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Thema: Iggy Pops lauter Penis

  1. #1
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    Iggy Pops lauter Penis

    Ich liebe ihn für "The Passenger". Alles andere ist Beiwerk, nicht schmückend, nicht schlechternd; Beiwerk.
    1992, 1993, ein fader Abklatsch eines Festivals möchte in Berlin stattfinden: "Berlin Rocks" in der Wuhlheide, einem schwierig zu findenden, ungepflegten Amphitheater. Ich lerne vor Ort das Wort "line up" - in einem Alter, indem andere bereits Gruppensex mit Rockstars hatten. Dieses line up jedenfalls konnte mich zum rocken locken, Rage Against The Machine, Anthrax, Monster Magnet, Living Color, die live sagenhaften Levellers und Iggy Pop. Ich habe vergessen, ob Metallica auch dabei war, es könnte sein, aber ich litt in dieser Zeit an einer Übermetallication. Hervorgerufen durch den damals ebenso allgegen- wie widerwärtigen Allgemeinsong "Nothing else matters". Das möchte ich kurz erklären, der Song ist in Ordnung, er hätte es so gut haben können bei mir! Aber nein, er musste ausbrechen, wie ein junges Pferd rannte er durch über Wiesen, Charts, Felder und durch Energieradios und als ich ihn kurz vorm Rio Bravo wieder einfangen wollte, war es entstellt, Teufel, Pferdchen, was haben Dich die Menschen geritten bloss um des schnellen Ritts halber, kurz, ich musste den Song erschiessen und habe ihn nie wieder gehört.

    Pop trat auf. Er selbst. Die untere Ebene des Halbrund rastete aus und ich mit ihr. Ich schwöre bis heute, dass er mindestens siebzig Lieder spielte, alles habe ich durcheinandergebracht, die kochende Sonne, das Bier, die vielen Eindrücke, ich benahm mich wie ein Festival-Anfänger, denn das war ich auch.

    Iggy war auf der Bühne die Show, vor der uns unsere Eltern immer gewarnt hatten. Er sprang, er flog, saltierte, natürlich zog er sich aus, zeigte seinen Oberkörper und sah aus wie jemand, in den die Dämonen ihre Spritzenzähne vergeblich eingeschlagen hatten. Wie jemand, dem nichts etwas anhaben konnte, seine Haut hing in Fetzen über die stählernen Muskeln und lachte über dreissig Jahre Misshandlung. Iggy Pop war die fleischgebliebene Werbung für Heroin.

    Höhepunkt seiner Half-Man-Show war Mikrophonakrobatik. Damals gab es noch Kabelmikrophone, die einem eine Hand blockieren und so ein Mindestmass an Bühnenpräsenz voraussetzen. Er gab dem Mikro etwa zehn Meter Spiel, wickelte es um seinen Hals und liess es weiträumig rotieren, immer enger zog das Kabel seine Kreise um Iggys Hals, aufgemerkt, eine Metapher, die Musik bringt mich um! Aber das Bier, das Bier, die Metapher wirkte bei mir. Ich war fasziniert und starrte auf den Mann und sein Kabelhalsband. Er wand sich wieder heraus und hatte an den Mikrophonspielen ebenso viel Spass wie das Publikum, das tobende.
    Es schien, als treffe ihn ein Geistesblitz, die Augen weit aufgerissen, der Oberkörper nackt, untenrum eine flatternde Stoffhose, da steckte er sich das Mikrophon in die Hose und rieb und klopfte. Ein aufmerksamer Gott der kleinen Dinge muss am Mischpult gesessen haben, man spürte, wie blitzartig der Regler hochgeschoben wurde. Die Klopf- und Reibegeräusche in Pops Hose waren lauter zu hören als irgendetwas anderes vorher und nachher auf diesem Festival inklusive dem Schlagzeuger von Anthrax. Verzückt von den eigenen Pullergeräuschen sprang Pop auf und ab, hin und her, rieb und klopfte, klopfte und rieb und hörte auf, als es am schönsten war. Mit einem Ruck wollte er Mikrophon samt Kabel aus der Hose reissen und riss dabei die Hose herab, die dürre Taille konnte und wollte den Stoff nicht mehr halten, die sperrig spitzen Hüftknochen und Pops Po gaben auf und die Hose rutschte.

    Pop trug nichts drunter.

    Sein Penis, eben noch laut, baumelte nun kleinlaut vor den Dreissigtausend, die sich in Berlin rocken liessen. Abgeklärt, erfahren, mit allen Wassern gewaschen, frei von jeder bürgerlichen Scham, so war Iggys Reaktion auf keinen Fall zu beschreiben. Hektisch liess er das Mikrophonkabel aus den Händen fallen, griff sich, gleichzeitig in die Knie gehend an den Hosenbund und zog hoch, was noch zu retten war. Noch in der gleichen Bewegung drehte er sich mit dem Rücken zu Publikum, richtete Gemächt und Hose, es mag zehn volle Sekunden gedauert haben, und war wieder Iggys Pop Show.

  2. #2
    Abebe Lowumbo Avatar von joq
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    Hurra!
    More gin in teacups

  3. #3
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    Auch im x-ten Aufguss immer noch eine sehr feine Anekdote.

  4. #4
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    Einerseits dankeschön, andererseits: Aufguss?

  5. #5

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    Poppolizist:

    Abgesehen von den ersten zwei Zeilen, dem Kniefall vorm Passenger (ewig abgenudeltes, wenig inspiriertes Disco-Geblubber vom Pop), diesem Beiwerk-Ding, Kill City? New Values? BEIWERK? Was bilden Sie sich ein?, sowie dem Locken-Rocken-Reim und einigen VISIONS-Klischees ein okayer Einstand, der straffrei rockt. Hier unterschreiben, bitte.
    Geändert von Max DeRire (22.03.2004 um 13:50 Uhr)

  6. #6
    Large Member Avatar von vir
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    Gehört trotzdem ins Musikforum.

  7. #7
    Weber Member Avatar von Herr Weber
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    Sehr schöner Konzertbericht (Brauchen wir ein Forum "Schöne Konzerte"?) mit vielen lustigen, kleinen Sätzen ("ich benahm mich wie ein Festival-Anfänger, denn das war ich auch.")
    Übrigens ist es durchaus nicht ungewöhnlich, dass Iggy Pop während eines Konzerts seinen Unterleib entblößt. Man könnte sogar fast sagen, das sei eine immer wieder gern ausgeübte Marotte von ihm. Deshalb glaube ich nicht, dass die Freilegung seines Gemächts ein Versehen war.

  8. #8
    Moderator Avatar von Ruebenkraut
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    hab ihn auch schon gesehen, den puller. damals im tempodrom, als es noch zelt war und nicht skandalbetonbau.

  9. #9
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    Wo ich nun lesen musste, dass Herr Pop gerne sein Geschlechtsteil entblößt und sich so mit Herrn Drafi Deutscher gemein macht, frage ich mich nach Motiv respektive Ursache für dieses normalerweise (siehe Herrn Deutscher) gerichtsnotorische Vergehen.

    Leider fällt mir da nur ein übler Kalauer ein, den ich Ihnen allerdings nicht vorenthalten möchte:

    Hat Iggy seinen vollen Namen in der Kindheit wegen der mangelhaften prosodischen Fähigkeiten seiner Mutter vielleicht als Imperativ missverstanden? Obwohl, er ist ja gar kein Deutscher.


    Tut mir ehrlich leid.

  10. #10
    Member Avatar von Effe Oberg
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    shhh.... Apropos Pop:

    Nun- es scheint ja gemeinhin eher Sache der sogenannten "Rockstars" zu sein, den Schwengel auf der Bühne rauszuholen. Mir fällt dazu diese Chili-Peppers- Geschichte ein.

    Der eigentliche Pop- Künstler (und das ist eher dann auch mein Genre) ist auf vorbildliche Kleidung bedacht. In diesem Zusammenhang möchte ich aber auf den Edwyn Collins - Strang verweisen, den ich letztlich gelesen und für gut befunden habe.

    http://www.hoeflichepaparazzi.de/for...threadid=10058

    Ein schöner Kontrast!

    Was es aber mit Drafi Deutscher auf sich hat, vermag ich nicht ansatzweise zu vermuten.
    Strč prst skrz krk !

  11. #11
    Avatar von Kirk Erbs
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    Ich war auf dem gleichen Festival, nur hieß es bei mir "Hamburg Rocks". An Pops Pullergeräusche kann ich mich überhaupt nicht erinnern, was daran liegen mag, daß ich während seiner Show im Gedränge vor der Bühne meine Brille verlor, nur um sie bange Minuten später auf dem Boden herumkriechend unzertreten wiederzufinden. Entweder habe ich also in diesem Moment Entscheidendes verpasst oder Iggy Pop hatte an dem Abend einfach keinen Geistesblitz.

    Metallica waren übrigens tatsächlich nicht dabei, dafür fungierten Faith No More als zweiter Headliner neben Iggy Pop. Wahrscheinlich kam es zu Schmandewitschs Deckerinnerung "Nothing Else Matters" / Metallica durch das zu der Zeit ebenfalls ubiqitäre Faith No More Cover von Lionel Richies "Easy".

    Wie auch immer, Iggy Pops Psychopathentum wurde durch Mike Patton spielend in den Schatten gestellt. Dieser Mann strahlte in seiner Gestik und Mimik, in seinem ganzen Verhalten einen Komplettirrsinn aus, der mir trotz der Gitterzäune und der Reihe von Securitybären, die mich von der Bühne trennten, gehörige Angstzustände einjagte. Während eines Songs (ich glaube sogar, es war "Easy") hing Patton minutenlang regungslos über seiner Monitorbox und produzierte mit seinem Mikro Rückkopplungen. Irgendwann hatte der Gitarrist, der wohl endlich sein Solo abnudeln wollte, die Schnauze voll und trat an Patton heran und versetzte ihm einen kräftigen Tritt in den Hintern. Patton erwachte daraufhin aus seiner Lethargie und schleuderte wutentbrannt die Monitorbox auf den vor ihm stehenden Sicherheitsmenschen. Im Vergleich zu Patton war Iggy Pop eine wohlerzogene Spieldose, die man bloß ein wenig überdreht hatte.

  12. #12
    Seniorita Avatar von elinor
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    Iggy Pop And The Stooges
    live am 28. Juni in Berlin.
    Geändert von elinor (24.03.2004 um 08:47 Uhr)

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