Es ist etwa ein Jahr her, wir hatten eine Urlaub gebucht und waren sehr angenehm überrascht, von dem auf einem der sanften Hügel völlig frei stehenden alten, gut renovierten, aus Feldsteinen gebauten Haus. Es stünde auf alten Ruinen und nachts sah man die Geister der Etrusker innen über die Wände huschen.
Auch ohne Mond und Wein.
Ansonsten sah man das Mittelmeer etwa acht Kilometer entfernt den Horizont ausfüllen.
Um das einsame Haus herum lagen weite Koppeln und Olivenhaine, durch die schöne Pferde jagten. Etwas weiter unten lag auch ein grosser Stall, eine riesige offene Reithalle, diverse Voltigierplätze und allerlei Nebengelass.
Fragte man die Vermieterin, wem denn das alles gehöre, klang es wie beim „Gestiefelten Kater“ nur statt: „Die Wiesen gehören dem Grafen…“ hörte man immer nur: „Das gehört alles Toscani.“ Der Name sagte mir nichts, erst als mir die Vermieterin von den Benettonbildern erzählte, wusste ich wer der Mann war, der da früh ausritt.
Die Vermieterin behauptete auch, dass der berühmte schwangere Bauch auf einem der Bilder ihrer sei. Das mag sein, aber es klang ein wenig wie die neun Frauen, die ich kenne und die behaupten eine Nacht mit Konstantin Wecker verbracht zu haben. Doch man muss vorsichtig mit Vorurteilen sein. Mir ist mal die Fresse eingeschlafen, als ich bei einer Freundin das für sie und tatsächlich nur für sie geschriebene Poem von Leonard Cohen hinter Glas an der Wand sah. Es war dreissig Jahre alt.
Doch hier geht es um Toscani, oder eigentlich auch gar nicht um ihn, denn ihn selbst sah man nur ausreiten, in einem riesigen abgedunkelten Jeep vorbeidonnern oder auf so einem Mittelding zwischen Quad und Golfwägelchen über die Wege stauben.
Sein Haus lag hinter uns, war durch hohe Bäume, einen Doppelzaun mit Stacheldraht und eine Einfahrtschleuse geschützt. Hinzu kamen noch geschätzte vier oder fünf ziemlich laute Hunde, die morgens meist mit dem Meister auf dem Pferd ihre grosse Runde drehten.
Ich drehte meine am Nachmittag, joggte mit Blick aufs Meer zwischen den Koppeln des Grafen. Von weitem war die Staubfahne zu sehen, die das Quad hinterliess, das auf mich zu kam. Der Fotograf grüsste wie immer freundlich, abweisend und leicht gelangweilt ab und konzentrierte sich wieder auf den kurvigen Weg. Doch den Mann neben ihm glaubte ich sofort zu erkennen. Es war ein auf Teufel komm raus jung gehaltener, sehr brauner etwa siebzigjähriger Herr, natürlich mit gelben Pullover über die Schultern gelegt. Hinter ihm sass eine zu warm eingepackte Dame, die wesentlich jünger als er, mal jung gewesen war und ein Schosshündchen versuchte vor den Schlägen des Geländefahrzeugs zu schützen.
Der nette Herr mit dem gelben Pullover winkte mir, dem Sportler und Hedonisten im Olivenhain. Das war Alain Delon, schoss es mir durch den Kopf.
Erst beim Weiterlaufen, wurde mir klar, ich wusste gar nicht, wie der heute aussieht. Aber so würde ich ihn mir vorstellen. Weil, es hätte auch Pierre Brice sein können…
Erst dieser Tage wurde ich wieder an die Begegnung erinnert, als mir jemand neuere Theateraufnahmen von Delon aus dem letzten Jahr zeigte.
Ne, der Gast von Toscani war das ganz sicher nicht! Und Pierre Brice, was sollte der dort wollen? Ich hatte irgendeinen gelifteten Gebräunten neben Toscani gesehen und kann also nur von dem erzählen, der den Unbekannten chauffierte.
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