Wenn die Kieler Woche tobt, dann kommt es vor, dass einem leidlich prominente Menschen begegnen. Ab und zu treten solche Prominente auch ganz unzufällig auf irgendeiner Bühne auf und spielen mehr oder weniger gute Musik - bis auf Heide Simonis, die man ständig in der Stadt sehen kann, ohne dass sie musiziert. Wen der gemeine Kieler dabei als prominent einstuft, bleibt ein lokales Geheimnis. Besonders Coverbands haben es den Nordlichtern angetan und man prahlt schon mal damit, dass man die selbe Schule besuchte, auf die auch die Lead-Sängerin einer ganz berühmten Kieler Cover-Band einst ging. Aber kein noch so midihaft-präzises Abklappern von Noten kann verschleiern, dass hier die provinzielle Hausfrau den Funk entdeckt haben will und sich mit 'I feel good' eigentlich den Gnadenschuß verdient hat. Das interessiert den Kieler-Woche-Besucher spätestens nach dem dritten Holsten für sechs Mark nicht mehr.
Vielleicht entgeht ihm aber dadurch auch die Tatsache, dass ab und zu tatsächliche Stars zu sehen und vor allem zu hören sind. Und so traten 1998 denn auch Tito & Tarantula auf, eine abgefuckte exilmexikanische US-Band, deren Musik bis heute nur zugedröhnte texanische Junkies hören würden, wäre da nicht dieser Film gewesen - dieser wirklich ebenfalls abgefuckte Film mit Harvey Keitel, Quentin Tarantino und George Clooney. Ich habe dieses abstruse Machwerk mindestens fünf mal gesehen, Freunde und Bekannte mit meinem Geschmack schockiert und unverständiges Kopfschütteln hervorgerufen. Scheiss drauf! Tito spielte auf der Kieler Woche natürlich genau die Titel aus diesem Film und das war grandios. Man spürte förmlich Salma Hayeks Zeh im Mund und den Whisky, der an ihrem Schenkel einem in den Rachen fliesst. Was für ein Tanz war das in 'From Dusk Till Dawn' und wer hat nicht insgeheim die Hüften Salmas bewundert und sich gefragt, wie es sein muss, diesen Hüften ihren naturgemäßen Sinn zu geben. Man sollte Tarantino mal fragen, der weiss das wahrscheinlich.
Die Band spielte jedenfalls laut und gut, aber leider nicht auf aus Körperteilen zusammengesetzten Instrumenten. Das Konzert ging irgendwann zu Ende und ich war wie benommen. Auf der Suche nach einer Toilette gelangte ich automatisch hinter den Bühnenbereich und sah ein paar junge Leute sich zwischen zwei Sattelschleppern drängen. Ich hielt meine frisch erworbene CD in Händen, die heute leider in die Scheidungsmasse eingegeangen ist, und pirschte mich heran. Da stand er, verschwitzte lange schwarze Haare und feurig dunkle Augen. Sein diabolisches Image war verschwunden und als ich dran war, fragte er mich höflich, was er auf das CD-Cover schreiben sollte. Ich sagte etwas und er schrieb. Dann gab er mir seine Hand um sich zu bedanken. Er war sehr gerührt ob des großen Interesses. Jemand fragte ihn, ob alle Bandmitglieder im Film mitgespielt hätten. Der Gitarrist sagte JA und log damit, denn gerade der war nicht dabei gewesen. Egal, Tito war es und er hatte mit George Clooney gesprochen, gelacht, gesoffen. Und dann gab mir Tito Larriva seine Hand, eine verschwitzte Hand, die wahrscheinlich ein paarmal die von George gedrückt und danach bestimmt noch so manche Frau ziemlich ordinär betatscht hatte (vielleicht sogar Salma Hayek). Jetzt war ich gerührt. Man muss wissen, ich liebe George Clooney. Und das ist, finde ich, gut so. George Clooney zu lieben, auch als Mann, ist etwas normales, notwendiges. Wobei ich Salma Hayek hormonell gesehen vorziehen würde.
Letztes Jahr war ich wieder auf einem Konzert von Tito und es war wirklich Scheisse. Er wollte seine neue, noch abgefucktere CD vorstellen, auf deren Cover eine dicke Spinne gerade eine Frau vögelt (wahrscheinlich eine Vögelspinne). Die Musik war grottig und die Fans wollten nur noch eins: Den geilen lasziven Sound aus dem abgefuckten Film hören. Den Gefallen tat er am Ende den Zuhörern sichtlich genervt auch und verschwand anschliessend. Ich denke, er kommt nie mehr wieder. Mir auch egal.
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