Wie ich in Christoph Schlingensiefs Badewanne badete.
Als aufmerksame Verfolgerin des Paparazzi-Forums kann ich heute mit einer Geschichte dienen, die der neueren Zeitgeschichte entspringt. In den vorher oft beschriebenen Achtzigern war ich nämlich noch in der Zone verwahrt und kann aus dieser Zeit nur mit einer Tramptour mit dem sich gerade rasierenden Musiker Hansi Biebl aufwarten. Aber davon soll hier nicht die Rede sein.
Folgendes trug sich zu: Vor einiger Zeit verließ ich Berlin, das ich lange Jahre bewohnte, in Richtung Wien. Dort lernte ich eine Frau kennen, die es ihrerseits nach Berlin zog. Aus diesem entgegengerichteten Bestreben entstand eine dauerhafte Freundschaft, die zu erhalten es sich noch lohnen sollte.
Fürs erste verhalf ich besagter Freundin samt Gefährten zu einem Zimmer in Berlin, quasi der letzte Koffer, den ich mir noch in dieser Stadt gönnte. Viel größer war das Zimmerlein auch nicht, so daß besagte Wienerin, um in Berlin ihr Glück zu versuchen zu können, auf Wohnungssuche gehen mußte. Auch das hat mit Glück zu tun, wie man weiß, in diesem Fall sogar in höherem Sinne. Als meine Freundin nämlich nach langen Stunden der Wohnungsbesichtigungen wieder einmal eine solche aufsuchte, stand sie plötzlich, allerdings mit noch mindestens vierzig anderen Mitsuchern, vor Christoph Schlingensiefs Wohnung und ihm höchstselbst.
Wie meine Freundin diese begehrte Bleibe ergatterte, bleibt ihres und Christophs kleines Geheimnis und ist Stoff für eine andere Geschichte. Jedenfalls berichtete sie mir ausführlich, worüber ich in großes Entzücken geriet. Im Dunstkreis des großen Christoph Schlingensief zu sein! In seinen Gemächern zu wandeln! Das wäre ein wahrhaft paparazzische Großtat. Zumal so höflich, daß ich den Prominenten gar nicht persönlich belästigen mußte. Sobald also meine Freundin den Schlingensiefschen Unrat aus der Wohnung beseitigt und sie einigermaßen bewohnbar gemacht hatte, machte ich mich meinerseits auf, Berlin und Christoph Schlingensiefs Wohnung zu besuchen.
Voller höflichem Paparazzismus nahm ich die Einzelheiten seiner vormaligen Bleibe wahr: die zentrale Lage gegenüber einer bekannten In-Disco. Der entzückende kleine Balkon, der ihm wohl in frostfreier Zeit als Bierlager gedient hatte. Die unglaubliche Größe der Wohngemächer, die ihn zu wahrhaft großen Eingebungen, wie Containerhaltung von Menschen, inspiriert haben mußte.
Und dann geschah es: ich durfte in Christophs Badezimmer. Darinnen stand ein wahres Ungetüm von Badewanne. Ich, die ich nicht von kleinen Eltern abstamme und diverse Neubau-, Einbau- und Sitzbadewannen gewohnt bin zu ertragen, war höchst erstaunt ob der gewaltigen, fast Helmutschen Ausmaße dieser Wanne! Unter einem fadenscheinigen Vorwand suchte ich nun diese Wanne auch zu benützen. So klein und einsam in diesem Ungetüm ich mich darinnen fühlte, so mußte sich auch Christoph gefühlt haben, als er das Spektakel um die Überschwappung des Wolfgangsees ersann. Denn es braucht Stunden, diese Wanne von ihrem neueingebauten Wasserhahn bis zum Rande füllen zu lassen. Der badende Mensch, so auch Schlingensief, sinnt daher frierend und nach warmen Wasser lechzend, den Vorgang zu beschleunigen. So könnte es gewesen sein. Vielleicht kam wärmender Besuch in die Wanne (die locker für eine Sektparty zu zweit ausreicht) und somit die Eingebung zu seiner Wolfgangschen Eskapade. Wir können es nur vermuten.
Woher Christoph Schlingensief seine Inspiration zu den neuerlichen Kunstereignissen um seine Person bezieht, vermag ich hier nicht zu sagen. Ich sah ihn einmal in lächerlichem Glitzeranzug auf der Volks-Bühne umherspringen. Vielleicht ist er ja nach Zehlendorf gezogen.
HeyDie
Lesezeichen