Seite 7 von 10 ErsteErste ... 56789 ... LetzteLetzte
Ergebnis 73 bis 84 von 115

Thema: Schottlaender, Rudolfs Frau

  1. #73
    Moderator Avatar von honz
    Registriert seit
    04. 2001
    Beiträge
    4.246
    Liebe Neuankömmlinge,
    das ist ein Klassiker. Wollt ich nur mal so gesagt haben. Das ist es worum es hier geht.
    Auf das der Strang wieder den Weg der Schneeflocken gehen möge.

  2. #74
    earning disabled Avatar von Ebbesand Flutwasser
    Registriert seit
    03. 2001
    Ort
    Dormanz
    Beiträge
    2.663
    Dies ist der Strang, der mich hierher lockte! Ach...
    Passenderweise singt Frau Cactus gerade in meine Ohren Les Gros Nichons.
    ------------------
    Hr. Flutwasser ist ein lieber Spatz.
    Yvonne Caldenberg

  3. #75
    Moderator Avatar von Ruebenkraut
    Registriert seit
    03. 2001
    Beiträge
    4.975
    Auch ich bin hiermit angefixt worden. Ach.

  4. #76
    earning disabled Avatar von Ebbesand Flutwasser
    Registriert seit
    03. 2001
    Ort
    Dormanz
    Beiträge
    2.663
    Pscht, Ruebenkraut, sonst kommt uns noch einer drauf, das wir ein- und derselbe sind (beide am 27.3. in dieses Forum gekommen, das kann doch kein Zufall sein)!
    ------------------
    Hr. Flutwasser ist ein lieber Spatz.
    Yvonne Caldenberg

  5. #77
    Moderator Avatar von Ruebenkraut
    Registriert seit
    03. 2001
    Beiträge
    4.975
    Ich bin jedenfalls kein lieber Spatz, teile aber mit dir die Schnabelnase.

  6. #78
    Kosmonaut Member Avatar von Yvonne Caldenberg
    Registriert seit
    05. 2001
    Ort
    Berlin
    Beiträge
    1.306
    und da sowieso schon zuviel Quark von Fr. La. hochgeleiert wurde, dieses verdientermaßen nach oben. - Ehre, wem Ehre gebührt.

  7. #79
    Moderator Avatar von honz
    Registriert seit
    04. 2001
    Beiträge
    4.246
    .

  8. #80
    Member
    Registriert seit
    07. 2001
    Ort
    Berlin
    Beiträge
    23
    Bin traurig. War noch nie in der Schweiz. Dampf dringt aus der Tastatur, auf die Tränen fallen.

  9. #81

    Registriert seit
    05. 2001
    Ort
    Berlin
    Beiträge
    5.887
    Ich bin Proust zuerst in Den Haag begegnet, vor 12 oder 13 Jahren. Das heißt, natürlich nicht Proust. Aber Wolfgang Müller ist Proust ja auch nicht begegnet. Ich war in Den Haag, um mir die beiden Vermeers anzuschauen. Sie hängen im Mauritshuis, 'Das Mädchen mit dem Perlenohrgehänge' und die 'Stadtansicht von Delft'. Das Mauritshuis ist das schönste Museum der Welt, es ist klein und alt, quadratisch und fast menschenleer. Die Vermeers warfen mich um. Es gibt nur wenige Bilder, von denen ich das sagen kann, und ich weiß nicht einmal, ob das heute noch ganz genauso wäre. Aber ich bin damals auf der Suche nach Vermeer durch halb Europa gereist, und je mehr Bilder man sieht, desto weniger berühren sie einen wie am Anfang. Mittlerweile setze ich keinen Fuß mehr in Gemäldegalerien. Ich würde hier auch einen Link zur 'Stadtansicht von Delft' reinstellen, wenn das Bild reproduzierbar wäre. Ist es aber nicht.

    Nachdem ich lange vor dem Bild gesessen hatte, sprach mich ein Amerikaner an. Er wollte über Vermeer reden, und er störte, wie Leute im Museum immer stören. Selbst wenn man in einer Gemäldegalerie ganz allein ist, kommt immer noch jemand vom Personal angeschissen. In der National Gallery in London, die auch zwei mittelklassige Vermeers beherbergt, hat mich ein Aufseher einmal rausgeschmissen, weil ich eine Stunde lang vor der 'Virginalspielerin' stand und schließlich zu weinen anfing.

    Ich machte ein wenig Konversation mit dem Amerikaner und verschwand dann in die Caféteria des Mauritshuis. Nach kurzer Zeit tauchte der Amerikaner wieder auf und setzte sich an meinen Tisch. Er war eigentlich gar nicht unsympathisch, aber er hatte etwas Dringendes an sich. Er fragte, ob ich Proust gelesen hätte und erzählte, daß in dessen 'Recherche' die 'Stadtansicht von Delft' vorkomme und daß da diese Mauer "with a little piece of yellow" gemalt sei und ob ich wohl dieses little piece of yellow bemerkt hätte. Als ich dem Amerikaner mitteilte, daß ich bei einem "girlfriend" in Amsterdam wohne, verlor er das Interesse an mir und verschwand.

    Ein paar Wochen später sah ich Proust in der Buchhandlung liegen und kaufte ihn wegen des little piece of yellow. Die Geschichte kommt nach ca. 3000 Seiten und geht so: "[Der Schriftsteller Bergotte] starb unter folgenden Umständen: Ein verhältnismäßig leichter Anfall von Urämie war die Ursache, daß ihm Ruhe verordnet worden war. Aber ein Kritiker hatte geschrieben, daß Vermeers 'Ansicht von Delft' (die das Museum im Haag für eine Ausstellung holländischer Kunst leihweise zur Verfügung gestellt hatte), ein Bild, das er liebte und sehr gut zu kennen meinte, eine kleine gelbe Mauerecke (an die er sich nicht erinnerte) enthalte, die so gut gemalt sei, daß sie allein für sich betrachtet einem kostbaren chinesischen Kunstwerk gleichkomme, von einer Schönheit, die sich selbst genüge; Bergotte aß daraufhin nur ein paar Kartoffeln, verließ das Haus und trat in den Ausstellungssaal. Schon auf den ersten Stufen, die er zu ersteigen hatte, wurde er von Schwindel erfaßt. Er ging an mehreren Bildern vorbei und hatte einen Eindruck von Kälte und Zwecklosigkeit angesichts einer Kunst, die nur künstlich war und nicht gegen das Fluten von Luft und Sonne in einem venezianischen Palast oder einem einfachen Haus am Meeresufer aufkommen konnte. Endlich stand er vor dem Vermeer, den er strahlender in Erinnerung hatte, noch verschiedener von allem, was er sonst kannte, auf dem er aber dank dem Artikel des Kritikers zum ersten Mal kleine blaugekleidete Figürchen erkannte, ferner feststellte, daß der Sand rosig gefärbt war, und endlich auch die kostbare Materie des ganz kleinen gelben Mauerstücks entdeckte. Das Schwindelgefühl nahm zu; er heftete seine Blicke - wie ein Kind auf einen gelben Schmetterling, den es gern festhalten möchte - auf die kostbare kleine Mauerecke. 'So hätte ich schreiben sollen, sagte er sich. Meine letzten Bücher sind zu trocken, ich hätte mehr Farbe daran wenden, meine Sprache in sich selbst so kostbar machen sollen, wie diese kleine gelbe Mauerecke es ist.' Indessen entging ihm die Schwere seiner Benommenheit nicht. In einer himmlischen Waage sah er auf der einen Seite sein eigenes Leben, während die andere Schale die kleine so trefflich gemalte Mauerecke enthielt. Er spürte, daß er unvorsichtigerweise das erste für die zweite hingegeben hatte. 'Ich möchte dabei doch nicht, sagte er sich, für die Abendzeitungen die Sensation dieser Ausstellung sein.'
    Er sprach mehrmals vor sich hin: 'Kleine gelbe Mauerecke unter einem Dachvorsprung, kleine gelbe Mauerecke.' Im gleichen Augenblick sank er auf ein Rundsofa nieder; ebenso rasch dachte er schon nicht mehr, daß sein Leben auf dem Spiele stehe, sondern in wiederkehrendem Optimismus beruhigte er sich: 'Es ist eine einfache kleine Verdauungsstörung, die Kartoffeln waren nicht ganz gar, es ist weiter nichts.' Ein neuer Schlag streckte ihn zu Boden, wo die hinzueilenden Besucher und Aufseher ihn umstanden. Er war tot." (Übersetzung: Eva Rechel-Mertens)

    Die Romanfigur gleicht in vielem Anatole France, aber auch dem Autor selbst. 1921 besucht Proust eine Ausstellung holländischer Meister im Musée du Jeu de Paume, erleidet vor den Bildern einen Schwächeanfall und stirbt bald darauf. Ich hatte Jahre später noch einmal die Gelegenheit, die 'Stadtansicht von Delft' zu sehen, bei der großen Vermeer-Retrospektive in Den Haag, der schrecklichsten, überfülltesten Ausstellung aller Zeiten. Die kleine gelbe Mauerecke konnte ich auch da nirgends entdecken.
    Geändert von Stimmen (29.08.2006 um 22:32 Uhr)

  10. #82
    Comandantina
    Registriert seit
    12. 2000
    Beiträge
    1.672
    Lieber Professor Herrndorf, vielleicht kann ich Ihnen ikonographisch behilflich sein. (img)http://www.geocities.com/apolonia_dhaulag/YellowPatchDelft.jpg(/img)
    Das Bild zeigt Vermeer's Stadtansicht von Delft mit einem Hinweis auf die kleine gelbe Fläche.
    PAUL SOLMAN: (...) We do know some things about how he worked. For example, he seems to have used a camera obscura 200 years before film was invented to see projected images, which then inspired him to blur details in the foreground, as old-fashioned box cameras did. These lion-chair finials are often pointed to as an example. And then there's what he does with the painted self. In the famed 'View of Delft,' for instance, you can actually see how he manipulated his pigments.
    ARTHUR WHEELOCK: There's even sand. I mean, he has over there in the red roofs on the left, I mean, you feel the various textures all the way across, the ones in shadow, the ones in light, the tower of the Nieuwe Kerk, which is really three-dimensional, and here's this little spot of yellow that Proust writes about. (...)
    Zur Yellowpatchlokalisierungsdebatte noch ein Clip aus meinem Archiv:
    (...)The venerable Smithsonian, in November of 1995, in the article 'Time stands still in the harmonious world of Vermeer' by Helen Dudar, printed this: 'Among those who have celebrated View of Delft was, famously, Marcel Proust, who first encountered it in the Mauritshuis in 1902 and knew he 'had seen the most beautiful picture in the world.' He loved the painting and was transfixed by one small segment of it. On the right side of the scene, just to the left of a pair of towers, sunlight floods a fragment of a building: the 'little patch of yellow wall' known even to those Proust addicts who don't know the painting...'(...)


  11. #83
    Moderatorin
    Registriert seit
    03. 2001
    Beiträge
    998
    Ich halte das für eine fälschliche Zuordnung des kleinen gelben Mauerstücks.
    1. Dieses Mauerstück kann man wohl kaum 'endlich auch' entdecken; es ist unübersehbar.
    2. Dieses Mauerstück ist keineswegs 'ganz klein'.
    3. Es handelt sich nicht um eine Mauerecke (wobei das der Übersetzung geschuldet sein könnte - kann das mal ein Französischkundiger überprüfen?
    4. Diese Mauerecke, die keine ist, liegt auch nicht 'unter einem Dachvorsprung'.
    Leider sind die Abbildungen, die http://images.google.com/images?q=vermeer+delft zutagefördert, nicht groß genug, um darauf einen besseren Kandidaten ausfindig zu machen ...
    Hier gibts noch einen Text, der eher auf die Unauffindbarkeit des Mauerstücks hindeutet: http://www.mulino.it/html/foreign_ri...ling/renzi.htm .
    Vermutlich alles dichterische Freiheit, so wie Herrndorfs 'und stirbt bald darauf' (zwischen Museumsbesuch und Tod liegen immerhin anderthalb Jahre).
    (Beitrag wurde von Kathrin Passig am 30.09.2001 um 21:53 Uhr bearbeitet.)

  12. #84
    Comandantina
    Registriert seit
    12. 2000
    Beiträge
    1.672
    (img)http://www.mystudios.com/vermeer/13/vermeer-delft-boats-right.jpg(/img)
    Auf obigem Ausschnitt des betreffenden Gemäldes ist das Haus mit dem gelben (Stroh-)Dach zu sehen. Es hat eine deutlich sichtbare 'Mauer'-Ecke. (Der Dachvorsprung ist der Vorsprung, den das Strohdach gegenüber der Hauswand darstellt.) 'Kleine gelbe Mauerecke unter einem Dachvorsprung, kleine gelbe Mauerecke'. In Delft wird mit Ziegel und mit Sandstein gebaut, letzter hat in Sonnenlicht gelbe Farbe. So wie der Turm der Neuen Kirche.
    @1. Dieses Mauerstück kann man wohl kaum 'endlich auch' entdecken; es ist unübersehbar.
    Herrndorf hat es nicht entdeckt.
    @2. Dieses Mauerstück ist keineswegs 'ganz klein'.
    Ist es wohl. Das Originalgemälde hat die Masse 47 x 39 Zoll (etwa 118,5 x 98,5 cm) Das Strohdach hat eine Grösse von etwa 5,0 x 4,5 cm, von der Mauer darunter sind gerade mal 1,5 cm sichtbar. Das ist 'ganz klein'. Noch kleiner wäre 'winzig'.
    @3. Es handelt sich nicht um eine Mauerecke (wobei das der Übersetzung geschuldet sein könnte - kann das mal ein Französischkundiger überprüfen?
    Nahezu alle Kamine in Delft wurden aus Sicherheitsgründen an Aussenmauern gebaut. Ganz wie auf dem Bild zu sehen. Parallel zur Abbildungsebene verläuft die Frontseite des Hauses. Der Kamin ist an die Giebelwand gebaut. Diese beiden Wände bilden die 'Mauerecke'.
    4. Diese Mauerecke, die keine ist, liegt auch nicht 'unter einem Dachvorsprung'.
    Liegt sie doch. ?'Kleine gelbe Mauerecke unter einem Dachvorsprung, kleine gelbe Mauerecke.'


    (Beitrag wurde von Andrea Maria am 30.09.2001 um 22:16 Uhr bearbeitet.)

Aktive Benutzer

Aktive Benutzer

Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)

Stichworte

Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •