Bei der Pressekonferenz anlässlich der Rolling Stones Tournee sitze ich direkt gegenüber von Mick Jagger. Die Stimmung ist ziemlich schlecht, denn noch immer gibt es viel Ärger um die Böhsen Onkelz, welche das Konzert in Hannover eröffnen sollen. Die Journalisten fragen, ob das alles Kalkül sei, weil der Kartenvorverkauf schlecht liefe. Nein, wiegelt Jagger ab, das sei Quatsch, er stehe zu der Band, man habe sie nach bestem Gewissen ausgewählt. Der Veranstalter fügt noch an, dass sich die Rolling Stones vertraglich verpflichtet hätten, eine nationale Gruppe in das Vorprogramm zu nehmen. Als einer der Fragenden sagt „Na ja, national sind die Onkelz ja“, wird die Pressekonferenz beinahe abgebrochen. Dann wird die Schlagzeile einer amerikanischen Zeitung mit „Naszis open for the Stones“ zitiert. Nun ist Jagger sichtbar wütend, presst seine riesengroßen Sauglippen (ich glaube, die sind sogar noch größer als die von Steven Tyler) zusammen und zischt, er werde jetzt überhaupt nichts mehr sagen.
Nach dem Pressetermin wird es aber erst richtig interessant. Jagger steht mit einem amerikanischen Journalisten in einer Ecke des Flurs und diskutiert hitzig über den Vorfall. „We asked the Jewish promoter, man, we asked the Jewish promoter, he told us not to worry about the “Ankels” at all”. Ich höre mit, dass das Management Marcel Avram in der Sache befragt hatte, dieser hatte aber keine Einwände gegen die Band, und befand die Böhsen Onkelz als absolut nette Jungs. Jagger scheint es zu wurmen, dass ausgerechnet der Jude Avram nichts von der rechtsorientierten Vergangenheit der Band erwähnt hatte. Immer wieder keift er die Sage vom „Jewish Promoter“. Mit der Ankündigung, dass „Köpfe rollen werden“ und verschiedene Veranstalter „nie wieder einen Deal abkriegten“, macht sich der Sänger aus dem Staub.
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