Im Sommer 1994 wurde südlich von Dresden im Elbsandsteingebirge und in einem finstren Wald in der Freithaler Gegend ein bizarrer Film gedreht, er hiess 'The Passion of Darkly Noon'. Die gesamte Geschichte spielte auf einer Farm in Kentucky, aber weil das Land Sachsen Fördergelder in dem eigentlich europäischen Projekt drin hatte , musste auch in Sachsen gedreht werden. Deshalb wurde mitten in einem Wald bei Freithal auf einer Lichtung ein Set aufgebaut, die Fassade eines mid-western Homesteads mit Porch und Hängeschaukel, dazu eine Scheune mit einem kleinen Glockenturm.
Das Set war sehr tief im Wald gelegen, es war dunkel, und feucht, die Bauten und ein großer Teil der Produktionsfahrzeuge versanken immer mal wieder im Moor.
Mein Job war Requisiten, Kostüme und Mitarbeiter von Babelsberg in den Wald zu fahren.
In einer Szene wurden Kindersärge benötigt, einer der Figuren war ein erblindeter Tischler, der sich mit dem schreinern von Särgen über Wasser hielt, seine Frau, (Ashley Judd, damals noch unbekannt, sehr lieb, very hot, sehr sündig, immer im verschwitzen Mini) hält aber noch zu ihm, doch dann kommt ein Mann in den Wald geirrt, er hatte einen Unfall, davon eine Amnesie, die Frau verliebt sich in ihn, also richtiger Blödsinn, dazwischen immer wieder amnesiche Traumsequenzen. Dann gibt es noch die böse Mutter vom Tischler , die die geile Schwiegertochter hasst, die Mutter wiederum war Alkoholikerin und wohnte in einem Wohnwagen. Diese Rolle spielt Grace Zabriskie.
Grace Zabriskie ist einigen vielleicht als die hysterische Mutter in Twin Peaks oder in einer Nebenrolle als Mutter von Dennis Quaid in The Big Easy bekannt, sie ist abonniert auf Mütter, aber eigentlich ist sie eine very sexy, evil ca. 45-jährige Cajun Woman mit übersinnlichen Fähigkeiten, sie kommt ja auch aus Louisianna, hier sind zwei Fotos:
http://www.glennshadix.com/clockseries/clock12.html
http://www.davidlynch.de/Grace.html
Ihre Augen sind darauf aber nicht so wie sie in Wirklichkeit sind, sie sind gespenstisch, sie stehen auch leicht auseinander und schielen durch einen hindurch, hellblau unterlaufen, ins Weite schauend, direkt in deine Seele, sie ist very very spooky und ich bin überzeugt sie kann Voodoo, aber ich glaube sie würde einen niemals töten.
Als ich sie in Berlin am Flughafen abholte, hatte ich vorher noch drei weiß-lackierte Kindersärge als Requisite im Studio Babelsberg eingeladen, ich hatte sie ganz lose hinten in dem schwarzen Renault Espace mit den abgedunkelten Scheiben auf der Ladefläche übereinander gestapelt, was nicht ganz einfach war, denn die Deckel passten nicht richtig.
Ich wußte nicht wer Grace Zabriskie war, die ganze Produktion hat nicht mehr als 4 Millionen Mark gekostet, ich erwartete also keine bekannten Schauspieler, aber als sich die Schiebetür an der Gepäckausgabe am Gate öffnete, erkannte ich sie sofort, sie war unverkennbar ein Star, sie war präsent wie sie an den Absperrbändern entlang schritt, gute Beine, knackiger Hintern in engen Jeans, halbhohe Schuhe, kurzärmelige Bluse, tiefgebräunter Ausschnitt bei kleinem Busen, leicht rötliches Haar, und dann die Augen, diese unglaublichen spukige Augen.
Sie war ganz Southern Dame, direkt, verbindlich, unprätentiös, kess, mit diesem unvergleichlichen southern Drawl, ich kann ihn nicht nachmachen. Wer Tom Wolfes Fegefeuer der Eitelkeiten gelesen hat, kann es zumindest nachlesen, sie spricht wie Wolfe den Akzent der Mätresse Maria beschreibt.
Grace Zabriskie stieg neben mir auf den Beifahrersitz und los gings, nach Dresden. Die Autobahn dorthin ist bekanntermaßen schlecht, so dass meine Ladung verrutschte, die Sargdeckel klapperten in den Schlaglöchern, unser Gespräch war belanglos, über Börlin, und Äudoubahn , es ebbte meistens ab, sie schaute aus dem Fenster, bis wir in einen sehr heftigen Stau kurz vor Dresden Wilder Mann kamen. Es ging nichts mehr, absoluter Stillstand.
Die Autos bildeten die übliche Gasse in der Mitte, und als die ersten Krankenwagen mit Blaulicht von hinten durch die Gasse rollten, war klar, es hatte richtig geknallt.
Ich muss zugeben, mir war schon bewusst, welche Wirkung meine nächste Handlung auf die umstehenden Autofahrer haben musste, gegenüber Mrs. Zabriskie erwähnte ich nur, dass ich kurz aussteigen müsse, da mir die Ladung verrutscht sei.
Ich öffnete die Heckklappe meines schwarzen Kombis mit den abgedunkelten Scheiben, und stellte die drei weißen Kindersärge auf die Autobahn, fixierte die Sargdeckel neu, und stapelte die Leichentruhen wieder akkurat übereinander in den Espace, und dann grinste ich die leicht schockierte Fahrerin im Golf neben mir an und stellte mir vor, wie sie sich erst fühlen würde, wenn sie im anschließenden Stop-and-Go-Verkehr der Voodoo-Hexe Grace Zabriskie in meiner Big Black Mariah in die gespenstischen Augen blicken würden.
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