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Thema: Grass, Günter (Lagos / Algarve)

  1. #1
    Avatar von Benzini
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    Grass, Günter - Lagos, Algarve


    Im Herbst duften die Wege entlang der Steilküste nach Fenchel und Feigen. Und unten, in den kleinen Strandbuchten wenden hübsche Frauen ihren Körper nach einem peniblen Zeitplan, um mit ihm am Abend auszugehen. Die häßlichen Menschen sind alle in Albufeira und Portimao, verbrennen und fotografieren ihr Essen. Hier gibt es keine häßlichen Menschen. Vielleicht im Juli und August, wenn Hools aus Essen und Liverpool einfallen, sich besaufen, prügeln und versuchen was zum Ficken zu finden. Diese Zeit meide ich. Und ich bewundere die Einheimischen für ihre Freundlichkeit, die sie sich trotz dieser häßlichen, alljährlichen Prozession erhalten.

    Es gibt einen ehemaligen Sklavenmarkt. Das afrikanische Blut, daß über diesen Kanal nach Europa geflossen ist, hat hier im Süden Spuren hinterlassen. Viele sind dunkel und schön. Und sie kochen interessante Gerichte. Es gibt seit 4 Jahren einen Yachthafen. Aber das wird nie ein St. Tropez werden. Die portugiesische Mentalität verhindert jedwedes ehrgeizige Streben. Für den Bau der Hafenpromenade hat man allein sieben Jahre gebraucht. Zweihundert Meter jedes Jahr. Es gibt eine Villensiedlung, etwas westlich, nach Porto de Mos. Prächtige Häuser, inmitten irrsinnig gepflegter Gärten und Hecken. Sie ist immer leblos. Mit Mühe trifft man auf einen Gärtner. Und es gibt das lächerlichste Museum der Welt. Neben einem Splitter vom Kreuze Jesu Christi ein Stück der Berliner Mauer. Die Attraktion habe ich vergessen. Sie war jedenfalls zum Totlachen.

    Ich weiß nicht, warum ich das alles so umschreiben muß. Ich hasse das. Vielleicht, weil die Begenung so dürftig war.

    Also, ich geh mal zu dem Laden am Praca Gil Vicente, Zeitungen, Zigaretten und Kaubonbons für alle zu kaufen. Ein Mann fällt mir auf. Daß heißt, zuerst seine auffällige Kleidung: Wie Hannibal Lector auf Santo Domingo - feiner, heller Leinenanzug, leicht verbeult, Hut. Dann dieser Bart. Günter Grass, denke ich. Der, der da rausgeht, mit der "Zeit" sieht jetzt echt aus wie Grass. Aber ich glaub nicht daran. Der passt hier nicht her, denke ich. Mit seiner schrecklichen literarischen Depression.

    Als ich es später erzähle, sagt meine Freundin:
    natürlich. Natürlich war das Grass. Der hat hier `ne Villa. Wenn er nicht da ist, vermietet er sie an Studenten, die dafür seine Blumen pflegen.

    Ich begreife das nicht. Günter Grass, mit seinem schrecklichen "weiten Feld", hier, in Lagos. Ich begreife nicht, daß das Günter Grass gewesen sein soll.

    Ich glaube Orte verändern sich nicht.
    Wir verändern uns.
    Geändert von Benzini (18.12.2001 um 11:07 Uhr)

  2. #2
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    Die Algarve ist jetzt scheisse.
    In der Geschichte ist ein falsches "daß" versteckt.
    Grass ist gut.
    Die Stränge schweifen nicht mehr so schön ab wie früher.
    Das liegt an Arschmakrelen wie Dir, Benzini.
    nice to be arschmakrele!

  3. #3
    Avatar von Benzini
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    Hallo Tristram!

  4. #4
    [Member] Avatar von Herr Cohn
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    Ich mag die Geschichte. Grass hat ohnehin was von Hannibal Lector. Und Benzini bekommt Konturen.

  5. #5

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    Die Attraktion des Museums in Lagos ist ein sechsbeiniges, ausgestopftes Zicklein sowie eine Sardine im Ätherglas mit zwei Köpfen.
    Benzini: Du hast so recht, Portimao und Albufeira sind die Heimat der hässlichen Menschen. In Lagos herrscht Schönheit. z.B. im "Mullen's" in der Rua Candido dos Reis - eine Bar, in der seit 1986 das gespielt wird, was erst 12 Jahre später "Easy Listening" genannt wurde.

    Auf dem alten Sklavenmarkt gibt es bei Pablo die leckersten Pistazien - und am intensivsten nach Feige und Fenchel duftet es, wenn man den Abstieg zum Praia do Pinhao wagt. Herrlich.

    Benzini, warum reimst Du sonst so zwanghaft und schlecht? Es geht doch auch anders, siehe hier.

    P.S.: Der Titel hat mich verlockt, das Posting trotz IGNORE zu lesen.
    Aber "Arschmakrele" bin ich nicht... ich hasse dieses Wort, es ist überstrapaziert, nicht zuletzt durch Schmidtchen. Der reitet immer gerne alles tot.

  6. #6
    Avatar von Benzini
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    Hoppla! Und ich dachte, jetzt setzts wieder Prügel.

    Das Zicklein und die Arschsardine. Mir scheint, das war´s. Im "Mullens" müsste allerdings mal wieder sTaub gewischt werden. Alles begraben unter einer drei Zentimeter dicken Koksschicht. Und vor Mitternacht spielen sie nur noch Ella, Billie und Armstrong. Jeden Abend.
    Für musikalische Abwechslung sorgt dagegen der uralte Betonrohbau dieses achtstöckigen Hotelalptraums im Westen, wenn man sich auf den Weg zum Praia do Canavial macht. Wenn im Wind die Stahlstangenbündel singen, wie ein seltsam kosmisches Windspiel.

    PS:

    Der Reim, vielleicht versteht ihr das:
    ein Fässchen abgestandner Hass.
    Oder auch kleine, rote Blüten -
    von mir aus: Bütten-Wut in Tüten.

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