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Thema: Fischer, Joschka

  1. #1
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    Vor ca. 15 Jahren, als Joschka Fischer noch nicht Bundesaußen-, sondern Landesturnschuhminister von Hessen war, hielt ich mit einigen befreundeten Halbstarken nachmittageweise einen Kinderspielplatz in einem Wiesbadener Vorort besetzt. Von da aus konnte ich einmal Herrn Fischer aus der namhaften Konditorei Sigrid Debus geeilt kommen sehen, über und über behängt mit Luftschlangen und Lakritzschnüren! Und auf dem Kopf... ö nein, gelogen, jetzt im Ernst: Der Minister kommt aus dem Laden geschnürt, ein gewiß sehr leckeres und gehaltvolles Stück Creme-Torte oder Zitronenschnitte o.Ä. auf der flachen Hand balancierend. Flink und wendig, wie Fettsäcke sein können, besteigt er einen akkurat vor dem Eingang geparkten blitzeblanken schwarzen Mercedes mit Frankfurter Kennzeichen; Tür zu, Blitzstart, weg isser.
    Ob Fischer auch das Bargeld aus der Ladenkasse mitgenommen hat, ist mir - bis heute - nicht bekannt. Er war nicht maskiert. Die Konditorei hat allerdings wenige Monate später schließen müssen.

  2. #2
    Moderatorin Avatar von Frau H aus B
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    Das ist doch eine hübsche Praline mit überraschender Füllung, warum mag die niemand anrühren?

  3. #3
    Avatar von Die Wucht
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    Pralinen machen dick.
    Lakritze macht Tinitus.
    Stand im Spiegel.

  4. #4
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    (Beitrag wurde von Walter Schmidtchen am 17.10.2001 um 18:50 Uhr bearbeitet.)

  5. #5
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    (Beitrag wurde von Walter Schmidtchen am 17.10.2001 um 18:50 Uhr bearbeitet.)

  6. #6
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    (Beitrag wurde von Walter Schmidtchen am 17.10.2001 um 18:51 Uhr bearbeitet.)

  7. #7
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    führt den verzweifelten in sein kabinett und holt eine flasche rum und zwei gläser aus dem speckigen schreibtisch - es ist zeit, müde zu werden...

  8. #8
    Member Avatar von Kenny Kuchen
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    Es gibt ja schon SIEBEN Joschka-Fischer-Stränge, deshalb habe ich lange gesucht, an welchen ich diese Geschichte anflansche. Mehrere boten sich an, weil Sachen vorkamen, die auch im folgenden vorkommen: In einem ist von dem Phänomen die Rede, dass man im Angesicht von Politikern nichts zu sagen weiß, in einem anderen wird das Motiv von der Einsamkeit der Macht erwähnt. Es ist dann der hier geworden, weil die geschilderte Begegnung auch noch vor seiner Zeit in der Bundespolitik liegt und weil ich gern gewusst hätte, was mit Herrn Schmidtchens Daumen war.

    Vor vielen Jahren meinte ich noch, mich politisch engagieren zu müssen, und das bei den Grünen. Der Grund hierfür war nicht zuletzt die Tatsache, dass die statt Delegierten- noch Landesmitgliederversammlungen abhielten, wo wirklich jeder hinkommen und sich produzieren konnte, was das Ganze in engen Grenzen angenehm anarchisch machte.
    Es ging um die Nominierung der Landesliste zur bevorstehenden Bundestagswahl, daher war die große Halle fast vollständig besetzt, lediglich vereinzelte Stühle in den aufs Podium zulaufenden Tischreihen waren noch frei geblieben, einer davon links neben mir. Vor der Abstimmung stellten sich die Kandidaten für die aussichtsreichen vorderen Plätze dem Parteivolk vor. Der Kandidat für den Listenplatz Zwei, den ersten Männerplatz also, war noch nicht eingetroffen und wurde deshalb ans Ende der Vorstellungsrunde geschoben.

    Irgendwann musste ich pinkeln. Als ich von der Toilette zurück kam, saß etwas Dickes auf dem vormals freien Platz neben meinem Stuhl. Es war der Kandidat für den Listenplatz Zwei. Die Landespolitik hatte er legislativ und exekutiv durch, die Bundespolitik, zwei seiner vier Ehen und vor allem seine immense, wenngleich nicht dauerhafte Gewichtsreduktion durch Joggen noch vor sich. Jeans noch, teures Jacket schon, Turnschuhe schon nicht mehr, die Haare noch schwarz und so lang, dass sie leicht gelockt erschienen.

    Als Mann in hohen politischen Ämtern hat man zwar Macht, aber wenig Freunde, und er hatte wohl niemanden gefunden, mit dem er reden wollte, aber offensichtlich einige Bekannte entdeckt, bei denen er dies unbedingt zu vermeiden suchte. Da es galt, die Zeit bis zu seiner verschobenen Vorstellungsrede zu überbrücken, musste ich als anonymer Ansprechpartner herhalten. Wann immer vorn am Rednerpult gegen ihn und die Landespolitik Vorwürfe laut wurden, kommentierte er diese, sich immer wieder an mich richtend, dennoch im Grunde mit sich selbst sprechend, mit Interna aus der Landeshauptstadt, die die da vorne ja nicht wissen könnten. Das ging wohl eine gute Stunde so. Da mir jegliches Hintergrundwissen fehlte, fügte ich anfangs noch einige „Hms“ und „Ahas“ in die Pausen seines Redeflusses, ließ jedoch bald davon ab, nachdem ich erkannt hatte, dass dies irrelevant für seine Ausführungen war, und erduldete stumm den Monolog.

    Wie die großen Pflanzenfresser der Kreidezeit im ausgewachsenen Zustand immun gegen Angriffe der kleinen Karnivoren waren, so standen seine Bedeutung und seine politischen Fähigkeiten so jenseits jeglichen Zweifels, dass seine Wahl auf den ersten Männerplatz ausgemachte Sache war. Während also alle anderen Männlein da vorn sich eigenwerbend abstrampelten, um sich ein wenig bekannter zu machen und in den für alle Versammlungsteilnehmer kopierten Vorstellungsheftchen seitenlang ihre politischen Lebensläufe und Ideen ausgebreitet hatten, beschränkte sich die Seite des einzigen Kandidaten für Platz Zwei auf die Zeilen „Hallo, mein Name ist Joseph Fischer und ich kandidiere für Platz Zwei.“ Irgendwann war er dran und ging nach vorne. Die Vorstellungsrede war dann, weil ihn eh jeder kannte, ein Rundumschlag zur Landespolitik der vergangenen Wochen, und warum alle Kritiker unrecht haben. Dann wurde er mit großer Mehrheit gewählt und fuhr anschließend sofort wieder dorthin, wo die richtige Politik gemacht wird.
    Eier und Schmalz, Butter und Salz, Milch und Mehl, Safran.

  9. #9
    Moderator_S Avatar von U_Sterblich
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    Vor ein paar Jahren musste ich mir mal mengenweise Archivmaterial über die Gründungsjahre der Grünen angucken, wie sie in provisorisch wirkenden Büros im Bonner Bundestag rumlümmelten und sich eine Grundsatzdebatte nach der anderen lieferten, immer mit Tränen und allem.
    Danach wusste ich: Joschka Fischer hat mitnichten eine tief greifende Metamorphose vom lockeren Sponti zum knallharten Statesman hinter sich. Er war schon immer was er ist. Schon in seiner Frankfurter Putztruppe und garantiert auch schon auf dem Schulhof.

  10. #10
    Moderater Avatar von Tobi Wahn
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    Bürgerhaus Butzbach (Butzbach, die Perle der Wetterau) irgendwann in den frühen 80ern.

    Mein Vater war wegen der Startbahn West und weil ich und meine große Schwester bei einer Demo von damals ungewohnt rabiaten Polizeieinsätzen ziemlich üble Platzwunden davon getragen hatten, aus der SPD ausgetreten. Und meiner Mutter nachgefolgt, zu den Grünen.

    Dass sich der momentan immer mitgliederstärker werdende Landesverband dazu herab ließ, überhaupt in diesem Kaff im Mittelhessischen zu tagen, war eine Ehre, und deshalb wurden alle verfügbaren Kräfte mobilisiert, um den Abgeordneten einen wunderbaren Aufenthalt im Butzbacher Bürgerhaus zu gewährleisten. Außer meinen Eltern waren nur noch zwei oder drei andere Leute bei den Grünen in Butzbach, und die wollten alle mitdiskutieren und nicht catern. Ich war 13 und selbstverständlich bestechlich und habe mich für um die 5 Mark 50 pro Stunde dazu bereit erklärt, die Softdrinktheke zu übernehmen. Fantacolawasser!

    In der ersten großen Pause gingen die dunkel gebeizten Türen des bohnergewachsten Saals auf und ich erwartete jetzt den riesigen Ansturm durstiger Politiker. Die hatten aber fast alle vorgesorgt und packten, statt bei mir zu kaufen, ihre mitgebrachten Wasserflaschen und Schulbrottüten aus. Einzig Joschka Fischer, damals noch im intensiven Dialog mit Jutta Dithfurth, schlenderte auf mich und meinen Stand zu und orderte gelassen und beiläufig eine Cola. Flink und wendig, wie Fettsäcke sein können, griff ich in den Kühlschrank und verkaufte Joschka für Einemarkfünfzig eine Cola. Die fünfzig Pfennig Trinkgeld haben ihn in meiner Achtung enorm steigen lassen.

  11. #11
    Moderator Avatar von Ruebenkraut
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    Habe mir gerade einen Moment lang vorgestellt, wie Außenminister Fischer im UNO-Sicherheitsrat nach der Beweisrede von Powell seine selbstgeschmierten Stullen und seine kleine wiederbefüllbare Flasche Mineralwasser auspackt.


    Geht nicht, geht überhaupt nicht.
    Fischer war schon in Butzbach auf dem richtigen Weg.
    Wahrscheinlich auch schon auf dem Pausenhof, s.o.

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