Dies ist die Abschrift einer Reisebeschreibung meiner Urururgranny väterlicherseits, Antoinette von Massow, geb. von Pirch, vom 26. Oktober 1801.
Das Original fand ich im Familienarchiv unter den hinterlassenen Papieren ihrer Tochter Agnes von Mach, geb. von Massow. Dieselbe hatte auf dem betreffenden Umschlag folgenden Vermerk gemacht:
"Beschreibung der Reise, die meine geliebten Eltern 1801 mit meinem Bruder Hans nach Berlin machten.
Tante Mach begleitete sie; sie reisten mit eigener, vierspänniger Kutsche und hatten Paul und Eva mit, den Diener und die Jungfer; ersterer war 65 Jahre bei dem geliebten Vater.
Dieses mir so unbeschreiblich interessante Schriftchen sollte ich wohl verbrennen. Wer könnte sich später wohl dafür erwärmen?
Feuer ist der sicherste Versteck; könnte ich mich nur dazu entschließen!
Meine Theuren, wann bin ich bei Euch?
Den 10. April 1881
Agnes von Mach, geb. v. Massow."
Inhaltsverzeichnis
Reise von Poganitz in Pommern nach Freienwalde 1 - 5
Erster Aufenthalt in Freienwalde 5 - 7
(Vorstellung bei der Königin - Mutter)
Aufenthalt in Berlin 7 - 11
Aufenthalt in Potsdam 11 - 17
Ball im Schloß 16 - 17
Erste Vorstellung bei den Majestäten 16 - 17
Reise nach Freienwalde 17 - 18
Zweiter Aufenthalt in Freienwalde 18 - 19
(Abschied von der Königin - Mutter)
Rückreise nach Stolp 19 - 21
Rückreise nach Poganitz 21 - 23
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Den 24. August verließen wir das angenehme Poganitz und kamen sehr gut in Stolp an, setzten den lieben Hans Pirch im Kadettenhause ab und fuhren im Hotel zu Paris vor; fanden dort eine zahlreiche Gesellschaft, aus Reisenden bestehend, nahmen mit dieser ein wohlschmeckendes Mittag ein und amüsierten uns prächtig; als Eingang zu diesem Vergnügen machten wir die Bekanntschaft des Kriegsraths Schock, der mit lebhafter Freude unseres lieben Bruders Ferdinand gedachte, nach seinem Wohl sich erkundigte und die herzlichsten Empfehlungen an ihn uns auftrug. Dann wurde die Unterhaltung allgemeiner; die liebe Schwester Dörtchen wurde durch einen Umstand veranlasst, etwas von den freien Manieren der Franzosen zu erzählen, auf deren Leichtigkeit und Gesprächigkeit sie einige satyrische Ausfälle machte, und am Ende erwies es sich, daß die Gesellschaft größtenteils aus dieser Nation bestand, und daß d i e nur gut wegkamen, die gar nichts von der deutschen Sprache verstanden; übrigens hatte dies für die Erzählerin keinen nachteiligen Einfluss, man hörte ihr ferner mit Wohlgefallen zu .
Um 6 Uhr langten wir in Schlawe an, fanden durch Paul vorbereitet, ein wohlarrangiertes Logis und einen gut besetzten Tisch, an dem ich mich aufs Schleunigste hinzusetzen durch den Hunger gezwungen ward und die Fortsetzung bis zum Mittagsquartier lasse, nämlich meiner Erzählung.
Nemitz, den 25. Hier kamen wir bei schönstem Wetter sehr vergnügt und glücklich an; sobald das Mittag eingeleitet ist, schreibe ich zur ferneren Aufzeichnung unserer gestrigen Begebenheiten, unter denen sich eine Bekanntschaft, die wir noch im Negligee machten, vorteilhaft auszeichnete; es erschien ein junger Mann von Adel, dessen Mutter eine alte Bekannte meines Massow war; diese ließ ihn durch ihren Sohn begrüßen.
Als er eintrat, saßen wir gerade beim Abendessen, luden ihn deshalb mit dazu, welches er annahm, und - wie die Folge zeigen wird - viel zu unserem Agrement beitrug. Erst fragte ihn mein Mann, ob er nicht gedient habe oder wenigstens einen Trieb fühle, dem Staat als Militär zu nützen, worauf er versicherte, er habe schon seinen Abschied genommen und zwar sei er
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als Cadett außer Dienst gegangen, wo ich mich des komischen Gedanken nicht erwehren konnte, daß man ihm für diese mühevolle Zeit die Erlaubnis hätte geben können, fernerhin die Uniform zu tragen.
Wir rühmten das niedliche Städtchen Schlawe und adressierten ihm hierüber das Wort, worauf er mit dem lächerlichsten Selbstgefühl erwiderte: "Für jemand, der die Lebhaftigkeit haben will, ist es ein äusserst sehr trauriger Ort, aber für einen, der nach dem Grabe hin will, ist es ein äusserst sehr schöner Ort."
Dies sagte er mit dem Bewußtsein, wie schade er fürs Grab, also auch für Schlawe sei.
Zu einiger Aufmunterung reichten wir ihm saure Gurken zum Braten, welche er nicht nahm und dabei beteuerte, so gerne er sie speise, täte er es doch nie, denn sie blähten ihn entsetzlich.
Die liebe Schwester Dörtchen versicherte ihm hierauf trocken, sie könne sich so nicht überwinden, würde aber bei jeder daraus entstehenden Wirkung seiner gedenken.
Am Ende wünschte er meinem Manne Glück, daß er die Reise mit zwei so lustigen Damen machen könne; nun ging er mit vielen Komplimenten zum Hause hinaus und wir ohne diese ins Bett.
Hier in Nemitz fanden wir eine betrübte Wirtin, denn in der Nacht hatte man ihr eine Kuh gestohlen. Mann und Sohn schwangen sich eben aufs Ross, der lieben flüchtigen nachzuhetzen; wir aber erwarten indess sehnlich eine Schüssel Erdtoffeln und grillierten Putenbraten, welchen Eva präpariert.
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