Es erscheint mir heute wie ein Erlebnis in parallelen Welten, wenn ich mich erinnere, wie ich früher mit meinen Eltern vor dem ausschließlich öffentlich-rechtlichen Fernsehprogramm saß und ein James-Last-Konzert anschaute.
Ja so war das: Ich auf dem Boden, mein Vater Wein schlürfend und Salzstangen knackend auf dem Sofa, die Mama im Ohrensessel, gerne mal einen kleinen Amaretto zischend. Und im Fernsehen zockte der Mob, genauer gesagt das James-Last-Orchester und eine unbestimmbare Horde geriartrischer Herrschaften durch einen beliebigen Saal irgendwo im Ruhrgebiet. Was mich bannte, waren die Soli des Trompeters mit der nach oben abgeknickten Trompete, ein Instrument, dass ich bis dato nie mehr gesehen habe. "Das sind Vollblutmusiker", sagte mein Vater an diesen Abenden immer voll der Bewunderung
Eine sympathische Geigerin lud kürzlich zum Geburtsagsumtrunk mit anderen Geigern, Cellisten und sonstigem Gefiedel. Ich also hin, obwohl ich keine Note lesen kann und nur ab und zu auf der Guitarre zu Lou-Reed-Sachen auf Platte mitschraddle.
Eine angetrunkene Geigen-Dame kam ins Erzählen. Von Fernsehshows mit Harald Schmidt (Verstehen Sie Spaß!!!) , wo ihr Helge Schneider in der Garderobe nachstieg, was erfolglos für ihn blieb und er danach ganz willkürlich eine andere (nicht ganz so gut aussehende Dame) des Orchesters gevögelt haben soll.
Weitaus ergiebiger waren ihre Ausführungen zu "Hansi", besser bekannt als James Last. Mit dem tourt die Dame seit mehr als einem Jahrzehnt. Das Orchester, sagte sie, sei für Hansi und die anderen Musiker so etwas wie ein rechtsfreier Raum. Ein Ort, wo man sich so ganz ohne Zeugen mal so richtig daneben benehmen kann.
Organisiert würde das Ganze von einem hervorragenden Management, dass einem, laut der Dame, das beste Koks der Welt aufs Zimmer liefert. Zu jeder Tag- und Nachtzeit. Es sei geradezu schwierig, eine gewöhnliche Zigarette von den Last-Jungs zu schnorren, da Joints unter ihnen viel gebräuchlicher sind.
Auf der Bühne stehe immer ein kleiner Arztkoffer mit einem roten Kreuz. Darin bester schottischer Single Malt, wie ihn Hansi liebt.
Und natürlich wird gefickt. Anders lässt sich das nicht beschreiben. In einer Bar auf dem Balkan, erzählte die Dame, da stürzte das Orchester während der Tour gewaltig ab. Man hatte vorsorglich die Räume gemietet. Die Geigerin hatte sich mit einem Herrn in eine Ecke verkrümelt. Dort beobachteten die beiden skurrile Szenen an der Bar. Ungelogen acht Musiker, fein aufgeteilt in Männlein und Weiblein, betrieben Gruppensex in akrobatischen Positionen. Hansi, so sagte die Dame, zog übrigens in Sexdingen immer das Hotelzimmer vor.
Heute seien die Jungs ob ihres fortgeschrittenen Alters etwas ruhiger geworden. Doch die Damen im Orchester würden immer noch nach eindeutigen Kriterien ausgesucht und Drogen gibt es in rauhen Mengen.
Ich versteh jetzt alles viel besser. Der Mob, die Ruhrpott-Halle, die Vollblutmusiker und die abgeknickte Trompete.
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