ich habe lange geschlafen. es ist keine milch im kühlschrank. das geht nicht, ich will milchkaffee. im supermarkt ist das erste, was ich auf nüchternen magen sehe: donna leon. auch das noch. es gibt niemanden auf der ganzen welt, die so trocken aussieht wie diese frau. den commissario mag ich ganz gern. ich hatte aber nach ein oder zwei mal vergnügen genug davon. donna leon ist bekleidet mit einem dunkelblauen klassisch strengen wollmantel. die grauweissen haare glatt auf mittelscheitel, die falten im gesicht wirklich eindrucksvoll, die brille randlos oder mit feinem goldrand vielleicht. sie will nicht wie eine amerikanerin aussehen. ach ich höre auf mit der beschreibung: sie sieht exakt so aus wie auf den fotos. ihre begleiterin trägt eine dicke wollmütze und einen noch dickeren grobgestrickten schal. es ist kalt in wien. so kalt aber auch wieder nicht. beide strahlen eine selbstgenügsamkeit aus, die sympathisch ist. aber sie stehen mir im weg, ich will zu meiner milch. draussen machen 100 studenten verkehrschaos gegen die bildungsministerin. sie sind mir auch im weg und auch sympathisch. es ist heute die erste kriminacht im café. donna leon wird lesen.
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