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Thema: Toscani, Oliviero - Alain Delon und Pierre Brice eher nicht

  1. #1
    Member Avatar von Syphilister
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    Toscani, Oliviero - Alain Delon und Pierre Brice eher nicht

    Es ist etwa ein Jahr her, wir hatten eine Urlaub gebucht und waren sehr angenehm überrascht, von dem auf einem der sanften Hügel völlig frei stehenden alten, gut renovierten, aus Feldsteinen gebauten Haus. Es stünde auf alten Ruinen und nachts sah man die Geister der Etrusker innen über die Wände huschen.
    Auch ohne Mond und Wein.

    Ansonsten sah man das Mittelmeer etwa acht Kilometer entfernt den Horizont ausfüllen.
    Um das einsame Haus herum lagen weite Koppeln und Olivenhaine, durch die schöne Pferde jagten. Etwas weiter unten lag auch ein grosser Stall, eine riesige offene Reithalle, diverse Voltigierplätze und allerlei Nebengelass.

    Fragte man die Vermieterin, wem denn das alles gehöre, klang es wie beim „Gestiefelten Kater“ nur statt: „Die Wiesen gehören dem Grafen…“ hörte man immer nur: „Das gehört alles Toscani.“ Der Name sagte mir nichts, erst als mir die Vermieterin von den Benettonbildern erzählte, wusste ich wer der Mann war, der da früh ausritt.
    Die Vermieterin behauptete auch, dass der berühmte schwangere Bauch auf einem der Bilder ihrer sei. Das mag sein, aber es klang ein wenig wie die neun Frauen, die ich kenne und die behaupten eine Nacht mit Konstantin Wecker verbracht zu haben. Doch man muss vorsichtig mit Vorurteilen sein. Mir ist mal die Fresse eingeschlafen, als ich bei einer Freundin das für sie und tatsächlich nur für sie geschriebene Poem von Leonard Cohen hinter Glas an der Wand sah. Es war dreissig Jahre alt.

    Doch hier geht es um Toscani, oder eigentlich auch gar nicht um ihn, denn ihn selbst sah man nur ausreiten, in einem riesigen abgedunkelten Jeep vorbeidonnern oder auf so einem Mittelding zwischen Quad und Golfwägelchen über die Wege stauben.
    Sein Haus lag hinter uns, war durch hohe Bäume, einen Doppelzaun mit Stacheldraht und eine Einfahrtschleuse geschützt. Hinzu kamen noch geschätzte vier oder fünf ziemlich laute Hunde, die morgens meist mit dem Meister auf dem Pferd ihre grosse Runde drehten.

    Ich drehte meine am Nachmittag, joggte mit Blick aufs Meer zwischen den Koppeln des Grafen. Von weitem war die Staubfahne zu sehen, die das Quad hinterliess, das auf mich zu kam. Der Fotograf grüsste wie immer freundlich, abweisend und leicht gelangweilt ab und konzentrierte sich wieder auf den kurvigen Weg. Doch den Mann neben ihm glaubte ich sofort zu erkennen. Es war ein auf Teufel komm raus jung gehaltener, sehr brauner etwa siebzigjähriger Herr, natürlich mit gelben Pullover über die Schultern gelegt. Hinter ihm sass eine zu warm eingepackte Dame, die wesentlich jünger als er, mal jung gewesen war und ein Schosshündchen versuchte vor den Schlägen des Geländefahrzeugs zu schützen.
    Der nette Herr mit dem gelben Pullover winkte mir, dem Sportler und Hedonisten im Olivenhain. Das war Alain Delon, schoss es mir durch den Kopf.

    Erst beim Weiterlaufen, wurde mir klar, ich wusste gar nicht, wie der heute aussieht. Aber so würde ich ihn mir vorstellen. Weil, es hätte auch Pierre Brice sein können…

    Erst dieser Tage wurde ich wieder an die Begegnung erinnert, als mir jemand neuere Theateraufnahmen von Delon aus dem letzten Jahr zeigte.
    Ne, der Gast von Toscani war das ganz sicher nicht! Und Pierre Brice, was sollte der dort wollen? Ich hatte irgendeinen gelifteten Gebräunten neben Toscani gesehen und kann also nur von dem erzählen, der den Unbekannten chauffierte.

  2. #2
    Large Member Avatar von vir
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    Hach, wunderbar.

  3. #3
    Member Avatar von Syphilister
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    Danke

    Danke vir. Das letzte Mal hatte ich meinen Piet Klocke irgendwie vergessen und dann erst nach ein paar Wochen bemerkt, mich nicht bedankt zu haben. Und ich liess es dann auch, um den peinlichen Selbstheber zu vermeiden. Also dir und auch noch vom letzten Male Herrn Balsam einen Dank. Ist ja schön, wenn es jemand mag und dann auch noch sagt. Schönes Regenwochenende.

  4. #4
    Large Member Avatar von vir
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    Dass Sie nicht mehr feedback auf IHre prima Geschichte bekommen haben, liegt einerseits an der schon seit einiger Zeit andauernden Lethargie hier, zum anderen daran, dass Lobeswuste eher verpönt sind - den Autor freuts zwar, aber dem Forum bringts nicht viel, wenn einer nach dem anderne "super Story" schreibt. Aber wenn positive Rückmeldungen völlig ausbleiben, verkümmert womöglich die Motivation, hier weiterhin gute Geschichten abzuliefern.

  5. #5
    Member Avatar von rapsak
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    Auf dass alles Verpönte verpönt sei! Also auch meinereits Dank für diese nette toskanische toscanibeobachtung.
    Ich kann mich übrigens meinerseits auch daran erinnern, vor langer Zeit von einer jungen Damen in München die unaufgeforderte Zusicherung erhalten zu haben, eine Liebesnacht mit Herrn Wecker verbracht zu haben. Schon damals fragte ich mich, was daran nun so besonderes dran sei sollte. Ich will nicht gleich von Mitleid sprechen, aber... zumindest war es das pure Gegenteil von höflichem Paparazzitum.
    solvitur ambulando

  6. #6
    Member Avatar von Syphilister
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    feedback und lethargie

    nun liebe vir, ich bescheinige mir ja selbst diese lethargie. das letzte mal sah ich erst wieder nach, als es definitiv zu spät war, auf die wohlwollenden kommentare zu antworten. es kömmt auch nicht auf die an, aber sie tun einem halt gut.

    ja, lieber rapsak es gibt so viele, sicher auch sexuell sehr agile prominente...(wie der auf der fussgängerbrücke in frankfurt) und deren gevögel darf uns ja wirklich egal sein, aber schon komisch, auch wenn es wirklich kein höfliches paparazzentum ist, bei der dritten, die sich mit einer weckernacht brüstete, musste ich laut lachen. mehr zu beschreiben, gehört definitiv nicht auf eine seite höflicher paparazzi. aber wenn das stimmt, dann hat herr wecker jeweils bei der wahl für die nacht entweder schon 2.8 auf dem kessel gehabt oder einfach blinde kuh gespielt.

    gut jetzt, das ist unhöflich. ausserdem ist er clean und glücklich mit seiner jungen frau in der toskana. und fährt sicher auch mit seinen freunden in gelben pullovern über die weiden und durch die haine. oder stimmt das auch schon nicht mehr?

    nein das ist wirklich unhöflich. ich möchte auch nicht, dass all die mädels rumerzählen, bei denen ich früh nicht mehr wusste:
    habe ich oder hab ich nicht....


    neben das bett gekotzt.

  7. #7
    Member Avatar von rapsak
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    Häuptling Abendrot

    Im Zweifel hast Du...

    Hierzu ein kurzer Abschwiff zum Thema: vor langen Jahren nahm mich ein Freund mit in ein Waldviertler Dorf, in dem ein Theaterfestival stattfand (und wohl noch stattfindet), weil er (der Freund) mir dessen Leiter zwecks eines Engagements vorstellen wollte. Wir fuhren also hin, sahen uns einen Nestroy an, der mir leider immer noch im Gedächtnis ist, obwohl ich bereits auf der anschließenden Feier mit dem Ensemble alles tat, um ihn schleinigst wieder aus meinem Hirn zu tilgen. Ich trank viel und schnell, wohl auch, um dem Herrn Theaterleiter meine vielen Vorzüge noch deutlicher schildern zu können. An eine Auto-Heimfahrt war bald nicht mehr zu denken, also landete ich irgendwann spät auf einem ausrangierten Sofa und schlief den schweren, traumlosen Schlaf des Volltrunkenen. Am frühen Morgen wachte ich mit einem sehr flauen Gefühl im Magen auf und merkte sofort, mein Körper wollte schleunigst etwas von dem vielen, sauern Weißwein wieder unverdaut loswerden. Ich rappelte mich also auf und schleppte mich in den hübschen Innenhof der Theaterstätte. Dort lehnte ich mich an einen der Bögen und beugte mich vor, stolz, es immerhin noch bis ins Freie geschafft zu haben. Als ich so vornüber gebeugt dastand und mich von unnötigem Balast befreite, tauchte ein paar Schuhe in mein Blickfeld auf. Mühsam sah ich hoch. Direkt vor mir stand der Herr Theaterleiter. Er sah in etwa so amüsiert aus wie es sein Nestroy-Vorspiel vom Vorabend auch gewesen war.

    Bei dem Festival wurde ich nie engagiert. Keine Ahnung, wieso.
    Geändert von rapsak (09.05.2007 um 10:19 Uhr)
    solvitur ambulando

  8. #8
    Member Avatar von Syphilister
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    Entführt

    Der Mittag ist heiss und die Lethargie tief genug, um für einmal ein bisschen Forum zu spielen. Danke RAPSAK, ich nehme den Ball mal auf und schiess ihn in die nächste Scheibe. Du gabst mir einfach zu viele Stichworte.

    Ich spielte in den achtziger Jahren in einem Jugendtheater. Die Amateurtheater in der DDR waren breit gefächert, vom schon wieder lustigen Laienspiel, über ambitioniertem Gewichse, bis hin zu offen kritischer Auseinandersetzung mit dem Staat in dieser Nische.

    Genau so sahen wir uns mit unserem Stück. „Die fiktive Befragung der Marie Pech“. „Fick tiefer – Marie!“ damals verhöhnt.
    Dramatisch oder dramaturgisch gesehen ein Drama, zumindest ein Schreibunfall der argen Art. Damals gab es noch keine Internetforen aber auch Beziehungen, damals wurde so etwas gedruckt. Es wurden Jugendliche interessierende Fragen einen Hauch offener angesprochen als in breiteren Medien. Wir hatten Erfolg damit, wurden viel eingeladen und tourten regelrecht durchs Land mit dem Stück.

    Innerhalb der ganz offiziellen Amateurtheaterbewegung gab es Wettbewerbe, die dann für eine Truppe in der Goldmedaille bei den Arbeiterfestspielen mündete.
    Die Wertungsvorstellung dafür fand eines Junimorgens 1984 im Rahmen eines Theaterfestes in der Stadt Greiz statt. Diese Stadt liegt am Rande der Welt und des Vogtlandes und kommt eigentlich nur im Zusammenhang mit dem Dichter Rainer Kunze vor, den man von dort vertrieb.

    Heimlich glaubten wir, am Morgen spielen zu müssen, damit bloss nicht so viele Greizer dieses aufrüttelnde Stück sähen, was Quatsch war, da wir mit unserer letztlich opportunen Kacke niemals bis in die Endrunde durchgewunken worden wären, hätte der Staat, der viele Augen und Ohren in der Truppe hatte, in uns eine Gefahr für sich gesehen. Wir waren sonst eine Gefahr, für behütete Töchter und Söhne, den Verkehr und die öffentliche Ordnung, aber das tolerierte man grosszügig.

    Da unser Regisseur Einfälle hatte und gut mit uns konnte und wir ganz gut trainiert waren, galten wir schnell als die Favoriten bei dem Festival. Bedauerlicherweise hatte es einige Wochen zuvor Vorfälle im Rahmen von Alkoholexzessen nach einem Gastspiel in Dresden gegeben. Eine der schönsten aber auch folgenreichsten Nächte meines Lebens. Leider ist die gemeinsame Feier mit der polnischen Staatsoper eine Geschichte für sich. Prominente kamen da auch vor, aber ich kann ihre Namen nicht schreiben. Ausser den eines „Eugen Onegin“. Der sass neben mir.

    Im Studentenwohnheim ging es weiter. Leider fuhr ich am Ende dieser ausgelassenen Nacht (Eine der Spielerinnen kam früh um sechs aus dem Zimmer eines dunkelhäutigen Studenten und fragte ganz unverfänglich in die Runde: „Sagt mal Leute, wo liegt eigentlich Madagaskar?) den Skoda des Technikers kaputt, was insofern tragisch war, da der den Kofferraum vorn hatte und in dem wiederum die Tusche für die grosse Picassofriedenstaube versteckt war, auf die der Kulturminister und das Publikum während der Eröffnungsfeier dieser Festspiele glotzen sollten. Versteckt, weil das Zeug knapp und irgendwoher besorgt war. Die dicke Tuschespur auf der Strasse hielt übrigens sehr lange. Jahre.

    Dieser Vorfall hatte nun dazu geführt, das insbesondere mein Freund Jan und ich nach dem letzten Ausleuchten in Greiz auf das allerstrengste verdonnert wurden, jedweden Alkohol zu meiden, da wir eben am nächsten Morgen um elf um die Goldmedaille spielen sollten. Um weniger ging es schon nicht mehr.

    Wir hielten uns in so fern an die Anweisung, dass wir uns, ohne den zu Recht besorgten Rest der Truppe, eine ganz versteckte Pinte suchten, in der Schnaps und Bier auch noch sehr billig waren. Was gibt es schöneres als sich an einem heissen Juninachmittag in einer sonst leeren Kneipe entgegen einem ausdrücklichen Verbot langsam aber gründlich die Lampe zu füllen?

    An der Stelle muss ich für suchtgefährdete Mitleser und deren Eltern einfügen, seit neun Jahren trocken zu sein.

    Ich habe keinen Schimmer welche Zeit es war und wo die Kneipe eigentlich lag, ich weiss noch, wie das Pflaster aussah. Auch von ganz nahem, dann gar nichts mehr.

    Als ich erwachte, wusste ich, es war der Morgen der Wertungsvorstellung, sonst nichts. Ich stürzte von einem Sofa, aus einem mir unbekannten Raum und stand vor zwei Schafen auf einer riesigen sehr abschüssigen Wiese. Auf der anderen Seite des Tales war nur dunkler Tannenwald zu sehen.
    Sonst nichts.
    Entführt!
    Ganz klare Sache!
    Ich war in den Wald entführt worden, von einer der Konkurrenztruppen, bei denen wir nicht allzu beliebt waren. Auf recht hohem Niveau waren wir genau richtig und korrekt ausgewogen politisch unkorrekt und so klar die Favoriten. Und denen hatten sie einfach einen der Hauptdarsteller gemaust. Ich musste ins Theater! Ich wollte zu meiner Truppe! Nur wohin? Was kam nach der Wiese, unten im Talboden? Und vor allem, in welche Richtung sollte ich gehen, wenn ich denn einen Weg fände? Wo war dieses Scheissgreiz, in dem für einmal ein aufregendes Theater zu sehen sein sollte?
    Früh um elf! Genau, wie spät war es eigentlich? Sehr hoch stand die Sonne nicht. So verloren hatte ich mich noch nie gefühlt, bis mich eine Stimme hinter mir aus dem Alptraum erweckte. „Weißt du, das du eine Riesensau bist?“ fragte mich eine der Darstellerinnen. Für einen Moment erschrak ich und ging dann mit ihr stumm zurück in das Gartenhäuschen, in dem verteilt auf ein Bett, Matratzen oder einfach Decken am Boden, die halbe Truppe langsam und stöhnend erwachte. Ich hatte sie beim hinaus stolpern nicht gesehen. Neben dem Sofa stand ein Eimer und auch sonst waren mehrere Stellen am Boden bekleckert oder schlecht aufgewischt. Um die herum waren die Lager gebaut. Ich musste gar nichts weiter fragen, an den Blicken und besonders den Nichtblicken meiner Kollegen sah ich, wer hier alles voll gekotzt hatte.

    Beim Marsch in die Stadt, ich revanchierte mich, in dem ich zumindest etwas Milch und Brot als Wegzehr klaute, erklärten sie mir die Geschichte, bei der ich den Part des ganz bösen Buben hatte. Die Truppe hatte uns stockbetrunken im Goethepark in Greiz gefunden und ein nettes Bühnenarbeiterpärchen bot seine Gartenlaube ausserhalb an, da der Regisseur auch noch in der Stadt war und uns auf gar keinen Fall sooo sehen durfte. Man fuhr mich wohl sogar mit einem Auto aus seiner Nähe auf den Berg. Jan hingegen weigerte sich, sich verstecken zu lassen. Und es ist bis heute unklar, was mit ihm in dieser Nacht geschah. Aber er verlor den Scheck seines Ehekredits im Wert von 5000 Mark. Nicht nur deshalb heiratete er dann bald drauf noch mal und wechselte auch den Namen. Darum kann ich so frei über ihn schreiben, den man heute eine der feinsten Federn Thüringens nennt.
    Tja, so wird man beschimpft, wenn man bleibt.

    Zum Schluss des langen Textes sei noch verraten, das wir freilich gewannen. Und ich also im Kollektiv auch mit Jan Träger der Goldenen Medaille der Arbeiterfestspiele der DDR 1984 bin. Übrigens bin ich auch Meister des Sports der Sowjetunion, ebenfalls im Kollektiv, das aber ohne Jan. Für Eisbaden.

    Wir spielten an dem Morgen gar nicht so übel, trotz Riesenkater. Den einzigen kleinen Lapsus leistete sich Jan. Wir spielten im Publikum und er hatte als einer der fiktiven Befrager weiss ausgeleuchtet mit weissem Gesicht (der Mephistofilm war gerade gelaufen) auf einem Stuhl zu stehen. Sein Auftritt war eine erste Überraschung und erfolgte im Vollblack. Man hörte in die coole elektronische Eingangsmusik ein leises „Aua!“ einer Frau. Jan war auf den falschen Stuhl gestiegen. Da sass schon jemand.

    Zwei Sachen noch zur Rettung meiner Schwätzerehre. (Wobei ich eben glaube, das Schwatzen der Flokati der Welt ist, an dem ich täglich mitwebe. Wir weben, wir weben, wir weben…)
    Erstens gab es bei dem Festival eine prima Theaterwerkstatt, in der eine zumindest heute prominente Schauspielerin mittat. Nadja Engel war damals mit fünfzehn schon unglaublich. Sehe und vor allem höre ich sie heute, schmelze ich immer noch dahin.

    Zweitens sah ich genau in diesem Theater, welches kein eigenes Ensemble hatte, zwei Jahre später eine wirklich halbverbotene Aufführung, die man einmalig dort, statt in der Bezirkshauptstadt Gera zeigte, um einem gewissen Frank Castorf den Vertrag zu erfüllen. Eine Offenbarung! So was hatten wir noch nicht gesehen. Obwohl es Clavigo war. Es war so viel, so voll…ich kann mich nur noch an den kopfüber an einer Mauer hängenden Leander Haussmann erinnern. Und an Frau Rieger. Die ich immer noch für eine der schönsten Frauen des Universums halte. „Ganz Paris träumt von der Liebe“ spielten sie (Container gab es noch nicht) und ich war hin und weg von dieser Frau. Frisch verheiratet mit einer anderen. Ich verlor meinen Kredit und Namen nicht. Musste aber den Skoda abzahlen.

    P.S. Ich entschuldige mich bei allen ungerechterweise Erwähnten und Nichterwähnten. Und bin heilfroh, dass das Wort Stasi nur jetzt im Text vorkommt. Die war kräftig dabei, aber seit Donnersmarck und dem Oskar darf man darüber auch mal schweigen. Ansonsten bin ich stolz, aus einer fast Privatgeschichte, die ich sowieso irgendwann mal hätte aufschreiben müssen, nun sogar noch drei Prominentennamen gefiltert zu haben.
    Geändert von Syphilister (15.05.2007 um 18:39 Uhr)

  9. #9
    Avatar von starlingM
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    Gut gezielt und genau in die Scheibe getroffen. Ganz schön lang, und doch sehr unterhaltsam.

  10. #10
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    Syhilister würd ich auch in länger noch gerne lesen.

  11. #11
    Member Avatar von Syphilister
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    Noch länger?

    Mit ging beim Wäscheaufhängen gerade durch den Kopf, dass man eben an der Länge den ewigen Amateur erkennt.

    Wobei das bei Privatgeschichten eben so eine Sache ist, das Ding wäre doppelt so lang, hätte ich alles geschrieben.

    Macht mir aber Mut und wenn ich es recht überlege, kommt im Dresdner Teil der Geschichte, neben der polnischen Staatsoper auch Rio Reiser vor. Aber das müsste ich erst recherchieren, ob ich und fünfzehntausend andere, den 1984 (!) heimlich in Dresden gesehen haben können. Dann schreibe ich das auch noch.

    Und im Greizer Teil könnte man verlängern, dass ich einer von den beiden Männern am Festival war, der sich nicht in Nadja Engel verliebte. Sondern in D.S.
    Bei einem Frühstück an einer langen Tafel, sagte ich zu ihr, ob sie mir nicht mal "die Butter rüberwerfen" könne. Sie schnippte mir eine weiche Portion aufs Auge.
    Zur Strafe muss sie in Schwerin wohnen und ich habe vergessen wie sie aussah.

    Das im Tonfall netteste "Dankeschön" habe ich mal auf einer Platte der "Wayne Morris Band" aus Hamburg gehört. Die Keyborderin sagt es nach einem Gesangssolo.
    Genau so sage ich: Dankeschön.

  12. #12
    Member Avatar von rapsak
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    In Greiz war ich auch schon mal, sogar schon im dortigen Theater. Neben jenem von Hildburghausen eines der verwunschensten Bühnenstätten die ich kenne.

    Hab Dank, Du sowjetischer Eisbademeister, für diese hübsche Geschichte. Gerne hören wir mehr von Dir. Aus Dresden, aus Rio, woher auch immer.
    solvitur ambulando

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