Meine Geschichte mit Laurie Anderson ist inzwischen eine ziemlich lange. Mein Papa fährt gerne Auto und hört gerne Musik. Ersteres ist der einzige Ort, an dem er früher die Zeit hatte, letztere zu konsumieren. Ich wiederum liebte es, mit meinem Papa Auto zu fahren und so kam es, daß ich in sehr zartem Alter die erste Scheibe (wie man wohl damals sagte) von Laurie Anderson kennenlernte. Und das war der Beginn einer großen (bis heute andauernden).... na, nennen wir es Zuneigung. Beabsichtigte Begegnungen gab es bisher viele, doch hier möchte ich von einer unbeabsichtigten berichten.
Ich war zum ersten Mal in New York und schwebte durch die Straßen, sehr euphorisch und sehr stolz, als mich nicht nur jemand nach dem Weg fragte, sondern ich auch noch präzise Auskunft geben konnte. Eines Tages saß ich am Ufer des Hudson, sah den berollerbladeten Wahnsinnigen zu, die zur Mittagszeit aus den Büros quollen und sich auf dem schmalen Weg halsbrecherische Beweise ihrer Fitness lieferten, ohne Rücksicht auf die beturnschuhten Wahnsinnigen, die sich die Lunge aus dem Leib joggten. Als die keuchende Meute sich wieder in Kostüm und Anzug gen Himmel stapelte, kehrte himmlische Ruhe ein. Nur deshalb bemerkte ich das Fahrrad, das gerade an mir vorbeifuhr. Sofort kam mir der Gedanke: Diese Frisur kennst du doch! Versuchsweise rief ich laut "Hey, Laurie!".
Was soll ich sagen, der Mensch auf dem Fahrrad drehte sich um und eine etwas überraschte Laurie Anderson sah mich an. Worte wurden gewechselt, sowie gegenseitige Beteuerungen der Wiedersehensfreude. Bevor sie sich wieder auf ihr Gefährt schwang (weil sie "in a rush" sei) bat sie noch "Give me a call!", winkte und strampelte davon.
Ja, ich habe angerufen. Ja, ein "assistant" war dran. Und ja, er hat mir erzählt, sie sei gerade nicht im Büro... Nein, wenn mich jemand fragt, "How are you?" gehe ich nicht davon aus, daß er wirklich wissen will, wie es mir geht.
Aber Laurie Anderson würde ich trotzdem wieder anrufen.
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