ICE Hamburg nach Berlin-Kleinkindabteil, das wir mit Mathilda und ihrer matten Mutter teilen. Mathilda hat die Windeln voll und stinkt so erbärmlich, dass ich erwaege, uns ins Raucherabteil zu setzen. Das Gefrösch sieht aus wie mein Vater nach einer iranischen Wodka-Nacht, wird in ein High-Tech-Tragegestell geschoben und von mir durch den Zug gewippt und geschaukelt.
Als ich durchs Bordrestaurant wippe, wiege, schaukele und der Kindeskopf brummend langsam nach vorne sinkt sehe ich im Augenwinkel borsthaarig umwirkt die gewaltigsten Augenringe der Welt. "Tüten unter den Augen" sagt man in meiner Familie und das waren Mordtüten. Otto Sander, beige wie immer. Er steht an einem Bistrotisch, vor sich die Zeitung, neben sich ein leeres Likörglas und zwei leere Biergläser. Es ist 13 Uhr. Ich wippe Kreise um ihn herum, in der Hoffnung, dass er irgendwas macht. Er liest und raucht. Ich wippe einen Wagon weiter, summe ein bisschen, wippe zurück. Ein drittes leeres Bierglas, Sander raucht und liest. Und so wippe ich einen Wagon vor und zurück, Herr Sander säuft und raucht und liest. Pfeife.
Lesezeichen