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Thema: David Yow schmiert mir eine

  1. #1
    Member
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    David Yow schmiert mir eine

    Es war wahrscheinlich 1995, mein wahrscheinlich dreiundzwanzigster Geburtstag.
    Ich war amourös mit einem Mann verbunden, der mir ein hautenges Kleid mit Vichykaros, obendrein mit rosa Blüten bedruckt, schenkte. Für so ein Kleid war ich um mindestens fünf Kilo zu schwer, niemals hätte ich etwas derartiges getragen - es war girlie, es war blumengemustert, kurz: das war ich nicht.

    Natürlich, denn zu dem Zeitpunkt war ich eben nicht so disponiert, habe ich ihn nicht angeschrien:"Ich will kein Kleid, das ich nicht bin", bedankt habe ich mich für diese Demütigung und das Ding meinen Freundinnen gezeigt. Die wussten natürlich, wo der Has lang läuft und schüttelten die Köpfe, ich hingegen brauchte noch einige Zeit um dem Kerl auf die Schliche zu kommen.
    Das ganze Jahr (94, 95 oder 96, die larmoyanten Jahre) war so gefärbt, ich schien nie das vom Leben zu bekommen, was ich erhoffte, weder Mann, Kleid oder was ich mir sonst noch vorgestellt haben mag.
    Logischerweise war also die Wut in mir, Wut, die ich vergeblicherweise durch meinen Musikgeschmack herausventilieren lassen wollte. So besuchte ich, oft alleine, manchmal mit anderen Verzweifelten, die verschiedensten blöden Konzerte. Meistens ließ sich dort aber schlecht wüten und toben, denn zu dieser Zeit schienen in Köln auch die Konzerte schlimmster Noise- Berserker vor allem von unbewegten Spex-Praktikanten bevölkert zu sein.
    So auch der Auftritt der "Jesus Lizard" im Luxor. Gegensätzlicher hätten Vortrag und Publikumsverhalten gar nicht sein können: Der Sänger war für Bühnenberserkertum allbekannt, ungläubig und reglos betrachteten die Praktikanten und ich sein Treiben. Dieser Mann hatte etwas Seltsames an sich, an sein Aussehen kann ich mich zwar kaum erinnern, ich glaube aber, daß er sehr klein und dünn war und entweder irritierend weit auseinanderstehende oder komisch eng beisammene Augen hatte. Wahrscheinlich roch er auch nicht gut. Gerne sang/schrie er mit dem Rücken zum Publikum und seine Motorik konnte Laien einen guten Eindruck vom Geschehen während eines epileptischen Anfalls vermitteln. Mit der Zeit wurde das alles sehr langweilig. Ob ihm, David Yow, auch so zumute war? Verachtete er sein Publikum und dachte bei seinen scheuen Blicken in unsere Gesichter nur "Hackfressen, alles Hackfressen"? Was ihn dazu bewogen hat, sich unvermittelt über den Bühnenrand zu beugen und mir, die ich gänzlich unfeixend und arglos dagestanden hatte, eine Ohrfeige zu geben - ich weiß es nicht.
    Die Praktikanten lachten. Die Geschlagene verließ, ein weiteres Mal gedemütigt, den Laden. Richtig knallend und schallend war die Ohrfeige zwar nicht gewesen, allein die Geste zählt. Eine sehr leichte Rötung war aber selbst später im Fenster der 148 noch zu sehen.
    David Yow, zu Recht in der Versenkung verschwunden?
    Die nächsten Jahre wurden dann übrigens ganz ok.

  2. #2
    Moderator Avatar von DonDahlmann
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    Sehr schön. Das Luxor war so um den Dreh rum auch ein feiner Laden. Ich werde leider niemals vergessen, wie Zeltinger sich dort seine, leichte Gebrauchsspuren zeigende, völlig ausgeleierte Schiesser Feinrippunterhose auszog um sie dem Publikum zu übereignen, dass nicht fassungslos zurückwich, sondern sich um die Hose balgte wie ein Haufen junger Hunde. Der Gewinner raste, die Unterhose über seinem Kopf schwenkend, offensichtlich sehr glücklich aus dem Laden. Sah ihn ein paar Stunden später gegenüber im RoseClub, wo ein Zipfel der Unterhose aus seiner Jackentasche ragte.

  3. #3
    Member Avatar von Effe Oberg
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    Das ist ja ekelhaft! Obige Geschichte jedoch hat mir gut gefallen.
    Strč prst skrz krk !

  4. #4
    Camembert Avatar von Edding Kaiser
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    Das Luxor. Ich musste kurz kreischen. Das Luxor. Gott hab es selig.
    Für Inge.

  5. #5
    Avatar von MC Hausmacherleberwurscht
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    Schöne Geschichte, die mich daran erinnert, dass mir der namentlich nicht bekannte Sänger der Spin Doctors mal seinen Mikrofon-Ständer in die Fresse geworfen hat, aber sowas von!
    Fans ! Ich habe Fans !

  6. #6
    Large Member Avatar von vir
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    Gehört trotzdem alles ins Musikforum.

  7. #7
    Avatar von Aporie
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    Mir hat die Ich-Definition über das vom Freund geschenkte Kleid am besten gefallen. Es gehört aber nicht ins Ich-Forum deswegen.

  8. #8
    Administrator Avatar von Graham
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    Und mir hat mal der Sänger der großartigen "King Khan And His Sensational Shrines" seinen Voodoo-Stab in den Magen gerammt. Er hat sich nicht mal entschuldigt.

  9. #9
    Avatar von le_reptile
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    sven regener klaute mir mal einen guitarrenständer. ich warte bis heute auf entschädigung. gehört aber ins musikforum. scheisswelt.
    -
    capuera, alta, with a hint of badmington

  10. #10
    earning disabled Avatar von Ebbesand Flutwasser
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    THE Jesus Lizard, da legte Yow immer großen Wert drauf. Er wollte damit wohl sagen, daß der Bandname nicht Vorname Jesus, Nachname Echse bedeutete, sondern DIE JESUS-ECHSE. Na warum nicht.

    Steve Albini erzählte gern, daß die Vorgängerband von The Jesus Lizard, Scratch Acid, sich nicht wegen der üblichen "künstlerischen Differenzen" aufgelöst habe, sondern wegen eines Klapseaufenthalts von David Yow. Der stritt das ab und nannte Albini ein Arschloch, wohl auch, weil der sich die brilliante Rhythmusgruppe von Scratch Acid für den Big-Black-Nachfolger Rapeman unter den Nagel gerissen hatte. Fortsetzung im nächsten Heft

    Und bei Gelegenheit dieses Themas werde ich jetzt mal wieder The Greatest Gift von eben Scratch Acid anhören. Nachbarn, death comes from above!

    (Gehört auch ins Musikforum, ich weiß.)
    That my memory is broken, I do not wonder; for my health, physical and mental, was gravely disturbed.

    H. P. Lovecraft, The Music of Erich Zann

  11. #11
    Avatar von Goodwill
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    Yeah yeah yeah.

    Dieses übertriebene Lob für den Text gehört natürlich ebenfalls ins Musikforum.

  12. #12
    Large Member Avatar von vir
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    Ihr Schwachmaten gehört doch alle ins Musikforum

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