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Thema: Rohde grüßt an

  1. #1
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    Rohde grüßt an

    Die Premierenfeier der Berlinale 97 fand im Foyer der Volksbühne statt. Eine Freundin arbeitete als Aushilfskellnerin und schleuste mich durch einen Nebeneingang, durch den pausenlos Sektkarton geschleppt wurden. Die Veranstaltung war etwas öde, ich wußte in meiner Jugendlichkeit nicht, daß man so eine Feier nach möglichkeit meidet. Auf meiner ersten Runde durch den Saal, noch getränkt von der Sorge, entdeckt zu werden, begegnet mir Achim Rohde. Wir hatten etwas anderthalb Grußabstand zueinander und lagen genau auf Gegenkurs. Keine Gruppen, hinter die man hätte abbiegen können, ohne einen unmöglichen, ja unnötigen Winkel von 90 Grad hinlegen zu müssen. Armin Rohde beschlich offensichtlich das Gefühl, mich schon einmal getroffen zu haben, was bei einer freudlosen Berufsveranstaltung ja kein Wunder wäre, indes nur an meinem immer noch beschämten Herumgeglotze lag, ob mich nun wirklich keiner rausschmeißen will. Armin Rohde tat das einzig richtige: Er grüßte an: Öffnete das Gesicht eine Nuance, bereit, es in ein Aaah! übergehen zu lassen und hob millimeterweise die rechte Hand. Bei positiv erwidertem Signal hätte man beide Bewegungen in flüssigem Verlauf in das Hallo, was machst du denn hier münden lassen können. Das Signal kam natürlich nicht, bin ja kein Hochstapler, und so liefen wir aneinander vorbei, wobei Armin Rohde seinen Einviertelgruß einen Augenblick zu spät einstellte, und so die Peinlichkeitsgrenze kurz striff. Er tat mir einen Moment leid, und ich denke heute, das macht einen Schauspieler aus, dieses Weichseinkönnen. Ich habe Herrn Rohde nicht mehr gesehen. Was macht der eigenlich?
    In krassem Gegenteil dazu, fällt mir eben ein, stand die Gruppe, die um Sönke Wortmann herumscharwenzelte und -buckdienerte. Einer dieser Putzerfischchen verließ den Schwarm, ich konnte alles ganz genau beobachten, denn ich saß inzwischen entspannt mit einer Flasche Prosecco vis-a-vis. Er kehrte mit einem Menschen zurück, den man in Berlin leichthin einen Münchner schimpft, also einen gelackten, halblangen Schopf über einem etwas angestrengt modischen Anzug. Dieser Mensch tritt artig auf Sönke Wortmann zu und äußert laut: "Herr Wortmann, ich habe alle ihre Filme gesehen.", worauf sie Zeit kurz aufriss und ich minutenlang auf die Pointe wartete, irgendetwas Schulterklopfiges, Gackerndes. Es geschah nichts. Sönke Wortmann nahm in mit ins Gespräch.

  2. #2
    Member Avatar von Peter Bean
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    Ich glaube, ich mag Armin Rohde jetzt noch ein bisschen mehr.

  3. #3

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    Ich mag Falkenhayn aber auch!

  4. #4
    Avatar von raumoberbayern
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    und Sönke Wortmann dazu

  5. #5
    Avatar von slowtiger
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    Sehr fein, geradezu filigran beobachtet.

  6. #6
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    später flog Ben Becker noch vorbei

    Verbindlichsten Dank. Gestatten Sie, daß ich fortfahre. Beim Abklopfen nämlich meiner Vita auf prominententrächtige Erlebnisse, stand dieser Abend weit heraus, nicht so sehr wegen der vielen Prominenten, sondern wegen des Abenteuers, daß sich wenig später unter den Augen wenigstens Ben Beckers vollzog. In meiner Begleitung nämlich befand sich ein junger Herr, der Freund der besten Freundin meiner neuen Geliebten, der aus dieser Tatsache Kapital zu schlagen versuchte, indem er mich immerfort damit aufzog, ich könne doch nicht im Ernst glauben, irgendetwas von mir meiner Liebsten zugerauntes würde nicht binnen Tagesfrist sein Ohr erreichen. Wir waren beide schon angetrunken, ich entsprechend leicht verletzbar, er hingegen in der psychischen Falle, einmal gezeigtes Verhalten einfach nicht aufgeben zu können. Er ist kein schlechter Mensch, nein, auch wenn ich mich letztlich, nach einigen Jahren, von ihm getrennt habe. Nach einem LSD-Segeltörn auf dem Grunewaldsee (ohne Verletzte oder Vermisste), aber das gehört wirklich nicht hierher. Er ist einer von jenen Zeitgenossen, die gern in anderer Leut's Kerbe hauen, dabei allerdings auch nicht beleidigt sind, wenn man zurückkeilt - zumindest wenn das verbal geschieht.
    Irgendwann also platzt mir der Kragen, ich stopfe eine frische Flasche Prosecco kappheister in meinen Hosenbund, um sie zuhause allein zu verköstigen, und stürme, in Richtung U-Bahnhof "Rosa-Luxemburg-Platz", die Außentreppe der Volksbühne hinab, die sich dafür auch ausgezeichnet eignet.
    Mein vormaliger Begleiter läuft mir nach, ihn hatte wohl so etwas wie plötzliche Reue gepackt, und fasst mich am Ärmel, was ich nicht ausstehen kann. Ich reiße mich los, er greift mich erneut, ich reiße mich wieder los, das wiederholt sich solange, bis die bei mir eingebaute Scheu vor körperlichen Auseinandersetzungen weicht, und ich mich brüsk umdrehe. "Dann laß es uns wie Männer ausmachen!" So oder so ähnlich waren meine Worte. Er war, verblüfft zwar, einverstanden, also stellte ich die Flasche Prosecco ab, zog mein Jackett aus, krämpelte die Ärmel hoch und begab mich in Boxhaltung, darauf wartend, daß mein Gegner ebenfalls seine Vorbereitungen abschlösse. Mit Boxhaltung meine ich so etwas wie eine Buster-Keaton-Boxhaltung, denn ich bin in diesen Dingen herzlich unerfahren. In einem dieser Momente schließlich rauscht Ben Becker feixend, zeigend, daß er, wenn überhaupt, dann über Kneipenschläue verfügt, an uns vorüber und ließ uns allein, die wir versuchten, abwechselnd, mit aller Kraft, das Gesicht des anderen zu treffen. Es zog sich etwas 5 Minuten hin, schließlich war unsere Zielgenauigkeit schon etwas eingeschränkt, und der jeweils andere konnte einigermaßen leicht unter der Graden des Gegners wegtauchen. Letzten Endes erwischte ich ihn, ich bild mir darauf nix ein, es hätte genausogut andersrum ausgehen können, und ich hätte mir eine Menge Ärger mit meiner neuen Liebsten erspart, deren Bekanntenkreis mich natürlich unisono als Schläger schmähte.
    Ich hatte also Satisfaktion erlangt, und machte mich auf meinen weiteren Heimweg, wobei mich mein einstiger Gegner mit seinem blutigen Gesicht, ein ums andere Mal zum Bleiben aufforderte. Allerdings, ohne mir an den Ärmel zu gehen! Was aus der Flasche Prosecco geworden ist, weiß ich nicht, getrunken habe ich sie an dem Abend nicht, denn kaum zuhause, liefen schon die Drähte heiß und mein Tribunal wurde vorbereitet. Ich habe mich übrigens, bei einem Treffen auf neutralem Boden, im "Kloster" in Kreuzberg, auf die Formulierung zurückgezogen: Leid täte mir, ihn verletzt zu habe, entschuldigen könne ich mich nicht.
    Er trägt seitdem eine coole Narbe an der Oberlippe, um die ich ihn ein bißchen beneide.

  7. #7
    Avatar von Goodwill
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    Liest sich weg wie ein angebronxter Kapielski.

  8. #8
    Moderator Avatar von honz
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    Vor ca. fünfzehn Jahren, ich war gerde fertig mit dem Studium und kein Geld, sollte ich mich bei einer Firma in der Halbleiterbrache in München vorstellen.

    Damals war es für mittellose Studenten noch durchaus üblich, mit einerm Rucksack und einer Tüte voller Dosenbier an der Autobahn bei Dreilinden zu trampen. Der erste Wagen nahm mich gleich bis Nürnbreg mit, dort hing ich dann an einer Tankstelle fest, bis ein roter Ford Sierra Kombi anhielt, aus dem heraus mich ein Mann ansprach, wohin ich denn fahren wolle.

    Dieser Mann war, wie ich erst später feststellen konnte, Armin Rohde. Daneben saß noch ein Typ mit längeren Haaren. Wir redeten so über dies und das, bis ich durstig wurde, in meiner Plastiktüte wühlte, und dem anderenTypen eine Dose Schultheis (damals gabs noch Dosen) mit den Worten "Na, Bierchen?" anbot. Die haben mich ganz schön verarscht, die Brüder.

  9. #9
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    ja, das mein ich mit weich. da hat man's doch mit nem Menschen zu tun, der nimmt sogar Anhalter mit! Ganz im Gegenteil zu dem Bär, Dietmar, wobei ich meinen Ärger zum Teil daraus beziehe, daß ich die früher nicht auseinanderhalten konnte.

    Ganz früher

  10. #10

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    Ähh - ja, das auch. Aber ich glaube, der Herr Honz spielt auf eine Szene aus dem Film "Kleine Haie" an, in dem Rohde als "Bierchen" einen Anhalter mitnimmt.

  11. #11
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    aber ja doch, sonst begreift man doch das ganze posting nicht

  12. #12
    Member Avatar von Dolli Williams
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    Ey, das ist zu perfekt, glaubt denen nicht! Es passt einfach zu gut. Naja, vielleicht stimmts ja auch und ich bin nur para. Schon gut. Hört nicht auf mich, ist besser so. Ich tus ja auch nicht.

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