Oktober. Montag Mittag. Eigentlich ein trüber Tag. Mir ist langweilig in der einen. Ein Termin kommt rein, also fliege ich in die andere Hauptstadt ö auf ein Tässchen Kaffee ins Hotel Adlon. Total schick, ist frau doch gerne. Eingeladen hat ein Betroffenheitsmagazin aus Hamburg. Es geht um allerlei Gutmenschentum, im Grunde genommen Betroffenheitshäkeln für Reiche. Damit mir nicht so langweilig wird und fade, lade ich meine beste Freundin (möge sie allezeit den Weg finden) und meine bessere Hälfte (hmmmm) ein, damit ich nicht alleine betroffen sein muss, sondern den Weltenschmerz der Beba (möge sie allezeit den rechten Gedanken finden) und den Weltenscherz der besseren Hälfte aufbürden kann.
So entsteige ich dem Taxi vor dem Adlon. Ein netter Page hält die Türe auf, ich kruschtele mich aus dem Gefährt und rein in die Charity. Wir warten noch auf den Bundestagspräsidenten, sagt die Lady mit den Namensschildern. Aha, der kommt also auch, entfährt es mir. Ich telefoniere Beba (möge sie immer den rechten Ausgang finden) und die bessere Hälfte herbei, ziehe mich dazu in das Vestibül zurück.
Plötzlich kommt Herr Thierse auf mich zugestürmt. Schnurstracks. Oh Gott, ich habe keine Rede, keine Begrüßung, keine Anrede. Angstschweiß tropft aus allen Poren. Er hält die Richtung, richtet seinen Blick auf mich. Freundlich, aber bestimmt, leicht verkniffen. Beschleunigt gar seinen unbändigen Schritt. Ich lasse das Handy sinken. Ein Bodyguard überholt ihn. Er legt noch einen Schritt zu. Fünf, vier, drei, zwei ö Beba kreischt ins Telefon, die Lady am Eingang würde sie nicht reinlassen ö null komma acht, null komma fünf. Pardon, ruft Herr Thierse mir entgegen. Ich wähne mich der Ohnmacht nahe. Er schiebt mich sanft zur Seite. Ein kurze flüchtige Berührung nur. Blitze durchzucken mich. Er macht sich den Weg frei. Zur Herrentoilette.
Dann steht meine bessere Hälfte vor mir und direkt dahinter Beba (möge sie immer ihre Notdurft verrichten). Aus Frust esse ich drei Stücke Pariser-Platz-Torte und überlege, ob ich nicht ein Techtelmechtel mit dem Pagen anfangen soll. Meine bessere Hälft guckt grimmig. Beba quatscht mit Thierse.
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