Ein Klischee, welches ich nicht kannte, legte sich müde über die abendliche Herbststadt. Dunkel wars, kalt und ungemütlich, die Lichter der Großstadt (hier: Köln, genauer: Rudolfplatz) verrichteten müde ihren Dienst an der Melancholie.
Nun wusste ich mit 11 Jahren dieses Gefühl nicht zu beschreiben, doch hielt es trotzdem mein Herz eisig umklammert. Das Eheglück meiner Eltern schlingerte, da mein Vater ständig arbeiten musste, und auch an diesem Sonntagabend des Jahres 1984 musste er in die Firma, Akten holen. Ich saß also mit meiner Mutter wartend im Auto, besagte Melancholie der Großstadt legte sich über uns und machte uns schweigen.
Da näherte sich ein kleiner Mann unserem Auto, einer Tiefgarage war er entstiegen. Den Kragen seines langen, dunkelblauen Wollmantels hatte er hochgeschlagen. Er passierte uns und schaute ins Fenster. Sofort erkannte ich in ihm Nino deAngelo, sein aktueller Hit "Jenseits von Eden" klang mir noch überpräsent im Ohr. Er sah unendlich traurig aus, kurz nach überschreiten seines Zeniths. Unsere Blicke trafen sich, dann war er im Neondunkel der Großstadtnacht verschwunden.
Furchtbar kitschig das Ganze, doch wann immer mir die sanfte Base Melancholie das Herz erschwert an einem sinnlos tristen Tag bin ich im Herzen bei meinem Bruder. Dem einsamen Kuschel-Wolf Nino. Ausgerechnet. Komisches Leben.
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