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Thema: Lessing, Doris und Glass, Philip - starfuckers, star insulters?

  1. #1
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    Lessing, Doris und Glass, Philip - starfuckers, star insulters?

    Philip Glass hat keine Manieren, sagt meine Freundin Eva. Wenn man schon Doris Lessing zu einer Opernpremiere einlädt, dann kann man sich doch denken, daβ sie müde ist, wenn die Oper dreieinhalb Stunden dauert und dann nicht mit zur Party kommt. So kommt es, daβ Eva, Matthew und ich Doris Lessing sehr klein und verloren an einer Straβenecke in Londons West End sehen, wo um sie herum das abstoβende Nachtleben tobt. Ich lächle und nicke (das wird von ihr retourniert) und gehe weiter, drehe mich aber nochmal um – sie sieht noch verlorener aus. So geht das nicht. Die Paparazzi-Regeln müssen dann eben mal gebrochen werden. Findet Eva auch. Ich gehe hin und frage Doris Lessing, ob ich vielleicht bei der Taxibeschaffung helfen könne, aber sie sieht nur noch verschüchterter aus. Klar, ich bin ungefähr einen Meter gröβer als sie und sie befürchtet eventuell, daβ ich in ihr Taxi einsteige und sie mit der Bedeutung des ‚Golden Notebook’ für meine Frauwerdung zuschwalle; das passiert sicher öfter. Matthew scherzt später, daβ er sie hätte fragen sollen, ob sie ihren Namen in sein Brusthaar rasieren könne. Matthew ist natürlich ein notorischer ‚starfucker’ und ich hatte vor der Oper Philip Glass für ihn beschatten müssen, während er ein Programm kaufte, um es dann von Glass SIGNIEREN! zu lassen. Noch mehr Paparazzi-Abzugspunkte.

    Die ängstliche Doris Lessing kann natürlich nicht wissen, daβ ihr einziges mir bekanntes Werk ein Opernlibretto, eine Kollaboration mit Glass, ist – ‚The Making of the Representative of Planet Sowieso’. Hab’ ich in Heidelberg gesehen und fand es ganz grauenhaft. Und über meine literarische Entwicklung als Frau äuβere ich mich höchstens satirisch. Das ,Golden Notebook’ habe ich wohl mal second hand erworben, aber nur, weil meine frühere Lateinnachhilfelehrerin (mmmh, Komposita!) das las. Jetzt, wo ich das hinschreibe, sieht die Kausalität allerdings ein wenig fragwürdig aus. Aber zurück zur umtobten Straβenecke. Meine Freundin Eva wirkt auf alte verschüchterte Damen wohl zuverlässiger als ich und nimmt die Sache in die Hand, indem sie kundtut, daβ wir auch in der Glass-Oper waren. Das macht uns wohl viel vertrauenserweckender, und als Eva sich in den Weg eines Taxis schmeisst und es auch anhält, ist Doris sehr froh. Wir helfen ihr hinein, und Eva ruft dem Taxifahrer noch ‚And take very good care of this lady!’ zu, bevor Ms Lessing winkend abfährt.
    Ich bin ja wirklich kein Starfucker. Ich bin eher ein Star insulter. Ich war zB nur ein paar Tage zuvor David Edgar (ein in Deutschland zurecht unbekannter Stückeschreiberheini) bei einer Konferenz über den Mund gefahren. Er chairte das panel (weiβ ICH doch nicht, wie das auf deutsch heiβt) bei dem ich sprechen sollte und hatte aber sofort meinen Namen vergessen, so daβ er mich vorstellen muβte, ohne meinen Namen zu nennen, was eine saublöde Art des Vorstellens ist. Und dann sagte er noch was Doofes, weswegen ich ihm dann über den Mund fahren muβte. Und Harry Rowohlt behauptete mal vor vielen Jahren an einem Wiener Gasthaustisch, daβ ich Max Goldt beleidigt hatte und haute mir eine auf den Kopf. Zur Besänftigung schlug jemand vor, wir sollten was singen. Nachdem wir ‚Der Mond ist aufgegangen’ durchhatten, sang ich besoffen eine schottische Weise, wegen welcher Harry mir verzieh und Max Goldt an meinem Busen ruhte, damit er im lauten Lokal besser hören konnte.

    Hm. Alle heutigen Geschichten sind nicht eben höfliche Paparazzereien.

    Dies vielleicht noch abschliessend: das erste Mal sah ich Philip Glass, als ich dreizehnjährig mit meiner Mutter eine Opernpremiere angucken ging. Ich hatte mich geweigert, mich umzuziehen und trug irgendeinen Norwegerpullunder und Jeans. Während wir herumwarteten, sagte meine Mutter streng, ich sollte meinen Hosenladen zumachen, da drüben stünde doch immerhin Philip Glass. ‚Pöh’ sagte ich wahrscheinlich, machte meinen Hosenladen aber trotzdem zu. Fällt das nun endlich unter Paparazzertum, oder unter star insulting?
    Geändert von Kleinroeschen (11.04.2007 um 00:07 Uhr)
    Sie hawwe wieder die Kehrwoch' net rischtisch gemacht

  2. #2
    Avatar von Klingeltonk
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    Das ist schön, viel und flott.

    Ich habe da noch eine Frage als kleiner star listener: vor Jahren habe ich mir das Violinkonzert von P. Glass zugelegt (Kremer, Wiener Philharmoniker). Besonders gefällt mir der zweite Satz. Der ist mindestens schmachtend, oder gar süffig. Zusammengenommen also schmachtig. Was ich gerne wissen würde: ist diese Musik eher peinlich oder könnte ichvor meinen Freunden aus der Volkshochschule damit angeben? (Der auf der Platte beigegebene Schnittke ist mir sowieso zu hoch).

  3. #3
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    Dochdoch, die Minimalisten (obwohlse die Bezeichnung gaar nicht gerne hoeren) sind leidlich schick und es kann mit ihnen prima ge-namedropped und ge-starfucked werden. Glass hat illustre Kollaborateure - Allen Ginsberg, Brian Eno, Robert Wilson (den ich hasse, seit ich bei einer seiner Produktionen als Beleuchtungstatist ungefaehr eine Woche lang meinen linken Arm ausgeleuchtet kriegte, argh!). Ebenfalls beruehmter Minimalist Michael Nyman war uebrigens bei beschriebener Premiere auch da und starfucker Matthew wusste auch sofort, welchen Fussballklub der supportet (QPR!); fehlte nur noch Steve Reich.

    Jaja, erst Paparazzertum, das nicht den Kriterien entspricht, und jetzt werde ich wohl ins Klugscheisserforum verbannt. Ich geh' ja schon.
    (endlose minimalistische Arpeggios pfeifend Suedseite ab).
    Sie hawwe wieder die Kehrwoch' net rischtisch gemacht

  4. #4
    Avatar von marieke
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    ihr name läßt mich immer an dieses kleine (wahrscheinlich allseits bekannte) etwas denken: http://www.radiopannen.de/alle.php?p=134&r=10
    Geändert von marieke (12.04.2007 um 13:09 Uhr)

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