbenen. Auch mit den Überlebenden, darunter der zweiten, leicht verletzten Flight Attendant, steht sie in Kontakt. Vielleicht werden sie sich alle später wieder einmal begegnen.

    Mit den Bildern leben lernen

    Die Flight Attendant erholt sich weiterhin im Tessin, wo sie Abstand gewinnen will. Das macht sie mit viel Ruhe, Spaziergängen mit ihrem belgischen Schäfermischling Romy, intensiven Gesprächen mit ihrer Mutter, Angehörigen und Freunden. Immer wieder kommen Sandra die erlebten Bilder hoch. Bilder von der Flammenwand, Bilder, wie sie während des Absturzes hilflos im Flugzeug sass, wie sie aus den Trümmern stürzt und schliesslich von den Rettern gefunden wird. "Ich schaue mir diese Bilder im Geist bewusst an. Ich will sie dahingehend verarbeiten, dass sie mir nicht mehr weh tun. Ich will sie in mein Leben integrieren." Sandra Bosshart wurde der Anblick von brennenden Passagieren erspart. Ein Umstand, der ihr die Verarbeitung des Erlebten gewiss leichter machen wird.

    Immer wieder erkundigt sich das Care-Team bei ihr. Doch auf psychologische Hilfe will sie vorerst verzichten. "Ich brauche sie im Moment nicht", sagt sie. Alpträume hat sie seit dem Absturz keine. Hingegen träumt sie seit der Katastrophe vermehrt vom Fliegen hoch über den Wolken. "Es sind ganz schöne Träume, in denen überhaupt nichts Erschreckendes vorkommt."

    Auch Giftgas-Anschlag überlebt

    Für Sandra Bosshart ist bereits jetzt klar, dass sie wieder in ein Flugzeug steigen wird - vorerst privat. Sie will noch vieles auf der Welt entdecken. "Ich habe keine Angst." Ihren Job als Flight Attendant wieder aufzunehmen, schliesst sie nicht aus. Doch momentan konzentriert sie sich auf ihr Studium und bereitet sich auf die Diplomprüfung fürs höhere Lehramt vor.

    Nicht zum ersten Mal hat Sandra Bosshart ein neues Leben geschenkt erhalten. Als 15-Jährige überlebte sie einen Giftgas-Anschlag in einer Metro-Station in Toronto unverletzt. Schon mehrmals stürzte sie vom Pferd und verletzte sich schwer. Ihre Mutter sagt: "Sandra ist stark geworden durch das, was sie schon erlebt hat." Und ihre Tochter fügt an: "Für mich ist nichts mehr selbstverständlich. Ich geniesse das Leben intensiver. Ich bin dankbar, wenn ich jeden Morgen aufwache und leben darf."

    ----------------------------------------------

    [Und hier steht noch, dass das hier nicht erlaubt ist. Sollen sie ihr Zeug halt brauchbar zugänglich machen.]

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  8. #20
    Member Avatar von Pretextat Tach
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    Ich caradiere, weil Herr Hogenkamp mich ignoriert. Den letzten Beitrag in einem Strang darf man doch löschen, nicht wahr? Da hat ja noch keiner darauf Bezug genommen.

    Herr Hogenkamp muss unbedingt hierbleiben.
    Geändert von Pretextat Tach (03.01.2002 um 17:35 Uhr)
    Ich verzeihe mir.

  9. #21
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    Originally posted by Pretextat Tach
    Ich caradiere, weil Herr Hogenkamp mich ignoriert. Den letzten Beitrag in einem Strang darf man doch löschen, nicht wahr? Da hat ja noch keiner darauf Bezug genommen.
    Was heisst hier ignorieren? Um halb vier morgens darf man doch Beiträge lesen und nicht gleich antworten, nicht wahr?

    Ich hatte mir schon eine Antwort ausgedacht. Mein Unterbewusstsein hat den ganzen Tag mächtig daran gearbeitet und wäre jetzt bereit gewesen, den fertigen Text ans Tippzentrum zu übergeben. Wo soll es jetzt damit hin?

  10. #22
    Moderator Avatar von honz
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    Bittae sofort in ihren ureigensten Walter Kempowskistrang damit, auch dort warten einige ungeklärte Fragen die dringendst nicht ignoriert werden dürfen.

  11. #23
    Camembert Avatar von Edding Kaiser
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    Jahrestag.
    Für Inge.

  12. #24
    Avatar von klesk
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    danke fürs wuchten, tobler. hatte ich sowieso vor, denn ich musste ganz doll an hogenkamps geschichte denken, als ich am donnerstag auf dem flieger von palma de mallorca nach tegel drei reihen hinter dem da zu sitzen kam. die no angels waren allerdings nicht dabei, was mich etwas beruhigte.

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