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Thema: Krause, Günther

  1. #1
    Member Avatar von Syphilister
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    Krause, Günther

    In der DDR gab es einen dämlichen Dialektkomiker, an den ich dachte, als der Name Günther Krause 1990 erstmals in den Zeitungen auftauchte und das blieb auch später so, während dessen Durchmarsch und - fall in die Deutsche Geschichte. Unter all den interessanten Köpfen der Wende war Krause einer der unangenehmsten. Und einer der verdächtig spät auftauchte. Dieser für eine beschränkte Zeit bedeutende Günther Krause war zumindest willentlich kein Komiker sondern Honorarprofessor in Wismar. Später unterschrieb er für die DDR den Einigungsvertrag. Es ging nur noch um die Übergabe und irgendein DDR Bürger hätte unterschreiben können, was sich mit Günthi erfüllte. Doch schon hier handelte er in ganz privatem Interesse, denn mit dem Land ging auch seine Programmierung eines Containerterminals unter. Obwohl einem Parteitag gewidmet, funktionierte der Computer nicht und verbummelte den einen oder anderen Container oder schmiss überzählige einfach in die Ostsee. Folgen hatte das kaum, bekanntlich waren die Container in der DDR ja leer. Als Bundesverkehrsminister mag dieser Krause dem geneigten Leser noch ein Begriff sein, das nächste Registerwort zu seiner Person wäre „Putzfrauenaffäre“. Über diese stolperte der Hobbylobbyist auf den freien Markt. Nein, leider hatte er keine mit seiner Putzfrau, aber ihre Leistung war vom Staat erschlichen. Mich wundert noch heute, warum das ausgerechnet bei Krause illegal gewesen sein soll.
    Krause fiel tief und nur Möllemann landete härter. Am Ende stand eine bis 2004 gültige Verurteilung, Scheidung, Firmenkonkurs und Privatbankrott. Doch vorher komme ich.

    Nur oberflächlich und ohne Überraschung bekam ich seinen Abgang aus der Politik mit. Längst fand ich die Meldungen aus Deutschland auf den Auslandsseiten der Tagespresse. Ich glaubte, das ginge mich nichts mehr an, insbesondere dieser Herr Krause und übte westlichen Hedonismus in dem ich die Angebote der Fluggesellschaften für billige Wochenenden irgendwo in Europa annahm. Eines Samstagmorgens hatte ich sehr früh am Flughafen zu sein, Rom rief. Es gab noch eine Swissair und ausser den in der Zwischenwelt eines Umsteigeflughafens (Hub ist wirklich kürzer und klingt hübsch wenn Schweizerinnen es sagen) Gestrandeten waren nur Transatlantiker und solche Billighopper wie ich da. Ganz allein genoss ich den anbrechenden Morgen in einem dieser langen Glasgänge, als mir drei Männer entgegen kamen. Schon von weitem war zu sehen, dass die beiden grossen Äusseren den in Mitte beschützten oder zumindest begleiteten. Sie massen die Strecke vor sich und hatten alles im Blick, der Mann in der Mitte ging lächelnd, ich erinnere mich an einen dunklen Trenchcoat. In der Hand trug er einen Pilotenkoffer aus Leder, in den die Jahresbilanz eines Grosskonzerns gepasst hätte. Fasziniert von den blonden, kurz geschorenen Bewachern (das ist wahr, glaube ich), bekam ich fast einen Lachkrampf, als ich sah, wer sich da am Samstagmorgen durch Zürichs Flughafen führen liess. Es war Exminister Günter Krause. Der Koffer sprang mir ins Auge. Na was verhökerst du hier?, fragte ich leider nur mich. Honeckers Emanuele Videos? Oder eine Sonografie von Kohls Prostata? War beim Aufräumen im Containerprogrammierbüro Westgeld aus der Thälmannbüste gefallen?
    Ich nahm an, dass Krause seine Apanage in Sicherheit brachte. Würde zumindest zu ihm passen. Wie ich mich irrte!
    Von einer Traverse aus beobachtete ich, wie er unten in eine schwarze S-Klasse stieg, nachdem der Koffer schwungvoll auf die Rückbank geflogen war. Ich bilde mir ein, er war an seinem Handgelenk befestigt, weil es schön ist, wenn er jetzt dem Koffer hinterher fliegt. Genau so schön wäre gewesen, hätte Krause mit seinen jungen, starken Begleitern auf Russisch parliert, was er als DDR Kader zweifelsohne konnte. Damit ist die eigentliche Paparazzierung beendet.

    Warum es meine liebste ist, erklärt sich, wenn ich weiter erzähle, was ich von da an mit viel Interesse über Günthi las. Der hatte als entlassener Minister nicht nur für seine Putzfrau eine neue ABM erfunden, oder besser eine GBM, eine Geldbeschaffungsmassnahme. Er gründete eine Bauprojektfirma und erhielt seines guten Namens wegen von einer blau-weissen Landesbank einen Millionenbetrag Kredit dafür, den Osten mit „Volkshäusern“ zu beglücken. Schliesslich war der Exprofessor und Exminister ursprünglich Bauingenieur. In den Zeitungen war von windigen Geschäften die Rede und diese hässlichen Landschaftsventilatoren waren damit nicht gemeint. Seine Häuser wollte und baute keiner, Günthi hatte Probleme, und die Putzfrau eine grosse Familie zu versorgen und immer nur Hering schmeckt auch nicht. Es ging um mehr als leere Container. Russische Spezialisten luden ihn in der Not angeblich nach Zürich ein, zur Lösung seiner und der Putzfrau Sorgen an profitablen Währungsspekulationen teilzunehmen. Schliesslich hatte Günthi ja noch Kredit. Mitte der Neunziger war das eine sehr verbreitete Form von Anlagebetrug. Krause brachte das verfügbare Restgeld zu den Russen nach Zürich.
    Genau! In dem Koffer! Und ich hatte ihn dabei gesehen!
    Unbeeindruckt von irgendwelchen Fakten, bin ich bis heute davon überzeugt, Zeuge dieses doppelt und dreifach illegalen Deals geworden zu sein. Irgendwo las ich, Günthi sei im Weiteren in eines der in Zürich auch für Stunden mietbaren Edelbüros gelotst und dort über den Tisch gezogen worden. Diese Büros spielen schon in Filmen der Siebziger Jahre eine Rolle. Und ich freute mir ein Loch in den Bauch, weil ich dabei war, als Günthi seine finale Dummheit beging und es bayerische Millionen waren, die von nun an Batallione russischer Putzfrauen alimentierten. Anlässlich der Verschleierungsversuche dieses letzten, illegalen und missglückten Geschäfts wurde er festgenommen.
    Nach Jahren des Abtauchens, neuer Ehe und neuer Bescheidenheit, tauchte Günthi kürzlich zur Eröffnung der Ostseeautobahn wieder in der Öffentlichkeit auf. Schliesslich hatte er deren Bau damals noch beschlossen. Beim Stehempfang mit seiner Parteifreundin Angela wurde vom Interesse Putins an einer der Heiligendammer „Perlenschnurvillen“ geflüstert.
    Oh Günthi, ich sehe dich schon wieder mit einem grossen Koffer durch Zürich laufen.

  2. #2

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    irre witzig

  3. #3
    Avatar von Goodwill
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    Mir ist das Günthi und das Du einen Tick zu persönlich und nah. Immerhin war der Mann mal Bauingenieur. Ganz doll interessant finde ich, dass Devisen und andere Gelder in der DDR offenbar in Thälmann-Büsten aufbewahrt wurden. Der Ernst als Sparschwein des Großen Mannes - was für ein Hammer und Zirkel!

  4. #4
    Member Avatar von Syphilister
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    Ja der Neoliberalismus hinterlässt seine Spuren auch in diesem Textchen. Die Erklärung wie ich zum "Günthi" komme, fiel den Kürzungen zum Opfer. Der eingangs erwähnte Komiker nannte sich eben zu aller Blödheit auch noch "Günthi Krause".

    Und ich denke, ein Lebenspaparazzi muss nicht nur faul, aufmerksam und leicht gelangweilt sein, nein ein bisschen Mut braucht es schon. Mut zur Nähe, auch zu Günthis in Begleitung von schwer bewaffneten Mafiarussen. Ich kenn da nix, so einen Krause duze ich voll, wenn ich an ihm vorüber laufe.

    Danke.

  5. #5

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    vor allem irre. kann mal jemand nachgucken, ob das arbor ist?

  6. #6
    Member Avatar von Syphilister
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    Gerne. Ich sehe gerne nach, ob ich Arbor bin. Nur wo?

  7. #7
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    Ich finde es sehr schade, dass Sie den bekennenden Zirkusfreund und Träger der „Goldenen Palastnadel“ Günthi Krause schmähen. Ich erinnere mich oft und gern an seine Variete-Programme, darunter besonders an „Sause mit Günthi Krause“ und „Die drei Günthis lassen bitten“.
    Glücklicherweise ist Günthi auch im hohen Alter seiner Sucht treu geblieben, Witze zu erzählen: „Silber im Haar, Gold im Mund, Blei in den Knien“, ein lustiger Leckerbissen, den Günthi schon seit Jahren auf vielen Bühnen zum Besten gegeben hat und nun, mit einem gehörigen Tränchen Selbstironie im sympathischen Augenzwinkerwinkel, wie selbstverständlich (routiniert) auf sich selbst zu beziehen vermag.
    Alles andere an Ihrem Textchen finde ich auch schade.

  8. #8
    Member Avatar von Syphilister
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    Schade.

  9. #9
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    ich finde die Geschichte ziemlich lustig und was soll denn daran eigentlich arboresk sein? Versteh ich nicht.
    Habe allerdings keine wie auch immer geartete Meinung zu Günther Krause, da ich ihn nie sah.

  10. #10
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    Warum ist die Schrift so riesig? So überwältigend war der Krause auch nicht. Aber wieder was gelernt, ich dachte immer, die Putzfrauen-Affäre wäre eine vom Möllemann gewesen.

  11. #11
    Moderator Avatar von Ruebenkraut
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    War das nicht dieser Diestel?

  12. #12
    Member Avatar von Syphilister
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    Nein, das war nicht dieser Diestel, denn den habe ich ja nicht gesehen. Eigentlich schade, denn Peter Michael Diestel (PMD), der Pierre Brice der Wende, hätte es verdient, beschrieben zu werden. Ich mochte ihn damals gar nicht (wohl weil er so schick war), habe aber, als ich mehr über sein Wirken nach der Wende las, viel Hochachtung für ihn entwickelt. Im Gegensatz zu Krause kümmerte er sich nicht nur um sich selbst und sondern ganz konkret als Anwalt um die Persönlichkeitsrechte von Leuten die nach der Wende keinerlei Lobby mehr hatten. Er wendete mehrfach und es ist erstaunlich, zu lesen, wo er heute steht. Das wäre eine zeitgeschichtliche und unter Umständen politische Diskussion, die höflichen oder unhöflichen Paparazzi nicht ansteht.

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