Nun gut, man zwingt mich, der Herr Moderator und La Corinna befehlen mir, gegen meinen Willen eine Geschichte preiszugeben, die mir ein Bekannter erzählt hat, nachdem ich ihn in Sachen höfliche Paparazzis ausgefragt habe. Da ich den Forumsmitgliedern vollendet ergeben bin, bleibt mir keine andere Wahl.
Es trug sich zu, so mein Bekannter, daß er einmal die Berlinerische Hauptstadt bereiste,
um eine Freundin zu besuchen. Diese war Geigerin in einem der bedeutenden Hauptstädtischen Orchester. Jung und alt warf sich in sein Sonntagsgewand und bereitete sich auf die 750 Jahrfeier vor. Auch der Herr Karajan befahl seinen Mannen, ein Liedlein zu spielen. Es würde im Fernsehen zu sehen sein sollen. Die Geigenfreundin meines Bekannten mußte ebenfalls mittun. Damit er aber in ihrer Abwesenheit nicht in ihrem Heim vereinsamen müßte, schlug sie ihm vor, sie doch zu der Aufnahme zu begleiten, ja sogar den Darm zu streichen, schließlich sei es nur eine Bildaufnahme vom Orchester, die Musik sei längst im Kasten und käme in Wahrheit playback vom Band. Mein Bekannter, muß man wissen,versteht vom Geigen nicht viel mehr als mein Hund.Das sollte jedoch kein ernsthaftes Hindernis sein, so die Geigerin, sie gäbe ihm eine Geige, er solle sich neben sie setzen und einfach alle ihre Bewegungen nachahmen. Hören würde man ihn ohnedies nicht. Gesagt also und getan. Der Maestro dirigierte auch gar nicht selbst, sonder ein japanischer Scherge. Er hat aber die Angelegenheit über den Monitor in einem besonderen Gemach verfolgt. Bald hat er gesehen das mein Bekannter ein Hochstapler war. Er wies den Dirigenten an innezuhalten und sprach durchs Mikrophon:' Der Geiger mit den schwarzen Locken soll doch bitte einmal nach vorne kommen. Er soll sich für den Rest der Aufnahme nach vorne an das Pult des ersten Geigers setzen.' So kam mein Bekannter in den Genuß bei Karajan einmal die erste Geige zu spielen. Für jemanden der noch nie eine Geige in der Hand gehalten hat ist das doch eine ungeheuerliche Kariere. Und: wer hätte Karajan, also praktisch Gott, soviel Humor zugetraut? Ich nicht, das gestehe ich. Ich werde mir trotzdem weiterhin Furtwängler anhören, aber dennoch: Ein wenig milder stehe ich Karajans Beethoveninterpretationen gegenüber, seit ich diese Geschichte erzählt bekam.
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