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Thema: Wowereit, Klaus (SPD)

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    Avatar von Joachim Lottmann
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    Klaus Wowereit (SPD)

    Was bisher geschah: Der aufstrebende Großstadt-Parvenu und Möchtegern-Reporter Jolo (Joachim Lottmann) spioniert den Noch-Kanzler der Bundesrepublik Deutschland (Gerd Schröder) aus, um eine Serie für eine um Einfluß ringende überregionale Zeitung (Süddeutsche Zeitung) mit dem Titel "Schroeder's world" zu schreiben. Seine Nichte Hase (Sarah Haase) unterstützt ihn dabei als Lockvogel. Nach Ende der Serie, für deren Recherche Jolo den Kanzler tatsächlich trifft, wechselt der gewissenlose Journalist als gemachter Mann zur Konkurrenz F.A.Z. (Frankfurter Allgemeine Zeitung). Wieder verspricht er dem ihn abwerbenden Ressortleiter Flo (Florian Illies), den Kanzler gut zu kennen und viel über ihn zu schreiben, auch persönlich und 'menschlich'. Inzwischen ist man im Wahljahr und die Leute interessieren sich für dergleichen. Ressortleiter Flo weiß, daß nur Jolo an die Kanzlergattin Dorchen (Doris Schröder-Köpf) herankommt. Dabei holt der sich eine deprimierende Abfuhr und überlegt für eine Minute, sich mit einer Schrotflinte zu erschießen. Er findet eine andere Lösung: Im Schlußspurt des Wahlkampfes wird er Mitglied von 'Das Junge Team / jusos fuer schroeder.de' und kämpft für den Kanzler. Dabei verliebt er sich in die junge Aktivistin Funny Phil (Philomena Handschke). Die Vorsehung will es, dass sie gemeinsam den SPD-Star 'Wowi' (Klaus Wowereit) kennenlernen. Schalten wir uns nun nochmal ein in den laufenden Text, liebe Forumsleser:

    ...Ich mußte sie einfach gefühlt haben, diese sich blähenden Tellerminen, und wenn es mir die Hände dabei abriß! Doch im Ernst, was sollte geschehen? Ging es schief, konnte ich laut und künstlich lachen und es als verständlichen Scherz in verständlicher Lage darstellen. Sowas kommt vor in solchen Situationen, nichts Menschliches sei uns fremd! Sorry natürlich, klar, tut mir leid... ist ja total verrückt eigentlich... und das Wetter, unglaublich... hätt ich selbst nicht gedacht... na, Schwamm drüber!
    17 Uhr war vorbei, die Sonne stand schon schräg, es war, wie ich heute weiß, der letzte echte Hochsommertag überhaupt, am nächsten Tag begann der Herbst mit einem jähen Temperatursturz. Jörg-Otto wirkte nett und natürlich, hatte ein altes braunes Polo-Hemd an. Er war etwas mollig, was zu seinem Alter paßte. Die Hitze hatte ihm sogar eine fast schon gesunde Hautfarbe verschafft. Die 70er Jahre Goldrandbrille für Kassenärzte hatte er gegen eine normale Sonnenbrille getauscht. Er war der einzige, der nicht Sunnys, sondern MEINE Nähe suchte, da er mich für einen Journalisten hielt. Ich trug nämlich einen Bundestags-Presseausweis der Süddeutschen Zeitung am Revers, um mich wichtig zu machen. Den Genossen erzählte ich, ich sei ein wichtiger Journalist, und Phil, ich sei ein großer Schriftsteller. Eines Tages sagte sie mir aufgeregt, Jörg-Otto würde mich kennen, wahrscheinlich aus dem Fernsehen kennen. Das war mein Ritterschlag. Nun war ich in Phils Augen ein Prominenter, ein Günter Grass in jung. Natürlich war ich nie im Fernsehen, tat aber sofort so. Ich ahnte sofort, warum Spiller grübelte, er habe mein Gesicht schon einmal gesehen. Ich war ja auf all seinen Wahlveranstaltungen!
    Die jungen Leute pickten unermüdlich den Müll in die Plastiksäcke. Sie sahen aus wie... niemand. Sie sahen nicht wie junge Leute aus, nicht wie die, die MTV gucken und sich cool anziehen. Es gab nichts, was einem an ihnen auffallen konnte. Der eine trug ein "Stoppt Stoiber"-T-Shirt, und selbst das war mir nicht aufgefallen. Erst als Phil von "dem mit dem Stoppt-Stoiber-T-Shirt" gesprochen hatte, hielt ich nach ihm Ausschau. Tatsächlich, da stand sowas drauf. Grüne Schrift, blauer Grund, hatte er wohl selbstgemacht. Hatte das Hemd nicht schon sein Vater getragen? Andere vom jungen Team trugen Jeanshemden, Jeans, Armyhosen, Kurzhaarschnitte, mit einem Wort: Sie sahen alle aus wie der ewige Herbert Grönemeyer, der Deutsche aller Deutschen. Auch Funny Phil unterwarf sich durchaus diesem dress code. Ihr bundeswehrgrünes Männerunterhemd hätte sie von dem Typen mit dem Stoiber-Hemd haben können, und auch sie trug eine äußerst unvorteilhafte Armyhose, die ihren festen Hintern breit und plump wirken ließ, fast wie den ihrer drüsenkranken Mutter. Ihr Gesicht war voller Pubertätspickel wie die Gesichter anderer Junggenossen, was mich jedoch nicht störte, bedeutete es doch, daß Phil noch keinen Liebhaber hatte und die körperliche Liebe, wie sie ein älterer Mann zu schenken vermag, nicht kannte. Wir bückten uns, Phil bückte sich, ihre Rundungen stachen mir noch mehr ins Auge. Diese nuklearen Sprengsätze! In meiner Kindheit hatte es noch den Terminus 'Busengrapscher' gegeben, die Bild Zeitung arbeitete damit. Damals hatten die Männer wohl mehr Schneid gehabt. Heute dachten diese Jungens hier an nichts anderes, doch keiner traute sich. Wenn ich es nun tat - welcher Triumph! Da konnte sie mich doch nachher behandeln, wie sie wollte. Sie konnte ja so streng gucken, wie Kurt Schumacher. Egal. Das konnte mir keiner mehr nehmen, sowas würde ich nie vergessen. Ich lockerte die Finger wie ein Pianist vor dem entscheidenden Einsatz.
    Autos fuhren tuckernd in der Ferne vorbei, auf dieser entlegenen ehemaligen Grenzstraße, nicht viele, immer mal wieder eins, wie auf dem Lande. Wir hatten uns weit von den anderen entfernt. Funny schwitzte leicht. Sie war reserviert, wich mir immer aus. Irgendwie, ich wußte nicht warum, wirkte Phil in diesem Brutofen stinkender Ost-West-Vergangenheit dicker auf mich als sonst. Würde sie später ebenfalls einmal in die Breite gehen? Ich musterte unverhohlen und mit unbestechlichen Blick ihren Körper von oben bis unten, obwohl sie mich dabei ansah. Dann stand mein Urteil fest: Nein, sie würde immer hübscher werden und in zwanzig Jahren so aussehen wie Karin Graf. Dann würde sie auch wie diese zwei Kinder haben, die so aussähen wie Funny heute. Ich geriet ins Grübeln. Und weil ich längere Zeit nichts sagte, richtete sie erstmals von sich aus das Wort an mich.
    "Weißt Du etwas über die Geschichte der Berliner Arbeiterbewegung?"
    "Nein, nichts. Würde ich aber gern!"
    Heureka! Wir hatten ein Thema! Wir konnten über etwas anderes reden als nur über den Gerd.
    Nach der "Aktion Mauerputzen" gingen Phil und ich spazieren, Richtung U-Bahn. Gemeinsam fuhren wir nach Moabit, wo sie wohnte. Ich ließ mir alles über August Bebel erzählen. Sprechend kommt man sich ja ohnehin näher, und so saß ich am Ende der Fahrt schon fast auf ihrem Schoß. Dann gingen wir noch ein Stück, bis zu ihrer Tür. Diesmal war ich es, der sprach. Über Guy de Maupassant. Zu meiner Überraschung hatte sie einen Roman von ihm gelesen, den ich noch nicht einmal kannte. Und sogar auf Französisch. Das hieß freilich nicht viel. Im Original bekommt man immer nur die Hälfte mit. Trotzdem erstaunlich: unsere deutschen Schulen! Funny ging aufs deutsch-amerikanische Gymnasium in Zehlendorf. Das war zweisprachig. Jeden Tag fuhr sie zweimal stundenlang quer durch Berlin deswegen. So wichtig war den Deutschen die Ausbildung. Nur deswegen wurde soviel Wirbel gemacht um die bizarre Pisa-Studie. Also, sie fuhr durch Berlin, hörte ihren Unterricht in Englisch, las dabei Maupassant auf Französisch, lehrte über August Bebel und hatte einen Gesichtsschnitt wie Julie Driscoll. Ich mußte sie haben.


    Ein Parteigenosse sollte nie das private Wohl über das der Partei stellen: Mitten in meine beginnende rot-rote Liebesgeschichte platzte vier Tage vor der Wahl die Wende zum Schlechten, die Wende zu Stoiber! Ich will der Reihe nach über das Schreckliche berichten:
    Funny Phil und ich waren als Cheerleader zu einem Einsatz des Das Junge Team / Jusos fuer Schroeder.de abkommandiert, mit dem Titel "Wowereit für Spiller". Der bekennende Bürgermeister sollte dem Kandidaten unseres Wahlkreises im Wahlkampf helfen, damit der wiedergewählt werde. Jörg-Otto hatte nämlich nur einen Listenplatz auf den hintersten Rängen und mußte direkt gewählt werden. Das war nicht leicht gegen den 80er Jahre Popstar Prince alias Stefan Liebich, dem die Herzen der (Ossi-)Fraun' entgegenschlugen. Prince, den kannten sie, da stand die Mauer noch und Mick Jagger war auch noch am Leben. Jörg-Otto dagegen... Jedenfalls machte ich mich um 17 Uhr fertig, da die Veranstaltung um 18 Uhr beginnen sollte. Bevor ich das Haus verließ, schaltete ich blitzschnell für wenige Sekunden den illegalen Strom ein, an den Augen der miesen Nachbarin vorbei, und sah völkerrechtswidrig den Fernsehsender n-tv. Was ich sah, war furchtbar. Ich sah einen überschäumendglücklichen Edmund Stoiber, der einen Zettel inmitten einer kreischenden Menschenmenge in die Luft reckte und so etwas krächzte wie:
    "...and never will go into war with one another again...!!"
    Natürlich auf Bayrisch. Sinngemäß meinte er, es werde keinen Krieg geben. Im Irak. Im Wahlkampf. Kein Kriegsthema mehr im Wahlkampf. Kein Schröder mehr mit dem Satz 'Unter meiner Führung wird sich Deutschland an einem Krieg im Irak nicht beteiligen'. Und damit kein Sieg mehr für die SPD. Nun ging es wieder um Nettoneuverschuldung und Bruttokreditaufnahme der Einzelkörperschaften und Kommunen und so weiter. Stoiber war Kanzler.
    Was war geschehen? Saddam Hussein hatte kapituliert. Die UNO durfte wieder ins Land. Wie versteinert brachen Schröder und Fischer ihre Reden mitten im Satz ab. Alles verloren.
    Irritiert fuhr ich mit der U-Bahn nach Wedding. In den U-Bahn-Schächten schon hunderte von fliehenden SPD-Anhängern. Ich ließ mir nichts anmerken und gelangte, unbehelligt von bayerischen Landsknechten, die sich bereits auf der anderen Straßenseite der Müllerstraße derb fluchend und Löwenbräu saufend zusammenrotteten, ins Centre Francais, wo Wowereit erwartet wurde. Ob sie als erstes nach dem Sieg die "schwule Sau derschlagn woitn wia a junge Katz"? Nein, ich bildete mir alles nur ein, Stoibers Sieg war ja erst am Sonntag offiziell. Bis dahin konnte ein homosexueller Politiker noch auftreten.
    Phil trug ein selbstgeschneidertes Kleid in beige, oder sollte es ein Mantel sein, oder ein Kittel? Das Wetter war seit Tagen umgeschlagen - auch das ein böses Omen für den Gerd - und dennoch brachte Funny es fertig, zum viertenmal in Folge ihren Busen selbst im kalten Herbstwind so zu präsentieren, daß er nahezu von allen Seiten zu bewundern und wertzuschätzen war. Fast hätte ich wieder draufgeschaut wie ein ganzes Fernsehteam, aber die Sache mit dem Irak beschäftigte mich zu stark. Ich sah nur noch, daß ihr Unterhemd diesmal SPD-Rot und nicht in Übergröße war. Eher war es zu klein, also zumindest dem (zu) gut entwickelten Bindegewebe ihrer Ausnahmebrüste nicht gewachsen. Verzweifelt spannten sich die Nähte um die expandierenden Wölbungen, aber ich beachtete es nicht. War ich etwa der Sklave bloßer fleischlicher Begierden? Weit gefehlt, ich war ein politischer Mensch. Und hungrig. Es war wirklich ein netter Zufall für mich, daß es auf den Wahlveranstaltungen der SPD immer soviel zu Essen gab. Inzwischen ernährte ich mich von nichts anderem mehr. Wowereit verspätete sich etwas, und so wurde das Kalte Buffett schon vorzeitig eröffnet. Ich nahm mir Götterspeise mit Obstsalat, danach Karamelpudding mit Soße. Die Wirkung von Phils viel zu kleinem SPD-Unterhemd war, daß ihre Titten - Entschuldigung - nicht kleiner, sondern grösser aussahen als in natura. Das war schon ein verflixter Zustand! Ein Glück, daß Wowi nun kam und redete. Auch der hatte ja seine Reize. Ich saß ganz vorne, hinter dem Mikrophon, nicht am Tisch mit Funny, die wiederum am ersten Tisch vor dem Mikrophon saß, zusammen mit der krankhaft dicken Mutter, die alle weiteren Plätze okkupierte. Ich sah also Wowi von hinten, während Funny direkt zu ihm aufblickte. Der smarte Bekennde stand natürlich, immer ein bißchen in Bewegung, ein bißchen swingend, das Mikro elegant zwischen Daumen und zwei Mittelfingern. Er hatte mich, als er noch nicht sprach, einmal unsicher angesehen, oder ich ihn. Es war so ein Flackerblick, den man normalerweise zu vermeiden gelernt hat; die Lippen zusammengepreßt, die Augenbrauen hochgezogen.
    Ein berauschender Mann. Er sprach schneller als Tony Blair und absolut überzeugend. Funny Phil grimassierte nicht mehr, was sie sonst wie alle unsicheren Teenies oft tat, sondern starrte den Redner im schwarzen Maßanzug mit offenem Mund an. Sonst lachte sie verklemmt, verdrehte andauernd die Augen, wurde rot, warf den Kopf beleidigt zurück und reckte die Brust, als wollten ihre harten Spitzen endgültig das brüchige Mieder durchbohren. Doch jetzt schaute sie Wowereit an, ernst, großäugig, völlig selbstvergessen wie ein Kind. Manchmal senkte sie theatralisch den Blick, als müsse sie sich von dem Erlebten erschauernd erholen, und schlug die Augen bei erhobenem Kopf für mehrere Sekunden nieder, was sehr artifiziell aussah. Wowi stand zum Anfassen nah vor ihr! Der absolute Superpopstar für eine 17jährige Juso-Akivistin! Und er hatte eine gute Stimme, ein fulminantes Auftreten, und niemand merkte, daß er über Haushaltsfragen und allerlei Buchhälterei sprach. Kein Wort über den Krieg, kein Wort über die soeben verlorene Wahl. Es ging um irgendwelche Bürgschaften für irgendwelche Zuschüsse, die irgendwelche unbekannten Sportvereine auf irgendwelchen Streichlisten... ich weiß es nicht mehr. Aber das Publikum lauschte gebannt. Funny Phil betete ihn an. Das Herz schlug ihr bis zum Halse, die so gewaltige wie kompakte Brust hob und senkte sich wie in bestimmten Phasen des beginnenden Liebesspiels. Mir war, als werde Wowi durch die unmittelbar vor ihm Sitzende in seiner hinreißenden Rede inspiriert. Noch nie hatte ich jemanden so schwungvoll und passioniert über die Reprivatisierung zwangssanierter Altenheimeinrichtungen reden gehört. Änderte der Bekennende gerade seine sexuelle Orientierung? Ich hätte ihn verstanden. Gleich würde er dem gut bestückten Groupie vor ihm einen Backstage Pass zustecken, und nachher ging es ab, ließ er es krachen im roten SPD Tourbus! Danach war er verdorben für die Männerwelt und die Republik verlor ihren einzigen schwulen Spitzenpolitiker. Naja, er würde sich nicht sofort outen. Man würde ihm nicht draufkommen. Es stand ja auch viel auf dem Spiel - offenbar hatte Wowi die Wahl noch nicht abgehakt. Eine Rückkehr der alten Kohlpolitiker, furchtbar. Phil war noch lange nicht geboren, als Kohl schon regierte; sie konnte sich eine Zeit davor gar nicht vorstellen. Kohl war für sie die Zeitspanne von Adam und Eva, Steinzeit, Antike und Mittelalter. Danach kam mit Schröder die Moderne. Die Gegenwart. Und nun beschwor dieser Redner einen möglichen Rückfall in tiefste Barbarei, in die kohlsche STEINZEIT! Das mußte er ihr im privaten Rahmen unter vier Augen nochmal erklären und sie trösten, ihr beruhigende Schmusesätze ins Ohr flüstern wie "keine Angst Kleines, der Gerd macht das schon". Im Moment ließ es der Bürgermeister bei ein paar Sätzen darüber bewenden, also Wahlkampfsätzen, und beendete seine Rede so kurz und prägnant wie er sie begonnen hatte. Fragen waren erlaubt.
    Alle saßen noch gebannt an ihren Arbeiterwohlfahrtstischen, niemand rührte sich. Wowi wollte schon aufspringen und zur nächsten Visite, als ich das neben mir stehende Mikro ergriff und nach dem Krieg fragte:
    "Eben in der 17-Uhr-Tagesschau habe ich Edmund Stoiber gesehen, wie er einen kleinen Veitstanz vor Freude aufführte bei der Nachricht, der Irak habe kapituliert. Wie deuten Sie das für den Wahlkampf?"
    Er sprach über das Thema der Themen. Nun war er nicht nur cool, sondern auch noch inhaltlich interessant, was seine Performance sozusagen noch geiler machte, jedenfalls in den Augen Phils, Augen, die ihn dunkel anleuchteten wie große blankgeputzte schwarze Scheiben. Es war ihr unmöglich, auch nur die kleinste Regung zu verbergen, ein Gefühl zu verstecken. Am ganzen Körper, wo immer Haut zu sehen war, und das war fast überall der Fall, trug sie kleine und kleinste Schmuckstücke, wie es bei flügge werdenden Mädchen in der BRAVO-Ära einst üblich gewesen war: selbstgenähte Stoffringe, winzige Strassperlen, ein gesticktes rotes SPD-Herz, eine Papierblume vom Mittelamerika-Stand, ein dünnes schwarzes Halsband und so weiter. Wenn ihr Mund nicht gerade so verschlingend offenstand wie jetzt, hatte sie sogar markante Lachfalten und Grübchen, was bedeutete: ihr Gesicht war bereits jetzt angelegt für diese bärbeißig-lachende Helmut-Schmidt-Souveränität, die sich in den nächsten 20, 25 oder 35 Jahren herausbilden und Philomena Handschke zu einer national bekannten, fernsehtauglichen Politikerin machen würde. Hübsch genug dazu war sie. Einige liebenswerte Attitüden, wie das lautlose Lachen bei geschlossenen Augen, würde sie sich abgewöhnen. Im Moment war ihr Gesicht einfach nur sehr jung, und so sah man nicht sofort, was man alles damit machen konnte. Nur ich sah es, weil ich sie immer häufiger traf. Um das auf natürliche Weise zu bewerkstelligen, war es leider erforderlich geworden, sich mit der Monstermutter zu befreunden. Da Funny auf Veranstaltungen fast nicht mit mir redete, fand ich mich immer häufiger in einem trauten Plausch mit der Mutter wieder. Wir sprachen meist über das Essen.
    "Na, Elvira, wieder am Wurst-Buffett zugeschlagen?"
    "Gertrude! Nicht Elvira!" lachte sie gutherzig.
    "Ich hol' mir jetzt weisse Mousse au chocolat mit Vanillesoße, Gertrud. Ein schöner Name übrigens, klingt wie Gerhard."
    Natürlich saßen wir auch jetzt wieder zusammen. Wowi war im Schweinsgallop abgehauen, mit Blaulicht und Sirene, Phil war noch benebelt und nicht ansprechbar. Ich wollte natürlich immer am liebsten über Phil reden und die Familienverhältnisse im Hause Handschke. Wie alt war das Töchterchen wirklich? Gab es einen Vater? Konnte ich Funny adoptieren, wenn ich die Mutter heiratete? Bekam ich Erziehungsgewalt und mußte Phil mir bedingungslos gehorchen? Besaß ich als bedeutender sozialdemokratischer Schriftsteller eine natürliche Autorität im weiten Kreis der Familie? Aber zu diesen Fragen kam es nicht mehr, weil diese urgemütliche Person namens Gertrude mich immer nur zu Witzchen und Kalauern animierte. Das wurde auch noch unterstützt durch den nächsten Redner, Jörg Otto Spiller.
    Die Stimmung stürzte natürlich völlig ab. Wieder diese schleifende Stimme, so holperig und unbeholfen. Nie wurde so sehr klar, daß wir in Deutschland nur vier gute Politiker hatten (den Gerd, den Joschka, den Gysi und den Wowi) und der Rest furchtbar war, einfach nur unzumutbar, und ich verstand zum erstenmal diesen Satz, der mich, das Politikerkind, von Kindes Beinen an verfolgt hat: "Politik ist ein schmutziges Geschäft!" Gemeint war die Unsauberkeit im Denken und im Auftreten, die Spiller gerade vorführte:
    "...auf jedn Kopp, äh, kommen da nämlich 400 Milliarden Euro, pro Nase! Jedes Jahr... öh... und das mussma sich ma voostelln, wat das dann in Maak is: nämlich 800 MILLIARDEN Maak pro Kopp Neuverschuldung, allein aus dem Zinsendienst. Damit is noch nix getilgt. Und das, meine Damen und Herrn, is die CDU!"
    Ich faßte mich an den Kopp. Das war ja hanebüchen hoch zwei. Spiller sprach sehr langsam, hangelte sich von Wort zu Wort, wie ein Sterbender. Ob er jetzt noch Chancen hatte bei Philomena, dem bundesweit einzigen lebenden weiblichen SPD-Mitglied mit Sex Appeal? Oder hatte der ganze Ortsverband Philli an den Bekennenden Bürgermeister verloren? Es war Zeit, mit ihr zur U-Bahn zu laufen und sie wieder nach Hause zu bringen. Meine schönsten Momente in jener Zeit.
    Eine Anstandsfreundin war mit dabei, ebenfalls vom Jungen Team / Jusos fuer schroeder.de, aber nicht so hübsch. Die war aber natürlich viel interessierter an mir als Philli. Frauen wie Philli müssen Tag und Nacht supergarstig sein, um nicht aufgefressen zu werden. Ich finde das sehr nachvollziehbar und völlig in Ordnung. Am Ende heiraten sie den alten Gärtner der Eltern, weil der schon etwas esoterisch ist und jenseits von Gut und Böse. Aber diese andere Freundin stellte mir aufgeregt Fragen. Ich schloß daraus, daß über mich bereits geredet wurde. Die junge Frau reizte mich seltsamerweise nicht; ihr Busen war so glocken- und flaschenförmig und reichte ihr bis fast an den Gürtel, ihr Kreuz war krumm, ihr Rücken gebeugt, schon mit 20 Jahren. Ich weiß, daß man so nicht denken sollte. Ich hatte ein schlechtes Gewissen deswegen und machte es durch übertriebene Freundlichkeit wett. So versprach ich ihr, sie mitsamt Philli zur großen Kanzlerparty am Wahlabend mitzunehmen. Sie wurde immer interessierter, bis Philli eifersüchtig wurde und meine Nähe suchte. Und wenn ich sage Nähe, dann meine es so. Sie rückte an mich heran, drehte ihre Geschütze verdächtig gekonnt zu mir. Beim Abschied umarmte sie mich mit betont doppelter Länge und Bedeutung: erst die übliche Sekunde, dann eine angedeutete Lockerung, und dann noch weitere zwei Sekunden, die es in sich hatten: ich spürte ganz deutlich und überreal ihre göttlichen... ich kann es nicht ausdrücken... an meinem Brustkorb, eine Männerphantasie wurde wahr, und das so unerwartet! Ich könnte seitenlang darüber schreiben, will aber nicht in den Verdacht kommen, ein Busenfetischist zu sein. Das bin ich mitnichten. Nicht ich habe Phil geschaffen, Gott ist es schließlich gewesen...
    Ich scherte mich nicht mehr um das Stromverbot, als ich wieder zu Hause war. Ich mußte wissen, wer die Wahl gewonnen hatte. Stoiber, Schröder, oder Philli. Oder Westerwelle. Und als Überraschungsgast Gregor Gysi. Wiedeì¥Á g d ¿ uz
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    Klar war mir, daß Möllemann noch etwas tun würde, für uns, für Philli und mich, für das Bessere Deutschland. Also noch einen letzten Flop produzieren würde, unmittelbar vor der Wahl. Auf den 'Quartals-Irren' konnte man sich verlassen. Also noch irgendeinen Juden-Vergleich, eine Beleidigung Friedmanns, ein Fallschirmabsprung direkt auf der Synagoge, ein Fremdouting Westerwelles ("Ich habe nichts gegen gleichgeschlechtliche Partnerschaften, siehe Westerwelle und sein Freund, immerhin mein Parteivorsitzender meine sehr verehrten Damen und Herren liebe Freunde und Freunde!!"), oder noch was Schlimmeres. Und er tat es auch. In fünf Millionen Haushalte ließ er ein ganz besonders häßliches Schnappschuß-Foto von Michel Friedmann in die Briefkästen werfen, daneben ein Text gegen die Kriegstreiberei Sharons, vermengt mit den schon bekannten Beleidigungen. Am Freitag Morgen hielten es die Bürger und Journalisten in der Hand, komplett überrascht. Niemand in der ganzen FDP hatte davon etwas geahnt, nur ich. Ich kannte meinen Möllemann, immerhin ein alter Seelenverwandter, nicht inhaltlich natürlich. Das ausschlaggebende zusätzliche Prozent war also da, der Sieg sicher - bis zum Nachmittag.
    Dann geschah das Eigentor der Justizministerin. Ich sage es geschah und nicht sie schoß es, weil sich das Land inzwischen in Absurdistan verwandelt hatte, in ein Tollhaus. Niemand schien noch die Kontrolle über sein eigenes Handeln zu haben. Alles schien nun möglich, sogar, daß die Justizministerin von Deutschland den Präsidenten der USA mit Adolf Hitler gleichsetzte. Und so geschah es!
    Das Blöde dabei: die Reaktion der USA fiel hart aus. Als ich von dem Hitler-Bush-Vergleich um 16 Uhr zum erstenmal hörte, dachte ich zunächst:
    "Bush wie Hitler? Hm, schon richtig, aber ist das opportun in beiden Lagern, bringt das auch Stimmen in der Union? Naja, Hauptsache es mobilisiert die Stammwähler", und hakte es ab. Plötzlich dieser Ärger. Schröder mußte sich entschuldigen.
    Scheiße. Immer neue zutiefst empörte Depeschen aus Washington ließen die Hitler-Schote bald wichtiger erscheinen als Möllemanns hübsche Guerilla-Aktion. Der Vorteil war wieder weg. Es stand unentschieden, bestenfalls. Die Süddeutsche Zeitung titelte: Die Union stimmenmäßig wieder vorn (in Bayern verwandten selbst Gebildete gern das Suffix -mäßig). Funny Phil und ich schoben Sonderschichten an den Infoständen. Es hatte mich richtig gepackt. Ich trug ein rotes base cap mit dem SPD-Logo und ein T-Shirt aus der Kampa mit dem Aufdruck "Ich wähl' Doris ihren Mann seine Partei" und verteilte SPD-Broschüren. Ich sprang die Passanten an ("Schon mal Schröder gewählt?!"), hatte es aber nicht so leicht wie Phil, die schon auf natürliche, biologische Weise Interesse erweckte, vor allem bei Männern. Auch sie trug ein Kampa-T-Shirt, und jeder männliche Bürger wollte in aller Ruhe und Ausführlichkeit den Sinnspruch darauf entziffern. Viele hatten dabei Leseprobleme, waren kurzsichtig und geistesabwesend. Manche brauchten 30 Sekunden, um das "Dranbleiben, Gerd!" auf dem extremen Frauenoberkörper zu begreifen. Zwei Senioren verloren fast die Fassung, dem einen rutschte die Brille von der Nase, der andere mußte sein Gebiß wieder reinschieben. Die Stimmung war sehr aufgeregt. Die Menschen lachten uns an, machten Siegeszeichen, riefen "Ich wähl Euch!" oder "Sowieso den Schröder, klar doch!" oder sowas. Nur eine Minderheit lehnte die Broschüre ab. Das waren die Unsympathen. Mitglieder der böse heraufdämmernden Ellenbogen-Gesellschaft Edmund Stoibers. Ich sah meine Nachbarin darunter, die mir immer den Stecker rauszog und mich bei der Hausverwaltung denunzierte. Jetzt kamen sie bald aus ihren Löchern, die Spießer und krawattetragenden Widerlinge, die pingeligen Rechthaber und Kleingeister: "Auch ein Ausländer und äh Schwarzafrikaner, der falschparkt, muß polizeidienstlich erfaßt und äh ebenso wie ein Deutscher in all seinen Pflichten äh gebrandmarkt und zur Rechenschaft meine Damen meine Herren bis hin zur kon-se-quen-ten Verbringung in äh Abschiebehaft!!" Kein Wunder, daß eben diese Ausländer gern an den Info-Stand kamen und Phil und mir viel Glück wünschten. Argentinier, Norweger, Briten, Inder, Türken. Ich war gerührt.
    Die Broschüren waren immer schnell aus den Händen gerissen, und ich mußte neue holen. Phil ging es ebenso. Dann trafen wir uns im Kampa-Bus und unterhielten uns ein bißchen. Ich erfuhr, daß sie im Schul-Chor sang und bald in der Aula des John-Foster-Dulles-Gymnasiums anläßlich eines Liederabends singen würde. Ich merkte mir sofort Ort und Zeit. Das mußte ich erleben! Schwungvoll warf ich mich wieder in die Menge und agitierte. "Schon mal unseren herrlichen jungen Kanzler gewählt? Den Schröder?"
    "Warum sollte ick denn DAS tun?" fragte ein dicker, alter Sextourist und sah mich gütig an, als wäre er weise.
    "Probieren Sie es aus, danach fühlen Sie sich besser", sagte ich. Er grinste überlegen. Offensichtlich war er betrunken. Es ekelte mich sehr vor ihm, vor allem, wenn ich mir die sympathischen Thailänderinnen vorstellte, die seinen Körpergeruch über Stunden ertragen mußten.
    "Warum sollte ick mich denne dann bessa fühln?" schmunzelte er und baute sich vor mir auf; er schwankte.
    "Es ist so. Vertrauen Sie einfach darauf, auch wenn Sie nicht an Schröder glauben. Jeder, der sich an Schröder wendet in der Not, wird erhört werden."
    "H-h-h... wat machen Sie denn so?" Er hielt mich für einen komischen Vogel, aber gleich würde er umfallen.
    Ich wollte mich anderen Wählern zuwenden, aber er blieb so dicht vor mir stehen, daß seine Wampe mich berührte. Ich zeigte auf Phillichen.
    "Sehen Sie mal... die da!"
    Er drehte unwillig und langsam den aufgedunsenen Touristenkopf. Man sah richtig, wie ein Gedanke in ihm aufkam, wie ein Streichholz, das entzündet wurde, und runterfiel in einen langen Schacht, in dem unten knietief Benzin herumschwappte. Ich brachte mich rechtzeitig in Sicherheit...
    Abends hielten alle sechs Parteien, denn so viele gab es damals noch im Bundestag, ihre Abschlußkundgebungen ab. Auch die Fernsehsender feierten mit einer letzten Überdosis Sondersendungen das Wahlkampf-Ende. Alle Reporter waren im Einsatz, jeder bekam noch einen Extra-Sendeplatz, und wenn es um vier Uhr morgens war. Schröder tobte in der Dortmunder Westfalenhalle vor 16.000 vollkommen enthemmten Fanatikern, alle im Rollstuhl, alt und krank, taub und blind, und ehrlich begeistert. Fischer war noch besser. Er redete noch perfekter als Wowi am Tag zuvor. Die PDS wurde immer nur sekundenweise übertragen, weil sofort Zuschauer anriefen, die es zu langweilig fanden. Es waren diverse Schaltkonferenzen eingerichtet, immer wurde zwischen den sechs Veranstaltungen, besser gesagt fünf, denn die PDS zählte nicht, hin und her geschaltet. Erst als Schröder schon fertig war, kam auch die Gysi-Partei zu dreizehn Minuten Direktübertragung, weil nämlich nach Zonen-Gabi Zimmer überraschend und außerplanmäßig noch Gregor Gysi auftrat mit einem verlängerten Grußwort. Ärgerlich für Stoiber: Er hatte extra länger geredet als Schröder, um als alleiniger Redner in der Direktübertragung von ARD, ZDF, n-tv, SAT1, Phoenix und N24 dazustehen, doch nun übertrugen sie nur Gysi.
    Und er machte wieder einen Fehler, der Stoiber. Er redete einfach auch den noch Gysi zeitlich zuende. Und redete dann weiter, nun endgültig als alleiniger Redner. Und geiferte und hetzte weiter und weiter. Nochmal eine Viertelstunde, und noch eine. Und nochmal eine. Und seine scheußliche Stimme bohrte sich bis zur Schmerzgrenze in die bundesdeutschen Ohren, bis man es fast nicht mehr aushielt.
    "... meine Damen meine Herren, ich sag' nur immer, nicht wahr, was erlauben Schröder, Flasche leer, Schröder hat fertig! Meine sehr geehrten Damen meine Herren, ein Sozialhilfeempfänger hat unter Schröder eine bessere Krankenversorgung als ein armer kleiner Unternehmer, der am Ende noch persönlich haftet für Millionen von Euro, die er in da reingesteckt hat!!..."
    Oftmals glühten die Röhren durch, oder die Sicherungen, oder die Leute schalteten das Gerät selbst ab. Das war "die Abstimmung mit der Fernbedienung". Irgendwann erlosch auch im letzten deutschen Haushalt die Stimme des Scheusals. Aber wie würden dieselben Deutschen, die noch in dieser Nacht so mutig den Stoiber weggezappt hatten, in der Wahlkabine handeln?

    (Auszug aus "Joachim Lottmann: Der Untergang der Berliner Republik", Erzählung,113 Seiten, Verlag Kiepenheuer & Witsch, ab 10/2002, Euro 7.90)

  2. #2
    Avatar von lacoste
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    ERSTER!!!!

    (Ich habs zwar noch nicht gelesen, aber ich wollte Honzens Lobeshymne zuvorkommen, hehehehe....)

  3. #3
    Moderator Avatar von Ruebenkraut
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    In der Mitte ist etwas Textverarbeitungskaries.

    Ansonsten hats meinen Tag gerettet, echt.


    Außerdem lacoste: Ich bin ERSTER (jedenfalls erster reagierender Leser) , Ätsch
    Geändert von Ruebenkraut (21.09.2002 um 17:11 Uhr)

  4. #4
    Avatar von Aporie
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    Wortmann Lottman ist der einzige, der den Karren noch aus dem Dreck ziehen könnte. Er soll nach Stoiber Bundeskanzler werden. Als Schweizer habe ich keinen Einfluss auf die Wahlen von morgen, aber wenn Lottmann so weitermacht, werde ich bis in vier Jahren zum deutschen Glauben übergetreten sein.

  5. #5
    Sitzduscher Avatar von Frau Rossi
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    Es sind sogar Ansätze von Absätzen erkennbar, reichlich benutzerfreundlich- es besteht Anlaß zu Hoffnung!

  6. #6
    [Member] Avatar von Herr Cohn
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    Das wären pro Seite 0,14303797 Cent. Preiswerte Hoffnung.

  7. #7
    Abebe Lowumbo Avatar von joq
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    habs meiner Frau vorgelesen, sie hat sehr gelacht. Ich musste auch beim Vorlesen lachen.
    More gin in teacups

  8. #8
    Member Avatar von Der Frisör
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    Und was hat das ganze Geschwurbel im Neuankömmlingsstrang zu suchen? Schon den 10seitigen-SPD-Mädchen-Batzen hat Lottmann als Gysi-Papparazzi-Geschichte versenkt. Kennt der Mann gar keine Navigation?

  9. #9
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    Das Dinge-Falschmachen ist Lottmanns Fetisch.

  10. #10

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    Wie üblich: Der Hipness-Versuch eines Unhippen ("Absurdistan, "in ein Tollhaus verwandelt", "Zonen-Gabi").

    Dabei, wenn auch nicht gerade amüsant, so doch zumindest amüsabel. Eben auch wie üblich.

  11. #11
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    Das waren die Stellen zum Lachen?

  12. #12
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    Nach diesem entsetzlichen, blutleeren, deprimierenden Applaus bei der "Herzogin von Malfi"-Premiere durchs Schaubühnen-Foyer gekämpft. Unangenehme Menschen, Menschen, die sich vor zwei Minuten nicht einmal zu einem "Buh" hinreisen ließen, trotz einer doch irgendwie ganz guten Inszenierung, ach, jetzt stehen sie uns im Weg, rauchen, drängeln, stehen an dieser irrsinnig überteuerten, lieblosen Bar und reden. Und mittendrin steht Klaus Wowereit. Ein wenig speckig, er ist noch runder als im Fernsehen, oder hat er zugenommen? Jovial, er erzählt eine Anekdote, seine Umgebung lacht. Speichellecker? Aber weshalb, vielleicht erzählt Wowereit ja tatsächlich charmant, vielleicht muss man lachen, wenn er erzählt? Wowereit grinst, die Umgebung lacht, ich werde weiter geschoben, auf dem Lehniner Platz stöhnt meine Begleitung auf. "Hach, waren wieder viel Promis hier!" Ich pflichte bei, ich habe ihn ja auch gesehen. Sie meinte eine Handvoll Comedy-Nasen, ebenfalls im Foyer, ihren dicken, netten Bürgermeister sah sie nicht.

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