Die Frühmaschine HH-Fuhlsbüttel nach Frankfurt ist überbucht, so etwas ist mir noch nie passiert. Wirklich, noch nie. Mit schlecht gespielter Enttäuschung eröffnet mir die Checkin-Lady, ich müsse leider Business Class fliegen. Ich bekomme Sitz 3F.
Neben mir nimmt - ganz einfach so - Rolf Breuer Platz. Kann das wirklich sein? Kann das bitte wirklich sein? Hat der keinen eigenen Hubschrauber oder ein UFO oder irgendwas Unterirdisches? Muss dieser bedauernswerte Mann, der Lenker der Weltwirtschaft, muss der wirklich in einer popeligen Lufthansa-Business-Class - Maschine sitzen? Das kann doch alles gar nicht wahr sein.
Ich sage "Guten Morgen", wie ich das gewöhnt bin, wie sich das gehört, wenn man im Flugzeug seines Sitznachbars ansichtig wird. Breuer schaut nur kurz prüfend zurück, durch seine komische Hornbrille, als müsse er ein von mir abgegebenes Bewerbungsschreiben mit meiner Person abgleichen. Dann bimmelt sein Telefon, ein SIEMENS S45. Breuer nimmt ab.
"Ja?" ..... ..... "Nein" .... .... "Zwei Stunden" ..... .... "Ja" .... ... "Aufräumen. Räumen Sie auf" ... ... "Ja" ... ... "Wiedersehen"...
Das ist sein Gespräch.
Er greift sich eine Financial Times und liest sie konfus durch, blättert dauernd durch die Gegend. Als wir starten, pfriemelt er die Zeitung in dieses komische Netz wo die Kotztüten drin sind, lässt sich ein Kissen reichen, verfällt sofort in kataleptische Starre und schläft den ganzen Flug durch. Als die Stewardess das Frühstück bringt, ist sie unsicher: Verärgert man Rolf Breuer mehr, wenn man ihn weckt oder wenn man ihm das Frühstück vorenthält? Sie entscheidet sich dafür ihn schlafen zu lassen. Und gibt mir sein Sandwich. Ein Brie-Sandwich. Brie-Bra-Breuer kichere ich leise in mich hinein!
Ich esse Rolf Breuers Sandwich. Und habe darob sehr gute Laune.
Mein "Wiedersehen" nach der Landung wird ebenfalls nicht quittiert. Eigentlich finde ich das ganz gut.
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