Ursprünglich war sie ja vorgesehen, dann doch nicht und schliesslich wurde sie uns doch zugesagt, als wir bereits in Rom waren: Eine Audienz beim Papst, ein Grüppchen aus jeder Delegation durfte zu ihm vorstossen. Ich bin zwar ein Mensch, der zwischen Agnostik und Atheismus herumschwankt, aber das wollte ich mir dann doch nicht entgehen lassen.
Die Nachricht von unserem Kontaktmann war: um 9:00 am Bronzetor, dunkler Anzug / weisses Hemd, die Damen bodenlanges Kleid (!), also fast wie bei einem Ball, nur vermutlich würde es bei der Audienz wohl keinen Alkohol geben.
Nun ja, es kam wie es kamen musste, der Abend zuvor wurde natürlich doch länger als geplant, ein Audienzteilnehmer kam überhaupt erst um 6:00 sturzbesoffen ins Hotel und versuchte sich nach einer Stunde Schlaf durch eine halbstündige Dusche aufzupeppeln was ihm allerdings nur mäßig gelang, er sah danach noch immer kreidebleich und elendiglich aus.
Schlussendlich gelang es doch, die Gruppe auf den Petersplatz zu lotsen, wir hatten allerdings ein mulmiges Gefühl, da wir die Kleidervorschriften nicht wirklich einhielten, die Burschen hatten zwar alle Sakkos, allerdings zweimal blaues Hemd, nur zweimal weiß, und die beiden Mädels waren überhaupt im Hosenanzug bzw. - oh Schreck! - im kurzen Rock mit freier Sicht auf die Unterschenkel gekommen. Ein Blick auf die anderen Gruppen bestätigte mir jedoch, dass die anderen auch nicht besser beieinander waren, vielleicht würden sie uns ja doch alle reinlassen.
Punkt neun Uhr wurden wir abgeholt und durch obskure Hinterpfade zur Audienzhalle geführt, wo wir dann natürlich eine dreiviertel Stunde warten durften. Inzwischen wurden die Regeln ausgegeben: Jedes Land wird kurz vorgestellt, jeder Delegationsleiter stellt dann die einzelnen Teilnehmer vor, für Österreich musste ich das also machen. Und - peng - schon war ich ultranervös, aus Angst irgendeinen Blödsinn zu sagen (den Papst blöd anreden, da kommt man sicher direkt in die Hölle - wenn man dran glaubt - aber man weiß ja nie...).
Die Audienz selbst war dann kurz und schmerzlos, der Papst sass da auf einem Stuhl, umringt von Palladinen und Prälaten, jeder durfte ihm kurz die Hand geben (Hinknieen optional, je nach Glaubens- bzw Bigottheitsgrad) und ich vergass auch keine Namen und sagte auch sonst keinen Schwachsinn. Kaum waren alle abgefertigt, gab's noch einen Schlusssegen (ich machte sogar - inkonsequent wie ich bin - ein Kreuzzeichen, um nicht aufzufallen) und raus wurden wir geworfen von irgendwelchen Dienern. Das ganze war in vielleicht 15 Minuten vorbei.
Auffällig war wie unglaublich alt und müd dieser Mann wirkte, ich hatte direkt Mitleid mit ihm, tagein, tagaus ein beinharter Job, ohne Aussicht auf Pensionierung, damals dachte ich, der macht's nimmer lang, aber jetzt, zwei Jahre später wirkt er immer noch gesund und munter, und verkündet Enzykliken und kürt Heilige am laufenden Band. Ein paar Jahre wird er's schon noch machen, der alte Mann, man wird ja sehen.
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