Als Österreich-Immigranten versuchen wir immer wieder, die Gebräuche der Einheimischen zu studieren und uns zu eigen zu machen. So stand bald auch die Wiener Oper auf dem Touristenplan. Zufällig erlangten wir Freikarten in einer Loge hoch droben unterm Opernhimmel. Gegeben werden sollte was von früher, bunt und nicht durchschaubar ohne Programmheft. Touristisch artig viel zu früh gekommen, paparazzt man, in rotem Samt versunken, also vor sich hin in alle anderen Logen, soweit das Auge reicht. Rechts unten die Präsidentenloge. Darinnen noch niemand, allerdings Zettel auf dem Samt. 'Bundeskanzlerin' stand da. An andere Zettel reichte das Auge nicht mehr. Vielleicht noch 'Papandreo' oder so, aber dioptrisch nicht abzusichern. Bahnt sich da eine Sensation an? Frau Schüssel? Umsturz?
Erste Klingel, Eintritt der Prominenten. Benita (schwarzes Kostüm, Glitzerschleife am Busen) nahm auf 'Bundeskanzlerin' Platz, 'Papandreo' wurde von einen schwarzhaarigen Gentleman mittleren Alters belegt, könnte auch der Bodyguard gewesen sein. Allerhand Familie, ein gelangweilter Teenager, jede Menge gleichgutaussehender Männer in Zwirn. Zweite Klingel, dritte, Dunkelheit. Ein Opernabend vier Meter Luftlinie von der Macht entfernt. Aufregend war der allerdings nicht.
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