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Thema: Peymann, Claus

  1. #1
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    Claus Peymann

    Im Sommer des Jahres 2001 war ich, wie schon zum wiederholten Male, für eine international bekannte Sprachschule, welche sich vor allem durch die Ausgabe hauseigener Rucksäcke an ihre SchülerInnen auzeichnet, in Salzburg tätig. Ermattet von der Pflege,Unterhaltung und Disziplinierung diverser pubertierender Skandinavier, ließ ich mich im Sitzgarten des Café Tomaselli nieder. Dieses wird trotz orbitanter Kaffeepreise ob seiner Oberkellner von mir sehr geschätzt. Meiner Meinung nach sind das gar keine echten Kellner, sondern hochbegabte Schauspieler, die Kellner spielen. Nachdem mir also ein solcher Mime den überteuerten Kaffee serviert hatte, ließ ich meinen Blick über den angrenzenden Alten Markt schweifen. Neben den üblichen Touristengruppen und Fiakern erspähte ich eine Gestalt auf einem Fahrrad. Ein schwarzgekleideter Mann auf einem schwarzen Waffenrad, es war Claus Peymann. Ich war entzückt und eilte nach Hause, um diese Sichtung meiner Mitbewohnerin mitzuteilen. Doch als ich diese getan hatte, wurde ich mit schierem Unglauben konfrontiert. Nein, sagte sie, der Peymann ist in Bochum, wie sollte er da über den Alten Markt fahren, noch dazu auf einem Waffenrad?
    Bedrückt schlich ich von dannen. Wenige Tage später jedoch geschah es wieder. Beim ehemaligen Meinl am Hanuschplatz, wo ich mir mein Mittagswurstsemmerl kaufte, stand eine schwarzgekleidete Gestalt vor mir in der Kasse: Claus Peymann. Als ich erneut meiner Mitbewohnerin Bericht erstattete, glaubte diese an eine Zwangsvorstellung meinerseits. Irgendetwas brachte mich wohl dazu Claus Peymann herbei zu fantasieren, daß wir kurz darauf ein Plakat für eine Serie von Lesungen von Peymann entdeckten, hat sie letztendlich auch nicht überzeugen können.

  2. #2
    Avatar von Klingeltonk
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    Was ist denn ein Waffenrad?
    (Ein Rad, das aussieht wie die Brille von Heiner Müller?).

    Und was hat er auf dem Markt gemacht außer Waffenradstehen?

    Und was hat er im ehemaligen Meinl gekauft? Auch eine Semmel? Eine Hose? Eine Luftpumpe?


    Fragen...

  3. #3

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    Mir gefällt die Geschichte.
    Ich möchte nur ergänzen, dass ich, als ich einmal für wenige Tage in Wien war, eine ganz ähnliche Empfindung hatte, dass nämlich ganz Wien eine große Bühne sei und die Wiener nur Schauspieler, die Wiener spielten.
    Vielleicht sind ja alle Österreicher Schauspieler, die nur Österreicher spielen.
    Österreichische Schauspieler, die versuchen Deutsche zu spielen, waren immer die schlechtesten, die besten waren jene, die versuchten österreichischer als österreichisch zu sein, auch wenn sie Deutsche waren.

  4. #4
    Metamember Avatar von Cat woman
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    Es genügt schon, ein "Mittagswurstsemmerl" zu essen. Damit hat man die Österreicherprüfung sogleich bestanden. Hübsche kleine Geschichte!

  5. #5
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    Was er gekauft hat konnte ich leider nicht recht erkennen. Der gute Herr Peymann ist ja doch recht stattlich und da konnte ich ihm nicht so gut über die Schulter linsen.

    Gefahren ist er über den Alten Markt, sonst hat er da nix getan. Und sind Waffenräder nicht diese großen schwarzen ohne viel technische Ausstattung, oder irre ich mich da jetzt ganz gewaltig?

  6. #6
    Avatar von Lenin
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    Auf vielen Bühnen finden sich Wiener, die Schauspieler spielen, aber so, dass man gar nicht merkt, dass es sich um Wiener handelt und nicht um Schauspieler. Man könnte meinen, dass die Wiener im Theater erfunden wurden.

  7. #7
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    Österreicher, insbesondere Wiener, scheinen tatsächlich die besondere Fähigkeit zu besitzen, ihre Identität durch fortwährendes Rollenspiel zu begründen. Und wenn wir uns ehrlich sind, lebt doch ganz Österreich davon.

  8. #8
    Avatar von Benzini
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    Deshalb ja auch der allseits bekannte Ausspruch:
    Wiener Sängerknaben?
    Zarte Würstchen in Eigenhaut!

  9. #9
    Moderator Avatar von Ruebenkraut
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    Meinst Du so eins?

  10. #10
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    Genau so eines meinte ich!

  11. #11
    Member Avatar von Grover Watrous
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    Im selben Sommer ist Claus Peymann auch mir erschienen, ebenfalls in Salzburg, ich sah ihn mit einer Tüte Eis die Linzergasse hinunter schlendern. 'Der Peymann, das Schleckermäulchen', dachte ich so bei mir während ich ihn gemächlich überholte, 'bei dem hat sich wohl der Schlendrian eingeschlichen'. Es war der bis dahin heißeste Tag des Sommers, und zu profunderen Erkenntnissen war mein allerdings auch an trüben Tagen bisweilen recht schlichtes Gemüt nicht imstande.
    Dramatische Wendung: Peymann stolperte, er wankte, aber, wie so oft: er fiel nicht. Da von einem potentiellen Hindernis weit und breit nichts zu sehen war, darf man ohne unverschämt zu sein annehmen, daß Peymann wohl über seinen eigenen Füße gestolpert ist. Tatsächlich hat Peymann überdimensional große Füße, was aber nicht nur Nachteile mit sich bringt: die elegante Landung des schwankenden Peymann, beinahe ein Telemark, wäre mit Otto Normalschuhgröße wohl kaum möglich gewesen. Je größer (und infolgedessen schwerer) die Füße, desto standfester der Mensch. Man stelle sich einen Mann mit Schuhgröße 432 vor: Der fällt nicht so leicht um, den kann man lange rempeln oder gar rammen. Er knickt vielleicht ein, taumelt ein wenig, hat unter Umständen Fußschweiß, findet nur sehr schwer Freunde, wird von allen immer nur rumgeschubst, aber: er fällt nicht.
    Dann sah ich noch, wie Peymann sah, daß ich ihn sah, ich blickte also einen Moment lang in die Augen jenes Mannes, der Bundespräsident Waldheim in den Nacken geküßt und mit Thomas Bernhard eine Hose gegessen hat. Wir verloren uns dann aus den Augen, es geschah an einem heißen Dienstagnachmittag, viel ist nicht passiert, und ich hab mir auch nicht viel dabei gedacht. Ich kenn den Mann ja kaum.
    Geändert von Grover Watrous (21.02.2003 um 00:53 Uhr)

  12. #12
    Moderatorin
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    Vielleicht war ich ja zu jung, um Peymanns Qualitaeten wirklich schaetzen zu koennen, als er Indendant des Bochumer Schauspielhauses war. Den Mann jedenfalls mochte ich ihn nicht, auch wenn ich ich mir einige seiner Inszenierungen X mal ansah. Wer ihn auf seinen Gaengen durch die Stadt, in Restaurants, auf kleinen oder groesseren Festivitaeten erlebte, dem enstand schnell der Eindruck, dass Peymann bei allem Koennen und zeitweilig rasantem Charme eigentlich in die Kategorie Preussischer Grossgrundbesitzer (incl. jus prima noctis) bzw. Schnarrender Junker gehoert. Ihn so zu verehren, wie das seine Assistentin und einige Ensemblemitglieder (ganz zu schweigen von den Bchumer Bohemetussen und BildungsbuergertuemlerInnen) taten, war mir nicht moeglich. Ihn mal stolpern oder gar vom Fahrrad fallen zu sehen, das haette damals allerdings nicht nur mir schoene Schadenfreude gemacht.

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