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Thema: Nida-Rümelin, Julian und Nathalie Weidenfeld (Im Garten der Orangenprinzessin: Störende Gedanken)

  1. #1
    Hobel Avatar von Ignaz Wrobel
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    Gestern ging ich einen Berliner Innenhofgarten gießen und pflegen, in Vertretung eines Freundes. Ich mache das immer mal wieder und auch sehr gerne, denn das hat etwas Meditatives und unmittelbar Befriedigendes an sich. Der Hof liegt in der Gegend unterhalb des Savignyplatzes, wo Berlin am Münchnerischsten ist, wenn die Münchner höhere Häuser hätten. Also wunderschöne, originelle Jugendstilgebäude, edle kleine Boutiquen, Weinstuben und ähnlich Schickes. Der alte Berliner Westen halt. Vor dem betreffenden Haus parkt immer ein dunkelblaues Jaguarcabriolet, neben dem ein Schild steht: 'Wegen Umzug freihalten, Zapf Umzüge'. Es ist nicht auszuschließen, daß es Herrn Zapf gehört, dem Star der Berliner Umzugsunternehmerszene, der ebenfalls in dem Haus wohnt. Der eigentliche Auftraggeber meines Freundes ist ein reizender alter Arzt, der im Vorderhaus alleine eine 250 qm-Wohnung bewohnt. Es gibt auch noch einige alte Damen, die ähnlich große Wohnungen ihr eigen nennen, aber so zickig sind, daß sie keine Untermieter finden.
    Ich goß also den Garten, entfernte liebevoll die welken Blätter und ließ die halbwelken dran, damit man den ewigen Kreislauf des Werdens und Vergehens auch mitbekommt. Ein fröhlicher rundlicher Herr mit roten Hosenträgern, ich glaube, es war Herr Zapf, grüßte mich freundlich, eine ältere Dame schlich dagegen grußlos über den Hof. Beim Abschließen warf ich einen Blick auf das Klingelbrett des Gartenhauses (In dieser Gegend heißt das Hinterhaus nicht Hinterhaus, sondern Gartenhaus, auch wenn es dasselbe ist. Das Vorderhaus heißt aber hier trotzdem Vorderhaus und nicht Straßenhaus). Und ich sah ein neues Schild mit der Aufschrift: ³Nida-Rümelin/Weidenfeld'. Ich dachte: 'Aha, Prominenz!ã
    Zur Erklärung für Alpenanrainer: Julian Nida-Rümelin ist unser Kulturstaatsminister, Nathalie Weidenfeld ist seine Lebensgefährtin, die einen 'Frauenroman', ich glaube er heißt Die Orangenprinzessin, geschrieben hat (Oder wie nennt man eigentlich diese sanft humorvolle Literaturgattung, die Hera Lind populär gemacht hat, also mit einer frechen, extrem emanzipierten, aber gleichzeitig sehr feminin-erotischen Frau, die ausnahmslos auf strohdumme Männer trifft, bis ihr dann doch noch der Märchenprinz begegnet?). ER ist groß, jung, schwarzgelockt und gilt als intelligent, weil er von Beruf Philosoph ist. Er hat auf diesem Gebiet auch einiges veröffentlicht, ich hatte mal ein Buch in der Hand, das sämtliche Werke der Philosophiegeschichte jeweils auf einer halben Seite zusammenfasst, vermutlich sehr praktisch für Studenten. SIE ist so ein Society-Girl, blond, hübsch und langbeinig, weshalb sie auch abgebildet ist auf dem Cover ihres Buches. Also ein klassisches Traumpaar. Mich ärgert es immer ein bischen, wenn intelligente Männer dumme hübsche Frauen heiraten, wenn sie zu Macht und Geld kommen, das scheint ein Naturgesetz zu sein, wieso eigentlich? Sind wir wirklich so doof? Ist das Leben ein Frauenroman? Andererseits weiß ich ja gar nicht genug über die beiden, um über sie zu urteilen. Wahrscheinlich ist sie gar nicht dumm, sondern tut nur so, beziehungsweise ist sie es nach objektiven Maßstäben natürlich keinesfalls, denn sie kann sich offensichtlich selbst ernähren und außerdem noch einen intelligenten Mann glücklich machen. Und was ihn betrifft, so hat er bei mir als Minister bisher einfach noch keinen Eindruck hinterlassen, nicht positiv, aber auch nicht negativ.
    Ich dachte: 'Ok, hier wohnen die also. Soso. Nadann.'
    Dann verdrängte ich diese weltbewegende Entdeckung wieder und ging eine Pizza essen, bei 'Ali Baba' gleich um die Ecke. Ich setzte ich mich als einziger vor das Lokal an einen Tisch und aß eine Super-Pizza mit Artischocken und Ei. Mein Kopf war extrem leer, da ich mich ganz auf die Pizza konzentrierte (Mit leer meine ich so etwas wie das meditative Nichts im Kopf der Klischeemänner, wenn sie in Beziehungsratgebern von ihren Klischeefrauen gefragt werden: ³Was denkst Du gerade? Wie bitte? NICHTS? Man KANN aber nicht nichts denken!'). Ich dachte also nichts und fühlte mich recht wohl dabei. Etwa bei der Hälfte der Pizza hob ich den Kopf, blinzelte etwas in die Sonne, und erblickte ein Pärchen, das direkt auf mich zukam. Es waren Herr Nida-Rümelin und Frau Weidenfeld. Eng umschlungen schlenderten sie des Wegs im goldenen Herbstlicht, ein Klischee-Liebespaar par excellence. Beide schlank, hochgewachsen, er größer, sie kleiner. Er dunkel, sie blond. Er Hose, sie Rock. Übereinstimmung mit dem medial verbreiteten Bild: 100 %, total. Weder jünger noch älter noch größer noch kleiner als man es erwartet hätte. Eine makellose Frauenromanillustrationsvorlage gewissermaßen. Sie schauten mich, der ich gerade noch den Garten ihres Gartenhauses liebevoll von allem übermäßig Verwelkten und Verfaulten gereinigt hatte, kurz und natürlich nichtsahnend an, warfen einen flüchtigen Blick auf die Speisekarte und schlenderten weiter.
    Und ich dachte: 'Aha. So sehen die also aus. Da schau her! Wer hätte das gedacht. Nadann.'
    Und dann dachte ich leider noch ungefähr folgendes: ³Und jetzt? Soll ich mich jetzt etwa nach denen umdrehen? Wieso eigentlich, um Himmels willen? Muß ich mich jetzt dafür interessieren, was die anhatten? Gibt es eigentlich was Uncooleres als dieses Paparazzentum? Allein sowas für erzählenswert zu halten ist doch extrem unsouverän! Das suggeriert doch, daß die eigene Person durch die Gegenwart eines Menschen, der sich von anderen lediglich durch seine öffentliche Verfügbarkeit unterscheidet, irgendwie erhöht würde, was wiederum bedeutet, daß es mit dem eigenen Selbstbewußtsein nicht allzuweit her sein kann. Früher hätte ich doch sowas höchstens in einem Nebensatz mal so ganz nebenher fallengelassen! Hab ICH das eigentlich nötig?' Dieser Gedanke ließ mich nicht mehr los und während der zweiten Hälfte der Pizza wurde das angenehme Nichts in meinem Kopf durch unangenehmes und völlig überflüssiges Denken verdrängt.
    Zuhause dachte ich dann aber: 'Hey! Ich war mal der Hofgärtner des Kulturstaatsministers der Bundesrepublik Deutschland und seiner Orangenprinzessin, auch nicht schlecht! Muß ich gleich aufschreiben!'


    P.S.
    Dumpf schwant mir, daß die Bezeichnung 'Frauenroman' nicht ganz korrekt sein kann, vermutlich sogar auf eine Art diskriminierend gegenüber dem Ensemble von Vorstellungen, die man mit dem Wort 'Frau' verbindet. Mir fiel aber im Moment nichts treffenderes ein.




    (Beitrag wurde von Ignaz Wrobel am 04.11.2001 um 23:09 Uhr bearbeitet.)

  2. #2
    Member Avatar von julia mantel
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    ein architekt, der gartenarbeit ausführt, um dabei zu meditieren. soso.
    schöne geschichte, ignaz. ich habe von dem paar auch schon mal gehört.
    eher langweilig, halt so hochglanz-etabliert. mach weiter so.

  3. #3
    Avatar von lacoste
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    Ein Kollege von mir erzählte einmal:
    Er war auf der Suche nach einer blauen Blume! Er MUSSTE diese blaue Blume finden, denn, wenn er sie nicht fünde, würde er sterben müssen.
    Er hat sie gefunden!!!!

  4. #4
    Avatar von marie battisti
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    ein erdbeben, aber die säulen stehen noch

  5. #5
    Hobel Avatar von Ignaz Wrobel
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    Hallo Julia, nett, daß Du nicht rumschleimst! Ja, so siehts halt aus, man wird alt und hochglanz-etabliert.

  6. #6

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    Lieber Ignaz!
    Du hast also Kulturaußenstaatsminister Julian Nadann-Rümelin getroffen. Und seine FRAU (denn sie sind inzwischen amtlich vermählt). Das ist immerhin eine halbe Pizza mit Artischocken und Ei wert. Herr Rümelin hat sich soviel ich weiß übrigens damit hervorgetan, dass er das Lebensrecht eines Menschen daran bemisst ob dieser Selbstachtung besitzt. Wenn nicht könne er guten Gewissens in den Orkus abgegossen werden. Soviel zum Thema Philosophie. Ich hoffe du hast ihre dämlichen Pflanzen vertrocknen lassen, denn welche Artischocke schätzt sich selbst wohl als lebenswert ein...
    blabla cardiert wegen schlechter Laune




    (Beitrag wurde von Lilaxista am 05.11.2001 um 08:32 Uhr bearbeitet.)

  7. #7

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    Sehr schön, sehr schön. Aber wer war der Ofterdingen? Rümelin, Wrobel oder 'ein Kollege'?

  8. #8
    Avatar von Benzini
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    Herr Wrobel!
    Frau Mantel meinte doch das Paar und nicht Ihre Geschichte. Oder hat Benzini wieder alles falsch verstanden?
    Ein sehr angenehm introspektives Bild aus der Kleingartenmetropole.


  9. #9
    Embedded Senator Avatar von DerCaptain
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    Meine Makrele. Wenn Du sowas nochmal schreibst, muß ich Dich dann heiraten? Unglaublich.
    ------------------
    standard disclaimer: Ich finde das neue Forum gut und habe unseren Hausmeister lieb.

  10. #10
    Member Avatar von Das Grauen
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    Seit ich Benzini unter meine Fittiche genommen habe, dreht er hohl wie die aufgeklärte Vernunft. Ich hätte ihn doch erschießen sollen.

  11. #11

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    Liebes Grauen,
    bring hier doch mal ein bisschen Stimmung rein, mir ist der Strang zu Pizza-idyllisch!

  12. #12
    Avatar von James Dean Brown
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    Man sollte dem Grauen die Fittiche stutzen und in den letztlich vielbeschworenen Orkus stürzen. Los, gib' Benzini wieder her!

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