Einst, als ich noch jung und hoffungsfroh war,
berührte ich die heilige „Maria Magdalena“.
In ihrer annähernd menschlichen Gestalt suchte diese,
in meinen Augen seinerzeit leicht bulemisch aussehende Frau, die auf den Namen Sandra Cretu hörte, einen flüchtigen Körperkontakt zu mir.
Ich stand vor einer kleinen schäbigen Bühne einer Hamburger Großraumdiskothek (die inzwischen genauso im Arsch ist wie meine Hoffnung) und wartete auf das Fräulein Wangengrübchen, die es übrigens wie Modern Talking vollbrachte, mit annähernd ein und derselben Melodie unzählige Hits zu laden
Maria Magdalena – lalala - in the Heat of the Night – lalala - Innocent Love – lalala - Everlasting Love – lalala - Heaven can wait – lalala –
Was ich mit diesem kurzem Auszug ihres Schaffens sagen wollte, ist, diese Frau hatte ein mörderisches Talent – oder vielmehr ihr Mann hatte dieses Talent, da er ihr ja diese mörderrischen Songs schrieb und sie begleitend dazu nur noch als schön anzusehendes Sangespüppchen fungierte. Die Betonung liegt bei alledem übrigens auf mörderrisch; von Terrorakten sprach man in diesem Zusammenhang seinerzeit noch nicht.
Wow, ich fand sie wunderschön, als sie so leichtfüßig auf die viel zu kleine Bühne sprang. Ok, ich hatte zu diesem Zeitpunkt bereits ein paar Bier intus, aber sie war wirklich schön. Ich mag knabenhaft aussehende Frauen, sollte man vielleicht zum besseren Verständnis wissen. Lediglich ihre langen Haare störten mich. Wenn sie eine Glatze gehabt hätte, dann hätte ich mir sogar alle ihre Album gekauft.
Oft stelle ich mir ja prominente Frauen glatzköpfig und ohne Titten vor, aber warum ich dies tue, dies tut hier nichts zu Sache.
Um mich herum sangen alle „Maria Magdalena“ mit und nach jedem Lied rief die leicht zu beeinflussende Meute: „Sandra, Sandra….
Zunächst tat ich ihnen gleich, doch dann tat ich es:
Ich drängelte mich an die Bühne und schrie rhythmisch meinen Namen. Also anstatt „Sandra, Sandra“ brüllte ich lauthals „Arne, Arne“. Zunächst stimmten lediglich zwei sturzbesoffene Typen mit ein, doch bereits nach wenigen Augenblicken sangen mindestens ein Dutzend Leute meinen Namen. Und was tat die Grübchenbarbie Sandra? Sie kam auf mich zu und ergriff meine Hand.
Ich glaube, sie dachte in diesem Moment, das ich einer ihrer größten Fans war, weil von mir so viel Energie aufs Volk überschwappte und ich so frenetisch sang. Und ich glaube überdies, das sie nicht hörte, das ich anstatt Sandra meinen eigenen Namen rief, zumal, als sie schließlich meine Hand ergriff, ich zum Wendehals wurde und plötzlich wieder „Sandra“ rief.
Ja, ja ich weiß, was für ein feiger Windelpupser …
Eigentlich wollte ich mir danach nie wieder meine Hand waschen. Aber da ich auch in dieser Nacht keine Frau fand, die umsonst mit mir Nachhause gehen wollte, stellte ich mir Sandra, irgendwann in meinem Bette angekommen, ohne Brüste und Kopfhaare vor - und diese Vorstellung, die war so schön, das ich mir bald darauf meine Hände dreckig machte.
…sozusagen: „In the Heat of the Night”
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