Gestern noch fuhr ich mit dem Zug zweimal an Velbert vorbei (auf dem Weg in ein Programmkino in Essen, wo es '2001' gab, und zurück). Hat es nicht doch einen Bahnhof? Velbert-Neviges? Vermutlich eingemeindet/erobert, um auch an einer der größten Menschheitserfindungen, der Bahn, teilhaben zu können. Steht nicht mitten in Neviges diese Betongemeinheit, ein Zackending von Kirche, oder ist die in Langenberg?
Zur Anfahrt nach Solingen, liebe bAbC, empfehle ich den ÖPNV. Abfahrt Regionalbahn 49 in Neviges immer um .38. Beim Umstieg in Wuppertal-Vohwinkel wählen Sie dann ein meines Wissens sehr seltenes Verkehrsmittel - nein, nicht die Schwebebahn, sondern einen Bus (683) mit Oberleitung. Allergrößtenteils solche nämlich fahren in Solingen herum, und eine Linie ist durchgeführt bis eben nach Wuppertal-Wohwinkel.
Eine - länger dauernde - Variante wäre, bist Wuppertal-Hauptbahnhof durchzufahren und dort in die Regionalbahn 47 zu wechseln, welche über interessante Orte wie Remscheid-Lüttringhausen und auch die höchste Eisenbahnbrücke Deutschlands, die Müngstener Brücke, führt. Und dann am Solinger Bahnhof, einem der verfallensten, den ich je sah, ankommt. Wenn man vom Bahnhof nicht nach rechts ins Zentrum, sondern nach links, der Straße lang geht - zu empfehlen für diese Unternehmung ist ein Tag mit sonnigtrockenem, staubigem Wetter -, dann bekommt man ein nicht zu beschreibendes, intensiv körperliches Gefühl von Öde.
Einzig interessant an Solingen: Es gibt dort eine Straße - kein Sträßchen, sondern eine richtige Hauptstraße - namens Werwolf. Daß dieser Name weniger mit der Vorliebe der Solinger für Horrorgeschichten als mit irgendwelchem Nazidreck zusammenhängt, vermutete ich schon länger, die obige Erwähnung Adolf Eichmanns scheint es zu bestätigen (Solinger, widersprechen Sie!).
Der amerikanische Musiker Michael R. Gira (Swans, Angels of Light, Bodylovers/Bodyhaters) hat als Teenager ein paar Jahre in Solingen verbracht, und vielleicht stammen daher seine Gewalt- und Messer-Obsessionen.
Solingen besteht aus mehreren, anscheinend unzusammenhängenden (Erdspalten dazwischen? Reißende Flüsse? Schnellstraßen?) Teilen: Zentrum (in dem es wiederum eine Bushaltestelle namens 'Zentral' gibt samt einem Lokal namens 'Am Central'; übrigens keinesfalls zentral gelegen), Ohligs, Burg, Gräfrath und werweiß was noch.
Einmal, als junger Mensch habe ich in Solingen-Zentrum eine ******** *******, und wußte, weil es schon nach 24 Uhr an jenem Samstagabend war, nicht mehr nach Hause zu kommen. Der Versuch, nach Solingen-Ohligs, das an der auch später nachts noch befahrenen Bahnstrecke Köln - Hagen liegt, zu gelangen, scheiterte: Ein Taxifahrer, dessen Dienste ich aus Geldmangel nicht inanspruchnehmen wollte, erklärte mir fast schon lachend den Weg, der dann, eine Dreiviertelstunde später, vor einer der erwähnten Schnellstraßen (oder Erdspalten) endete (daher die unerhörte Freude des Taxifahrers). Ich kehrte um und verbrachte die Nacht in der Fußgängerzone, sitzend auf einer Bank oder herumlaufend, gelegentlich auch, befürchte ich, singend (vollkommen nüchtern, wie ich leider gestehen muß). Gegen 4.45 Uhr entdeckte ich zwischen zwei Geschäften, an denen ich mehrfach vorbeigelaufen war, den Eingang zu einem Nachtcafé, das um 5 Uhr schloß.
In Solingen-Burg wiederum gibt es 'das' Beverly, 'Deutschlands größte Swinger-Disco' (so oder ähnlich die Werbung), wo man für 300 Mark (als Einzelherr) mit ' garantiert mindestens 10 - 15 privaten Damen' (Werbung again) mehr oder weniger öffentlich Dinge tun kann.
Jetzt habe ich alles aus meinem Gedächtnis gewrungen, was über Solingen darin war (außer, daß eine Tochter des verstorbenen Cousins meiner Mutter vor ein paar Jahren, noch zu Lebzeiten des Vaters, dort die 'Miß Zöppkes'-Wahl gewohnnen hat, aber darüber weiß ich sonst gar nichts, es geht wohl um Zöpfe). Und bin damit - hoffentlich - dem von Herrn Rubinowitz anderswo geäußtern Wunsch nach Vermeidung von Nebuloismen nachgekommen. Obschon man auf Solingen durchaus größere Nebel ruhen lassen könnte, ja, sollte...
... ebenso wie auf Wuppertal, dem Ort meines Exils. Am Bauzaun eines im Herbst eröffnenden Einkaufszentrumsverbrechens findet sich das Schild: 'Damit Wuppertal noch schöner wird' - es könnte genau so gut: 'Damit Elvis noch lebendiger wird' lauten.
Schön zu lesen aber, daß hier doch nicht alle außer mir in den Metropolen wohnen, sondern manche sogar gleich um die Ecke.
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