Dem Knorkator Sänger begegne ich fast jeden zweiten Tag zur gleichen Zeit beim Bäcker.
Mit ihm zusammen stehen meist zwei Frauen, seine Musen, so nenne ich sie still, und auch ein draußen angebundener Hund (*) scheint eine wichtige Rolle zu spielen.
Meistens kaufen sie sich belegte Mozarella-Baguettes und trinken Kaffee.
Wenn ich in der Schlange stehe, während die Musen neben dem Tresen stehen und laut gackern, ist es mir meistens unangenhem - zum Einen, weil ich meist noch
sehr müde bin und zum Anderen, weil ich sie etwas zu albern finde.
Ich stelle mir immer vor, dass die Leute, die mit ihm und mir in der Bäckerschlange
stehen (meist junge Leute mit DJ-Taschen aus den zentralen Bezirken Berlins)
genau wissen, dass es sich um den Knorkator-Sänger handelt.
Weil sie nicht auffallen wollen, inspizieren sie das Angebot im Tresen mehr als genau, ja beinahe schon pedantisch.
In Ihrer inneren Aufgewühltheit kommt es bei den meisten Schlangestehern zu einer unkontrolliert lauten Bestell-Stimme, wenn sich eine der drei Bäckersfrauen zu Ihnen wendet.
Das kann natürlich an ihrer Aufgeregtheit liegen - ich glaube aber vielmehr, es ist der unbewusste innere Drang,
die Aufmerksamkeit des Prominenten einen Augenblick ganz für sich allein zu gewinnen.
Es ist wie ein Spiel. Dann ist man für den Bruchteil einer Sekunde prominenter
als die Prominenz und kann anschliessend wieder seinen ganz normalen, oft langweiligen
Alltag leben...also zur Arbeit, zur Universität oder in den Park gehen.
Beeindruckt bin ich von der Unberührtheit der Bäckerfrauen, denen komische Rockbands und
DJ-Taschen fremd sind (die meisten sind über 50).
Für sie sind alle Menschen gleich und werden also auch gleich behandelt.
Sie sind dann für mich die Urmütter der Demokratie, aber immer nur für
eben diesen kleinen Augenblick.
Dann sind sie wieder ganz normale, höfliche Bäckerfrauen mit auffallend gelben Kitteln.
(*) On Friday we go eating a leckere Bockfurst in New York.
(Beitrag wurde von Mausi Murpel am 13.03.2001 um 16:41 Uhr bearbeitet.)
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