Eine aktualitätswertheischende Überschrift, zugegeben, denn die Geschichte liegt etwas länger zurück, nach Abgleich meiner Biographie mit der von Maradona dürfte es das Jahr 1989 gewesen sein. Aber die WM hat das Erlebnis aus den Tiefen meiner Gehirnkatakomben nach oben geschleudert.
Flughafen Rom. Unsere Reisegruppe wurde zwecks Verbringung in's Flugzeug nach Frankfurt in einen Flughafenbus gestopft. Irgendwo auf dem Rollfeld hielt der Bus scheinbar grundlos an, ein Pkw näherte sich dem Bus. Die Seitentür, an die ich mich geschmiegt hatte, ging auf, drei dunkelhaarige Männer stiegen ein, stellten sich direkt vor mich, ihr Köpfe ungefähr auf Höhe meines Bauchs. Die Tür schloss sich, der Bus fuhr weiter.
Unter meinen umstehenden frankfurter Reisegefährten machte sich Unruhe breit. Getuschel. Es konnte nur mit den Zugestiegenen zu tun haben. Doch wie ich mich auch drehte und zu verbiegen suchte, ich sah die schweigenden Dunkelhaarigen nur aus der Perspektive eines wenn auch sehr tief fliegenden Vogels.
Am Flugzeug angekommen, öffnete sich erst die Seitentür, die Dunkelhaarigen huschten zum noblen vorderen Eingang (1 Kopilot, 2 Stewardessen), wir wurden zum billigen hinteren gelotst (1 Steward). Auf dem Weg dahin entnahm ich dem anschwellenden Geplapper meiner Reisegruppe, dass der kleine dunkelhaarige Mann, der direkt vor meinem Bauch stand, eingangs schon erwähnter Maradona gewesen sei, der zu dieser Zeit beim SSC Neapel kickte - ok: spielte - und wohl (es war um Weihnachten) via Frankfurt nach Argentinien zur Familie flog. Die mir anerzogene Höflichkeit hielt mich selbstverständlich davon ab, mich mit einem Gang durch die erste Klasse von der Anwesenheit Maradonas zu überzeugen.
Das Schicksal hat es mir gedankt: In seltenen Momenten, noch seltener vor Zeugen, gelingen mir mit dem Fußball Dinge, die mich denken lassen, dass vielleicht doch von seinem Genie ein bisschen was an mir kleben blieb.
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