Im Sommer 1979 war es bei uns im Dorf modern, nach Los Angeles zu fliegen, um dort den Führerschein zu machen, denn für die Differenz zum hiesigen Preis gab es dazu zwei Wochen Sonne, Strand und, mit etwas Glück, einen Blick auf Stars und Sternchen.
Nachdem ich schriftlich bestanden hatte, durfte ich unter der Bedingung, dass jemand mit einem gültigen Führerschein im Wagen saß, so lange im Straßenverkehr trainieren, bis ich mich fit für die Fahrprüfung fühlte.
Eine Bekannte war so nett, mich in ihrem Auto nicht nur beim Üben zu begleiten und mir wertvolle Tipps zu geben, sondern bei dieser Gelegenheit gleichzeitig Auszüge aus dem kulturellen Angebot der Stadt vorzustellen.
Für unseren ersten Ausflug wählten wir die Universal Studios. Auf dem Hinweg lernte ich, dass das Auto nach einer Kurve zwar von selbst wieder geradeaus fuhr, wenn man das Steuer losließ, ich die freie Zeit aber nicht nutzen durfte, um eine Zigarette zu drehen oder in meinem Theoriebüchlein zu blättern und mein Wissen bezüglich irgendwelcher Fahrbahnmarkierungen aufzufrischen: „NO! NO! NO!“
Der Studio-Besuch war sehr interessant, wir fuhren in einer kleinen Bahn trockenen Rades durch ein wie von Geisterhand sich vor uns teilendes Meer, ließen uns vom plötzlich auftauchenden „Weißen Hai“ erschrecken und spazierten durch „Die Straßen von Manhattan“. Anschließend hatten wir Zeit, in einem Imbiss eine Kleinigkeit zu essen, hin und wieder erfrischt durch die Wasserfontänen einer neben unserem Tisch tobenden Miniaturseeschlacht.
Danach wurden wir durch den Superstar-Garderoben-Pavillon von Robert Wagner geführt, der, leider abwesend, nur auf einigen darin hängenden Fotos zu sehen war, auf denen er einen sehr sympathischen Eindruck machte.
In Fleisch und Blut sahen wir ihn erst auf dem Nachhauseweg, als er in sein Auto stieg. Bevor er losfahren konnte, machte ein hinter ihm stehendes Auto einen Satz nach vorn und krachte in seine Stoßstange, die den Aufprall aber abfederte (bis zu einer bestimmten Geschwindigkeit mußten amerikanische Stoßstangen das unbeschadet überstehen, wie ich jüngst gelernt hatte). Robert Wagner stieg aus, ebenso der Angreifer, ein Chaplin-Imitator, der noch seine Berufskleidung trug. Man besah sich gemeinsam den möglichen Schaden, schien durchaus freundlich miteinander umzugehen und trennte sich bald darauf in offensichtlich friedlichem Einvernehmen. Das passiere, wenn man von der Kupplung rutsche, erklärte mir meine Begleiterin.
Wagner fuhr langsam los und war ungefähr zehn Meter weit gekommen, als Chaplin ihm erneut in den Kofferaum krachte, diesmal allerdings mit so hoher Geschwindigkeit, dass sich sein Kühler fast einen halben Meter weit in das Wagnersche Blech bohrte. Wir mußten gleich darauf weiter, weil wir den Verkehr aufhielten, und so habe ich Robert Wagner bis heute nur nett in Erinnerung.
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