Manchmal kucke ich gerne Theaterstücke im Kino und umgekehrt. Besonders oft hat das auch im Renaissance-Theater in der Hardenbergstrasse geklappt. Vor 75 Jahren sah ich da mit Freunden Allens "Play it again, Sam" und danach rannten wir in die Spätvorstellung eines Kinos und sahen uns den Film an. Auch "Die 12 Geschworenen" sah ich da mit Horst Buchholz und verglich es dann mit der Henry-Fonda-Version aus Hollywood.
Kürzlich las ich, dass "Acht Frauen" jetzt im Renaissance-Theater läuft. OK, Judy Winter ist nicht Catherine Deneuve, den oscarnominierten Film hatte ich auch nicht gesehen (Mädchenkino!), aber ein Transfer des 1961 in Paris uraufgeführten Stückes ins Deutsche machte mich neugierig. Daß man die größten französischen Schauspielerinnen aller Zeiten (Catherine Deneuve, Isabelle Huppert, Fanny Ardant, Danielle Darrieux) in einen Film packt und daraus kein Divenalarm wird, sondern ein guter Film, ist ja auch schon eine ansprechende Leistung. "Das will ich mal auf deutsch sehen" dachte ich mir.
Kaum setzen wir uns in dem kleinen, alten Theater, entdecke ich den Superminister. Zwei Reihen vor mir und zwei Plätze weiter rechts nimmt er Platz. Keine Bodyguards, dafür bleibt jeweils der Platz rechts neben ihm und links neben seiner Begleitung der Platz frei. Sie, die Begleitung, eine mittelalterliche Frau, trägt eine hellbraune Kunstlederjacke. Herr Superminister dagegen einen zerknautschten, schlecht sitzenden Anzug. Unter dem Jackett das, was in Hertieanzeigen immer "Freizeithemd" genannt wird; ein weißes Hemd mit blauem Karomuster, ohne Krawatte. Eigentlich sieht er aus wie ein Matheheft.
Ich habe nichts gegen Boulevardtheater, aber ich habe etwas gegen schlechtes Boulevardtheater. Und es ist schlecht. Sehr. Ich frage meine Frau, die den Film gesehen hat, ob der Film "auch so gewesen ist" und sie antwortet "Nein, die hatten Schauspieler". Clement stützt sein zerknautschtes Gesicht in die linke Hand, einmal taucht der Schatten eines Lächelns auf seinem Gesicht auf, ansonsten scheint er den Zustand seiner Partei mit dem der Aufführung zu vergleichen.
Aber er beklatscht höflich jedes Lied, er spendet den Beifall, den ich mir verkneife. Auch, als kurz vor der Pause in einem Lied erfreulich oft das Wort "ficken" auftaucht, rührt er müde, aber trotzig seine Hände. Das Publikum belacht schallend die tranigsten Späße, zur Pause gehen wir. Das Gehampel & Geschrei mögen wir beide nicht mehr ertragen. Ob Herr Clement das ähnlich sah, weiß ich nicht, wir verloren ihn schnell aus den Augen. Vielleicht hat er sich den zweiten Akt auch noch zugemutet.
Das beste Wiener Schnitzel in Berlin gibt's im "Schweighofers" in der Weimarer Strasse.
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