Es war Anfang der Neunziger Jahre. Mein damaliger Freund und ich hatten ein paar Freunde zum Essen eingeladen, einer brachte seine neue Liebschaft mit (sind immer noch zusammen und glücklich, sollte nicht abfällig klingen). Sie war (ists immer noch) Schauspielerin und hatte bei irgendwelchen ZDF-Serien kleinere Rollen gespielt. Nettes Mädchen. Leider hatte sie scheußliche Freunde. Zumindest einen. Im Schlepptau hatte sie einen Kollegen, der als Mick vorgestellt wurde. Ich meine, ehrlich gesagt ist doch der Name allein schon der blanke Hohn. Mick. Irgendwie unseriös. Vielleicht bin ich ungerecht. Aber so ist es nun mal und ich muss mich ja nicht unbedingt rechtfertigen, oder? Mick entpuppte sich denn auch als echte Nullnummer. Wir saßen am Tisch und lauschten gebannt voller Abscheu seinem selbstverliebten Geplapper. Und die meisten von uns überlegten, wo sie diesen charmefreien Zeitgenossen schon einmal gesehen haben könnten. Nach nur kurzer Zeit dämmerte es mir: Es handelte sich um Mick Werup, den schrecklichen Nervensägen-Bullen-Sohn der unsäglichen Drombuschs. Damit hatte mich meine Mutter schon in den Achtziger Jahren gequält, als ich noch zu hause wohnte und es nur einen Fernseher gab. (Exkurs: Damals hatte sie neben Trash-Serien noch zwei weitere TV-Vorlieben. Nämlich Eiskunstlaufen und Tanzwettbewerbe. Mittlerweile kann ich zumindest das Einskunstlaufen nach vollziehen. Es gibt wenig beglückenderes, als die zugegebenermaßen meist hardcore essgestörten drahtigen Menschen unglaubliche Sprünge auf dem Eis vollbringen zu sehen. Aber lassen wir das) Mick Werup. Erinnert ihr euch an den ekligen babyspeckigen Bullenboy? Allein die Zusammenarbeit mit Witta Pohl über so einen langen Zeitraum stigmatisiert. Der Abend schleppte sich dahin, Mick geriet immer mehr in Fahrt und irgendwann ö uns erschien es wie eine Ewigkeit ö ging er dann endlich. Die Zurückgebliebenen hielten den Atem an sekundengleich mit dem Schließen der Tür entlud sich ein munteres Gezeter und Geschimpfe über diesen greuslichen Gast. Just in dem Moment klingelte es erneut und Mick stand in er Tür, weil er seine affige John Lennon Brille vergessen hatte. John Lennon, so verriet er uns im Verlauf des Abends, sei sein großes Vorbild, aus diesem Grund hatte er nicht nur als Reminiszens diese runde Nickelbrille auf ö es war 91, da trug man so etwas einfach nicht ö sondern trug dazu eine alberne Kopfbedeckung sowie ein T-Shirt seines Idols. Sollte ihm verborgen geblieben sein, dass wir alle über ihn gelästert hatten, überspielte er es in dem Moment. Vielmehr bedankte er sich erneut überschwenglichst für den netten Abend (für ihn vielleicht) und entschwand endlich für immer. Ich habe lange nicht an diesen Abend gedacht und treffe auch die meisten der beteiligten Freunde nur noch selten. Auch Mick habe ich seitdem nie wieder gesehen. Selbst auf die Gefahr hin, bösartig zu klingen: Ich freue mich, dass er nach den Drombuschs nur noch vereinzelt den Weg ins Fernsehen gefunden hat und seine Karriere eher schleppend verlief. Ich wünschte zudem, mir würde mal eine nette Geschichte eines Zusammentreffens mit einem netten Prominenten einfallen.
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