Ich hab mich noch nie so beschissen nach einem Interview gefühlt, wie nach dem mit Maria Schell. Aber ich Boulevardsau hatte eben einen Auftrag, also hab ich die Schell auf ihrem Bauernhof angerufen. Gesprochen habe ich dann mit einer alten, verwirrten Dame, die erst dachte, ich sei ein Verwandeter. Während ich meinen Job verfluchte und versuchte irgendwas brauchbares aus ihr heraus zu quetschen, versuchte sie mir zu erzählen, wie schön das war, als die Therese (ihre Tochter) mit dem Xaver (ihr Mann) und den Kindern da gewesen sei. Das war nicht so leicht, denn sie redete sehr leise, verdrehte die Sätze, und vertauschte dauernd die Situtionen und Menschen.
Dann wurde sie plötzlich still, und ich dachte, sie sei eingeschlafen, aber sie weinte nur ganz, ganz leise. Ich wollte schon auflegen, aber ich konnte einfach nicht, also hab ich versucht sanft auf sie einzureden, aber es wurde immer schlimmer. Und als sie davon sprach, dass sie manchmal keine Lust mehr haben würde, da war ich dann wirklich erschrocken und beauftragte zwischen durch einen Kollegen mir die Nummer von ihrem Bruder raus zu suchen. In L.A. war es aber vier Uhr morgens, also keiner zu erreichen, und die Nummer von ihrer Tochter hatte ich auch nicht. Ich wußte aber, dass sie mit dem Brandauer befreundet war/ist, und von dem hatte ich nun wieder die Nummer des Agenten. Also angerufen, Brandauer bei einem Dreh, nicht direkt zu erreichen. Währenddessen hatte ich immer noch die leise weinende Maria Schell am Telefon, die sich nicht beruhigen wollte, und mir von der Selbstmordrate ihrer Familie erzählte. Mittlerweile hatte ich schon zwei Leute beauftragt, mir die Nummer von ihrer Tochter zu beschaffen und eine Praktikantin, die mal mit dem dritten Regie-Assistent von Xaver Kroetz geschlafen hatte, rief diese längst ausgeblichene Bettgeschichte an, und kassierte die Nummer. Wir unterichteten Marie Therese, die am Telefon leicht genervt seufzte, und ich verabschiedete mich von Maria Schell, die mich am Ende dann auch fragte, was ich eigentlich von ihr wollte.
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