Letztes Jahr Ende Mai war ich an der C™te d'Azur und flog von Frankfurt nach Nizza und zurück. Beim Rückflug hatte ich mich entschieden, die letzten Sou bzw. Louisdor doch nicht für Mitbringsel für die Lieben daheim zu verplempern, sondern mir lieber noch ein dem dortigen Leben in Stil und Preis angepaßtes Heißgetränk zu mir zu nehmen. Der Flughafen von Nizza ist eher klein und die Bar in dem Bereich, in den man nur mit Flugticket kommt, stellt nur ein paar kleine Tischelchen zur Verfügung, die allerdings malerisch direkt am Ende der Halle mit Blick aufs Rollfeld stehen.
Auf der Suche einem Sitzplatz schwiff mein Blick herum und blieb an einem freien Tisch hängen, nicht ohne daß ich jedoch vorher mit den Augenwinkeln ein Persönchen erfaßt hatte, dem ich mich beim Trinken noch einmal zuwenden wollte. Ich setzte mich so, daß ich das tun konnte, ohne mir den Hals zu verrenken und entspannte mich. Nicht lange allerdings, denn dann sah ich wieder hinüber, wo die Dame in Begleitung eines Herrn saß und dachte: schau an, das ist doch Sabrina Setlur. So recht konnte ich das zunächst nicht glauben, da sie mir doch zu klein und dunkel vorkam und ich widersprüchlicherweise einerseits verwundert war, daß so gar keine Fans sie umlagerten, es mich andererseits stutzig machte, daß sie überhaupt da war, weil sie doch, so vermutete ich, in Südfrankreich kein Schwein kennte. Der Mensch an ihrer Seite hätte der zweite Mann von RHP sein können, der in dem wenigen, was ich von der Kombo gesehen hatte, immer etwas weniger großkotzig anmutete als Moses Pelham. Na ja, dachte ich, Frankfurt paßt ja, vielleicht hat sie Urlaub gemacht oder ist von einem reichen Deutschen zu seinem 55. Geburtstag zum Vorsingen in seine Finca oder wie das dort heißt oder auf seine Yacht eingeladen worden. Am Frankfurter Flughafen beim gemeinsamen Warten auf das Gepäck sprach sie dann auch noch jemand an, daß er sie so toll fände, da war dann klar, das sie es war. Später habe ich sie noch öfter in der Consors-Werbung am Flughafen auf ihren Koffer warten sehen.
In Nizza hingegen ging es unterdessen bzw. vorher weiter. Schräg hinter mich setzte sich eine mehrköpfige Gruppe, aus der eine Dame von, wie ich später feststellte, reifer aber nicht überreifer Jugend zu Sabrina Setlur mit 'Hallo' herübergrüßte und ich glaube, Frau Setlur grüßte auch zurück. Die höflichen Paparazzi waren mir noch kein Begriff und ich war baff, wie leichtfüßig hier Prominenz einbezogen wurde und wie volksnah und doch quasi nebenbei sie zurückgrüßte - weitere Anstalten etwa zur Ergatterung eines Autogramms o.ä. wurden nicht gemacht. Von den erwähnten Fluggästen schräg hinter mir drangen deutsche Gesprächsfetzen östlicher Färbung, und ich schwankte zwischen den Annahmen, es handle sich um eine Urlaubsgruppe, dazu waren sie aber falsch angezogen, oder sie seien vielleicht geschäftlich unterwegs, dazu taten sie aber zu freundschaftlich vertraut und auch der Dialekt wollte dazu auch nicht recht passen. Nach einer Weile verrenkte ich doch meinen Kopf oder drehte meinen Stuhl leicht, um die Sabrina Setlur gegrüßt habende Wortführerin der Gruppe noch einmal anzusehen, und siehe da, es war Katarina Witt mit einem kantigeren Gesicht, als ich es vermutet hatte. Auf meinem Weg zu den billigen Plätzen sah ich sie dann hinterher in der ersten Klasse sitzen.
Spannender als das Erspähen dieser beiden Prominentinnen, mit dem ich meine Bekanntschaft später noch recht ausgiebig behelligte, fand ich aber schon damals die Metaebene zweier einander offenbar zufällig begegnender öffentlich bekannter Personen quasi auf neutralem Gebiet. Gab es für so was eine Etikette, die über das normale Maß (Herr grüßt Dame, Rangniedriger grüßt Ranghöheren, Kommender grüßt Daseienden) hinaus ging? Vermutlich gingen beide davon aus, einander erkennen zu können, wenigstens KW muß sich recht sicher gewesen sein, erkannt zu werden, sonst wäre ihr Gruß zu SS nämlich doch so peinlich geworden, wie wenn ich einfach Hallo herübergerufen hätte. In gewisser Weise waren ja beide ihrer Kontexte beraubt, eine Sportveranstaltung wäre KWs Promi-Kiez gewesen, gleiches mit SS für ein musikalisches Treffen. Aber hier: wer zählte mehr? Auf der einen Seite Holiday-on-Ice-, Ronin- und Playboy-gestählt aber vielleicht doch eher schon den Zenith hinter sich habend Katarina Witt, auf der anderen Seite vielleicht noch eher aufstrebend und vermutlich unter der Jugend bekannter Sabrina Setlur. Vielleicht sollte man einfach ihre Umsatzzahlen vergleichen.
Später bekam ich dann mit, daß vorher die Laureus-Veranstaltung zur Ehrung von Sportlern in der Nähe gewesen war; was Frau Setlur dort zu schaffen hatte, blieb mir unklar, aber immerhin hatte sie offenbar dort auch Boris Becker näher kennengelernt.
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