Sonntag Nacht, um 24 Uhr am Hackeschen Markt in Berlin Mitte. Es ist sind nicht viele Leute unterwegs um diese Zeit. In der Rosenthaler Strasse stehen einige Abiturienten und trinken Dosenbier, auf einer Verkehrsinsel sitzen alte Menschen auf einer Designerbank aus Lochmetall.
Vier Männer gehen die Strasse herunter in Richtung Monbijou-Park. Sie sind ausgelassen. Zwei davon laufen Arm in Arm und beschnäbeln sich alle paar Meter. Der eine hat ein helles T-Shirt an und Jeans, dunkle Haare. Sein Drei-Tage-Bart ist an den Seiten abgezirkelt. Der andere hat eine weisse Hose mit dunklen Streifen an, dazu eine Jeansjacke, used look. Die Jacke wirkt farbenfroh, sogar im Halbdunkel.
Die anderen Mitspazierer fangen eine Rempelei an, freundschaftlich, mit viel Gelächter. Übermütig schlingt der Mann in der weissen Hose beide Arme um seine Begleitung und flüstert ihm etwas ins Ohr. Späte Stunde, angetrunkener Mut, öffentliche Bühne, wer weiss, das Flüstern gerät so laut, dass man es nochdrei Meter weiter hören kann.
Daraufhin schubst die Begleitung den Mann mit der weissen Streifenhose sehr roh von sich. Der stolpert drei Meter rückwärts bis an eine Hauswand, weiss nicht, ob er lachen soll oder grimmig kucken. Es ist Wolfgang Joop. Er mag sechzig Jahre alt sein, aber geht und torkelt wie ein junger Mann. Er stösst sich von der Hauswand ab, mitten hinein in die Gruppe. Sie beginnen zu hüpfen und sich halb im Spass zu balgen wie ein Haufen Jugendlichendarsteller in 50er-Jahre Broadwaystücken. Wolfgang Joop balgt, hüpft und juchzt mit.
Ich stehe in einiger Entfernung und weiss nicht, ob ich es gut oder schlecht finden soll, dass ein sechzig Jahre alter Mann so tut, als wäre er zwanzig Jahre alt. Die Gruppe ist über die Strasse gehüpft, Wolfgang Joop juchzt nochmal laut über den Hackeschen Markt und ich beschliesse, das gut zu finden.
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