Belafonte, Harry, birds of luck and extra money
Es ist nicht schön, morgens um drei geweckt, eine halbe Stunde später, Koffer in einen Tourbus zu schleppen, doch wir sind ein kleiner Familienbetrieb, da werden Kochlehrlinge schon mal zu Kofferträgern und an diesem Morgen sind es die Koffer von Harry Belafonte, nebst Gattin und Backingband.
Ich bin mit Herrn Belafonte aufgewachsen, die Ufer seines island in the sun reichten bis in die kleine Studentenwohnung meiner Eltern und ich musste immer sehr lachen wenn meine Mutter rhythmisch den Staubsauger schwang: „Math-(vor)-tilda-(zurück)-Math-(vor)-tilda-(zurück)“...Bei der Zeile:“she take me money“, rannte Sie dann entfesselt auf und nieder und schon war die Bude gesaugt. Das beeindruckt Kinder, Harry fand ich gut.
15 Jahre später stapfe ich also durch den Schnee in Richtung Hotel, pfeife „Jump in the Line“ und bin gespannt auf Mr.Belafonte. „Jump in the Line“ ist gerade mal wieder ein großer Hit, ebenso der „Banana Boat Song“, beide feiern ein Revival auf dem Soundtrack des „Beetle Juice“-Films der gerade in den Kinos läuft. Es ist1988 und wir tanzen zu Harry Belafonte in der Disko.
Im Hotel angekommen schnappe ich mir sofort den Zimmerschlüssel der Belafontes, vielleicht kann man ja später mal ein höfliche Paparazzi-Geschichte draus machen. Ich bin enttäuscht, unbewohnt wirkt das Zimmer, das Bett ist gemacht, die Koffer stehen, nach Größe geordnet, vor der Garderobe.
Lustiger war die Nacht wohl für die, wesentlich jüngere, Begleitband von HB. Die Luft in sämtlichen Zimmern riecht süßlich, überquillende Aschenbecher, leere Flaschen, Rock´n Roll. Die Seniorchefin des Hauses inspiziert mit mürrischer Mine die Laken der Musiker, wird fündig und grantelt:“hach dia Schbermaflecka gangat immer so schlecht naus.“
Kein Wunder also, das die Musiker gutgelaunt, morgens um vier, den Frühstücksraum mit einem wunderschönen, mehrstimmigen Gesang erfüllen, die Koffer noch in der Hand, stehen meine Schicksalsgenossen und ich in der Flügeltür zum Raum und lauschen, staunend, starr.
Herr Belafonte bemerkt uns, er kommt lächelnd auf uns zu, eine große Papiertüte in der Hand und ich kann es kaum glauben, er sieht genau so aus, wie auf den Covern, der 15-20 Jahre alten Platten meiner Mutter.
Jedem von uns gibt er die Hand, kräftig und weich zugleich, und jedem von uns stellt er sich vor:“Hi, I´m Harry Belafonte.“ Dann faltet er sorgfältig die braune Papiertüte auf und spricht dabei weiter, eine sanft-rauhe, sehr tiefe Stimme: „Thanks for your wonderful job, I know ist hard to get outta bed that early“, er entnimmt der Tüte vier winzig-kleine, buntgefiederte Vögel, für jeden einen, „it´s a bird of luck, it´s caribbean handcraft, it will bring you luck!"
Verlegen starren wir auf unser Geschenk, ein Vogel von Herrn Belafonte, das ist doch schon mal was, ein wenig Trinkgeld wäre auch gut gewesen, aber was soll es,“thank you“.
Belafonte lächelt, sehr breit, entblößt seine Zähne und greift in die Taschen seine eleganten Bundfaltenhose:
„You know what, do not only trust in birds of luck, here´s something to help you on your way to real luck.“, jedem von uns überreicht er eine Fünfzigmarkschein, „thank you again“, er geht zurück an seine Frühstückstisch und bestellt Kaffee.
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