Ich glaube, es war im Sommer 1997, als ich mit bloßem Auge die russische Raumstation Mir über den Himmel ziehen sah. Ich weiß nicht mehr genau, was damals schon wieder los war, aber ich glaube, sie war bemannt und irgendwo reperaturbedürftig. Sonnensegel? Keine Ahnung. Auf jeden Fall wurde ihr ein amerikanisches Space-Shuttle hinterher geschickt, um irgendwas an Bord zu bringen, Ersatzteile oder Vorräte, ich weiß es nicht mehr genau. Ich lag in dieser Nacht mit meinem Freund am Aa-See auf der Wiese, der See duftete, das Gras auch, und wir kuckten romantisch in den sternklaren Himmel. Plötzlich rief mein Freund aufgeregt: ³Guck mal! Was ist das denn?ã Ich brauchte nicht lange zu suchen, um zu finden, was er meinte. Da waren zwei Lichtpunkte, die in einem Abstand, der von unten, wo wir lagen, wie ungefähr zwanzig Zentimeter aussah, aber da oben, wo die Punkte flogen sicher etliche tausend Kilometer betrug, hintereinander von rechts nach links über den Himmel flogen. Der erste Punkt war etwas größer und sehr gut sichtbar, der Hinterherfliegende etwas kleiner, aber auch noch erkennbar. Beide waren größer als Sateliten, die man manchmal beobachten kann, aber eindeutig auch viel weiter entfernt, als Flugzeuge oder Hubschrauber. Die Punkte flogen ganz klar im Weltall. Wir mussten nicht lange rätseln, denn tags zuvor meldeten Zeitungen, dass man mit etwas Glück, zur rechten Zeit am rechten Ort und klarer Sicht, die irgendwie überall beliebte Raumstation Mir samt verfolgendem Shuttle am Himmel mit bloßem Auge würde sehen können. Aber wir hatten uns dort auf der Wiese nicht auf die Lauer gelegt, wir lagen einfach so da, weil es schön war. Zufällig. Und da flog die Mir vorbei. Und das Shuttle flog ihr hinterher. Ich habe die Mir immer gemocht, ich weiß auch nicht, warum. Vielleicht weil sie in ihrer Unzulänglichkeit mit all ihren Fehlern so bezaubernd menschlich war. Die ganze Zeit, bis sie nicht mehr zu sehen waren, Mir und Shuttle, kuckten wir ihnen hinterher und fanden es toll.
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