Pauli, ich verstehe deine seltsame Bemerkung nicht, was meinst Du? Denkst Du, Uwe wäre Geistlicher geworden? Völliger Quatsch! Oder ist mir ein versteckter Witz entgangen, habe ich eine Pointe übersehen oder sollte das eine sexuell angehauchte Anspielung sein, missionarisch = Missionarsstellung?
Und vielen Dank, Tschisi, für das warme Willkommen, wenn mich wieder der Schreibdrang überkommt, schreibe ich gern noch mehr. Z.B. wie ich während einer Thailandreise mal unversehens einen fetten Europäer mimen durfte. Ich befand mich dort im Urlaub, aber nicht daß mir hier jetzt jemand mit der Sex-Tourismus-Vorwurfs-Pistole ins Genick schießt, ich war dort, um mir das Land anzusehen, sonst nichts. Ich schwitzte natürlich ununterbrochen wie ein Schwein und ich fiel selbst in Bangkok, wo ja nun doch viele Touristen unterwegs sind, sehr auf mit einer Große von 1, 89 Meter und einem Gewicht von - naja, reden wir nicht darüber - wenn man mich mit Thais hätte aufwiegen wollen, hätte es schon einer ganzen überfüllten Busladung dieser schönen und anmutigen Menschen bedurft. Kurz, ich war das perfekte Bild des dicken, weißen, schwitzenden Mitteleuropäers.
Ich gewöhnte mich daran, von den Kindern mit offenem Mund unverholen angestarrt zu werden, einmal sah ich, wie ein kleines Mädchen mich erblickte, mit weit aufgerissenen Augen reflexartig die Hände vor den Mund schlug und am Hemd der Mutter zupfte und mit dem Finger auf mich zeigte. Die Mutter lächelte mich verlegen an, ich lächelte schief zurück. Ein anderes Mal wollte sich ein Grüppchen unbedingt mit mir fotografieren lassen, okay, auch das ließ ich geschehen. Aber arg erstaunt war ich dann schon, als mich eines Morgens die freundliche mittelalte Gastwirtin meines Hostels ansprach und fragte, ob ich Lust hätte 100 Dollar zu verdienen, indem ich als Statist bei einem James Bond Film aufträte, der demnächst für ein paar Szenen hier gefilmt würde. Ich traute meinen Ohren nicht, das Geld, gut und schön, aber daran haperte es bei mir nicht wirklich, aber ich in einem James Bond Film? Das wollt ich doch nun ein bißchen genauer wissen und meine Wirtin erklärte mir, es sei ganz üblich, daß immer wenn Filmszenen in Bankok gedreht würden, von den Produktionsfirmen Personenbeschreibungen gesuchter Statisten an die Hotels und Gasthäuser verteilt würden. Bei gelungener Vermittlung bekommt der Statist soundsoviel Dollar und die Mittelsperson auch etwas. Dann erzählte die Wirtin noch frank und frei, diesmal würde unter Anderem nach fetten Europäern gesucht und so einer sei ich ja! Ich sagte zu und sie gab mir eine Telefonnummer, bei der ich mich melden sollte. Dort, unter dieser Nummer erklärte mir eine andere Dame, die sogar etwas Deutsch konnte, es handele sich um "The Man With The Golden Gun" mit Roger Moore und Christopher Lee und für eine Straßenkarnevals-Szene bräuchte man noch Touristen, die eindeutig als solche zu erkennen seien. Ich sagte zu, obwohl die Szene erst in drei Wochen gedreht werden sollte und ich eigentlich eine Rundreise geplant hatte, ich wollte noch nach Burma und nach Chiang Mai, aber die Aussicht, in einem James Bond Film unsterblich zu werden machte mich schwach. Ich schmiß meine Pläne um und verbrachte die nächsten drei Wochen auf einer kleinen Insel, auf der es damals wirklich nichts gab als ein paar Hütten, die an Hippies vermietet wurden und einheimische Bauern.
Um zu Telefonieren musste man mit einem Fischerboot auf eine nebenan gelegene größere Insel fahren, auf der es eine Poststation mit Telefon gab.
Ein paar Tage vor dem genannten Drehtermin fuhr ich rüber, rief die Nummer nochmal an und kam nach ein paar Fehlschlägen auch durch. Noch immer recht ungläubig fragte ich, ob es bei dem vereinbarten Drehtermin bliebe, "Ja", sagte man, mein Name stünde auf der Liste, ich solle mich dann und dann da und da einfinden (die Szene spielte in einer Straße in Bangkok-Chinatown), alle Anweisungen bekäme ich dann vor Ort. Nun gab es auf der Insel und auch auf der anderen keinen Flughafen, die Reise zurück nach Bangkok ging zunächst per Fähre, dann ein Stück Shuttlebus zum nächsten Bahnhof und ab da mit der Eisenbahn. Insgesamt 2 1/2 anstrengende, verschwitzte Tage Tage und Nächte, fast ohne Schlaf und ganz ohne Dusche. Ich kam endlich nur ein paar Stunden vor dem Termin an, hatte grad noch Zeit, ein Gasthaus zu beziehen, im Duschraum endlich zu Duschen, dann stieg ich in ein Tuk-Tuk und ließ mich zum Set fahren! Natürlich hoffte ich, Roger Moore und Christopher Lee zu sehen, vielleicht gar mit beiden zusammen auf Celluloid gebannt zu werden, traurige Tatsache aber war, daß ich keinen von beiden auch nur aus der Ferne sah. Deshalb paßt es auch nicht ins Paparazzi-Forum.
Aber trotzdem erzähl ich es noch zuende: Ich meldete mich an der Absperrung, nannte meinen Namen und den Namen der Dame, die mich engagiert hat, ich wurde auf der Liste gefunden und eingelassen. Es war eine nächtliche Szene, so ein chinesischer Karnevalszug. Aber der eigentliche Dreh hatte noch nicht begonnen, es war noch nicht ganz dunkel, die Vorbereitungen liefen noch, ich wurde in ein Zelt geschickt und bekam kalte Getränke und leckere Snacks, ich durfte zwar ein bißchen rumlaufen, aber gern gesehen war es nicht. Immer wieder wurde ich von den Team-Mitgliedern freundlich aufgefordert, mich doch in einem der Zelte etwas auszuruhen. Nach 2 Stunden ungefähr kam aber Bewegung in die ganze Sache, wir Statisten durften endlich die Straße säumen, Scheinwerfer und Kamerawagen, Kameras oben, Kameras unten, Hektik, Gerenne, es war unglaublich aufregend! Wir waren angewiesen, uns an dem Karnevalszug zu erfreuen, Thais, Chinesen und fette europäische Touristen gemischt. Jubeln und winken sollten wir, und ich zumindest mußte das nicht mal spielen. Der Zug war prachtvoll, manchmal unterbrochen, aber eigentlich ging er gut durch. Die Versuchung in eine der Kameras zu gucken war groß, aber jeder der reinguckte würde später rausgeschnitten werden. Wieviel Arbeit so eine Szene für die Filmemacher bedeutet, hätt ich vorher so wirklich nicht gedacht.
Insgesamt war ich beinahe sieben Stunden am James Bond Set, meine exakt hundert Dollar bekam ich beim gehen chash. Wieviel Geld die allein für die Statisten dieser einen Szene ausgegebn haben - unglaublich! Und ich wußte ja genau, daß Roger Moore und Christopher Lee die ganze Zeit hier irgendwo sein mußten, ich sah sie nur nicht.
Als der Film dann in die Kinos kam habe ich ihn mir sieben oder acht mal hintereinander angesehen, denn ich bin in der Szene tatsächlich zu sehen! Zweimal ganz kurz, zwei Sekunden, aber ich bin drin! Sie haben mich nicht rausgeschnitten. Ich sehe fett und touristisch aus, aber ich bin in einem James Bond Film.
Lesezeichen