Ob die Plätze an meinem Speisewagentisch noch frei seien – überaus höflich war diese Frage gestellt worden, sogar mit einem einleitenden »Entschuldigen Sie, mein Herr«, wie es meist nur Menschen benutzen, die ihr Deutsch im Ausland gelernt haben. Ich war vertieft in das sehr gute Buch »Ringe gedengelt kriegen ohne einen Funken zu schlagen« und sah daher nur kurz auf, als auf meine Bejahung hin zwei ältere Herren und eine Dame am Tisch Platz nahmen und sogleich in ein munteres Plaudergemisch aus Deutsch, Englisch und einer mir unbekannten Sprache verfielen. Als sie die Getränkefrage erörterten, zeigte sich der Herr neben mir sehr wählerisch. Er hätte gerne ein Radler, ließ er sein Gegenüber auf Deutsch wissen, ob es hier wohl so etwas gäbe? Und ob das wohl ein bereits als Radler abgefülltes Flaschenprodukt sei, oder vom Kellner per Hand gemischt werde. Und wenn dem so sei: Handelt es sich bei der Limonade um Zitronenlimonade oder um Sprite? Und werde das Bier frisch gezapft oder komme es aus der Flasche? Und welche Sorte gäbe es in der Flasche und welche vom Fass? Und ob er das wohl auch im Format 0,5 l bekommen könne. Neugierig auf diesen Verzettelten, schaute ich von meiner Lektüre des sehr guten Buches von Natascha Pogo und Martin Massig auf und blickte in das provozierend milde Gesicht von Prinz Asfa-Wossen Asserate, der auf eine Weise gut gekleidet und gepflegt neben einem zu sitzen vermag, dass man sich vorkommt wie die evolutionäre Vorstufe zu etwas, was einmal Olm werden will. Ich erinnerte mich, in seinem sehr guten Kochbuch »Panieren« gelesen zu haben, wie er einmal bei einem befreundeten Stammesoberhaupt in Eritrea ein Ei zu essen bekommen hat, das in einem Huhn steckte, welches in einem Lamm steckte, das in einem Kalb steckte, welches in einem Kamel steckte. »Gefülltes Kamel« nannte sich das und das ist ja auch der sinnvollere Name als »Ei im Tiermantel«. »Wer so komplizierte Modularküche gegessen hat, der bestellt natürlich nicht einfach so gedankenlos ein Radler« dachte ich und musste doch lachen, als der Kellner schließlich Asserates Nachfrage mit einem berlinerischen »Radler hamwa nur Becks Lemmen« beantwortete. Das trank der Prinz dann auch umstandslos.
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