Vor ein paar Jahren, während der Leipziger Buchmesse. Ich ging in die "Schaubühne im Lindenfels", um mir eine Lesung mit Peter Lohmeyer anzusehen: Henry Miller, Stille Tage in Clichy. Nun muss man wissen, dass die Schaubühne ein altes DDR-Kino ist, dort gibt es heute zwei Säle, vorgelagert ist aber eine Kneipe, durch die jeder durchgehen muss, um zu einer der Veranstaltungen zu kommen.
Da ich etwas früh dran war, holte ich mir ein Bier an der Bar und begab mich an einen der Stehtische. Direkt am Nebentisch,vielleicht einen Meter von mir entfernt, stand Peter Lohmeyer, der offenbar auch etwas zu früh dran war. Er war da mit einem Freund oder Kollegen und trank ebenfalls ein Bier. Peter Lohmeyer hat eine feste und deutliche Stimme, so dass ich ihn - obwohl er nicht sonderlich laut sprach - ohne Probleme verstehen konnte. Die ersten Zuhörer kamen durch die Tür, viele kannten sich nicht aus und suchten erst einmal in der Kneipe den richtigen Weg zum Saal.
Dann auf einmal geschah eine Art Wunder von Leipzig: Die Eingangstür öffnete sich und herein kam eine wirklich umwerfend gutaussehende, junge und dunkelhäutige Frau, ich dachte sofort an Südamerika, Rio, Girl from Ipanema. Peter Lohmeyer hatte offenbar ähnliche Gedanken und sagte: "Meine Güte."
Die Brasilianerin sah sich etwas unschlüssig um. Peter Lohmeyer sagte zu seinem Kumpel: "Die ist hier bestimmt in der Kneipe mit irgendwem verabredet. Solche Frauen gehen in keine Lesung. Schon gar nicht in meine."
Die Brasilianerin sah sich immer noch etwas unschlüssig um, ging dann aber langsam in Richtung - Saaltür! Peter Lohmeyer wurde etwas nervös und murmelte: "Jaa!! Gut so!! Warm, wärmer, immer wärmer..." Nun drehte die Brasilianerin seitlich ab, Richtung Garderobe. "Kalt, kälter... ganz kalt..." sagte Peter Lohmeyer. Dann drehte die Brasilianerin um. "Wird wieder wärmer, jetzt nur ein paar Meter nach rechts...jetzt enttäusche mich nicht!". In diesem Moment sah die Brasilianerin an einem Tisch hinten rechts einen jungen Mann mit dem Sie offenbar verabredet war, ging auf ihn zu und küsste ihn herzlich. Peter Lohmeyer sah auf sein Bier. "War mir doch gleich klar. Sowas geht in keine Lesung."
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