Rüdiger Nehberg geht natürlich eingentlich GAR nicht. Aber als ich 18 war, machte ich auf dem Rückweg von einer mehrwöchigen Radreise durch Skandinavien in Hamburg Station. Nehberg hielt Abends irgendwo einen Vortrag und auf dem Plakat war er auf einem Rad sitzend abgebildet und da dachte ich eben sowas wie ³Kannmanjamalanschauenã. Das tat ich dann auch. Nach dem Vortrag standen allerlei Wahnsinnige um Nehberg herum und quatschten ihn dicht. Einer redete von den Heilkräften, die Tetraeder haben sollen. Ich wollte Nehberg eigentlich nur sagen, daß mir der Vortrag gefallen hatte, bekam aber Angst, auch für einen Bekloppten gehalten zu werden unter all den Bekloppten und dachte sowas wie ³Kannichjaauchgehenã. Also trank ich im Foyer noch etwas und ging dann zu meinem Rad. Als ich es aufschloß, sagte jemand hinter mir ³Wo kommst Du denn her? Oder willst Du wohin?ã Ich dachte ³Kannjanichtseinã, aber es war Nehberg. Ihn interessierte mein Rad, weil es mit Packtaschen behängt war und nach großer Fahrt aussah. Wir kamen ins Gespräch und dieses endete mit einer Einladung zum Frühstück am nächsten Morgen in seinem Haus ³und dann kannst Du mir von Lappland erzählenã, sagte Nehberg, der wirklich SEHR freundlich war. ³Kannichjamalmachenã, dachte ich.
Vor dem Haus stand ein Lieferwagen der Konditorei Nehberg. Sie warb damals mit dem Slogan ES GIBT SCHLECHTERE, was ich immer noch komisch finde.
Das Frühstück bestand aus Kaffee und Croissants, um hier direkt mal den üblichen Nehberg-Pointen vorzubeugen. Das Haus war eigentlich ganz angenehm eingerichtet (helles Holz, viel Glas, Steinfußboden), wenn nicht überall so gräßlicher Afrikakrempel der übelsten Sorte rumgestanden hätte. Im Bücherbord meterweise Langenscheidt-Lexika.
Wir unterhielten uns prächtig und abgesehen von einem kleinen Moment wird diese Geschichte komplett pointenlos zu Ende gehen.
Nehberg erzählte gerade, daß er im Winter manchmal den Schlafsack nähme und auf seinem zugefrorenen Gartenteich schliefe (³Deristdochnichtganzdichtã, dachte ich), wobei er einmal eingebrochen sei mitten in der Nacht. Plötzlich sprang er auf, rannte zur Terrassentür und rief ³Da sind sie wieder!ã Gemeint waren zwei Elstern, die auf seinem Rasen gelandet waren. ³Die vertreiben mir meine Singvögel!ã Er ging aus dem Zimmer und als er wiederkam, hatte er etwas in der Hand, das wie ein zu klein geratenes Didgeridoo (oder wie der Quatsch heißt) aussah. Er drehte seinen Stuhl zum Fenster (die Elstern waren wieder weg) und setzte sich mit Blick auf den Garten. '³WasistdenndasfüreinGerätã, dachte ich und fragte ³Was ist denn das für ein Gerät?ã ³Blasrohrã, sagte Nehberg, ³die kommen wieder, das tun sie immer.ã
Nehberg hält heute immer noch Vorträge. Was aus den Elstern wurde, entzieht sich meiner Kenntnis.
(Beitrag wurde von Enn Enn am 09.10.2001 um 15:25 Uhr bearbeitet.)
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