Es war einmal, vor nicht allzu vielen Jahren. Da gab es eine Zeit, als es im ganzen Land viele kleine Ideenschmieden hatte, die sich Start-Ups nannten, viel Geld hatten und deren Chefs über keinen Mangel an Größenwahn klagten. In solch einem Berliner Start Up habe ich mal gearbeitet. Es war eine Zeit, in der es diesem Start Up besonders gut ging. Jeder Mitarbeiter hatte seine persönliche Klimaanlage, in der Küche stand stets frisches Obst, Müsli und Kinderschokolade bereit, und einmal in der Woche kam der Masseur. Aber das reichte diesem Start Up noch nicht. Es wollte in die Presse. Um noch bekannter zu werden. Und darum wurde für die Zeitung "Handelsblatt" eine Diskussionsrunde ins Leben gerufen, die den schönen Titel hatte: "Verschläft die Politik die New Economy?"
Es wäre allerdings schon damals treffender gewesen, zu fragen: "Verschläft die New Economy die Realität?".
Die Namen der Teilnehmer lasen sich wie ein Who is Who der Politik und der New Economy. Wirtschaftsminister Werner Müller war ebenso zugegen wie CDU- Chefin Angela Merkel. Die Internetwirtschaft hatte ebenfalls ihre hippsten Vertreter gesandt: Die Gründer und Chefs von Pixel-Park und dem Online- Broker Consors waren ebenso zugegen wie der Vorzeige New Economist, der Jenaer "Intershop"- Erfinder Stephan Schambach. Zwischen ihm und Angela Merkel kam es dann auch im Vorfeld der Diskussionsrunde, als sich die beiden Ossis vorgestellt worden, zu einem lustigen Wortwechsel. Nach den Worten ihres Betreuers: "So, Frau Merkel, das hier ist Herr Stephan Schambach, Gründer und Geschäftsführer der Firma Intershop." entfuhr der hochrangigen Oppositionellen: "Ach? Gibts das noch? Ich dachte, die hätten nach der Wende zugemacht!" Unter Deutschlands bekanntester Frisur verzog sich nach dieser Äußerung keine Miene. Frau Merkel hatte das todernst gemeint.
Daraufhin hätte die bevorstehende Diskussion eigentlich abgeblasen werden können, da die Antwort auf die Frage, ob die Politik die New Economy verschläft, ja bereits gefallen war.
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