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Thema: Eine Wohnung in Wien

  1. #1
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    Eine Wohnung in Wien

    Es war kurz vor dem Jahreswechsel 1999/2000 und ich lebte gerade in Wien.

    Mein Freund R. hatte keine Wohnung, wenig Geld und ein kleines Engagagement in einem winzigen Musicaltheater in der Nähe der Oper.

    Ein Freund seiner Schwester vermittelte ihm dann anderthalb Zimmer zur Untermiete in der Leopoldstadt.

    Die Zimmer waren hell, preiswert und möbliert. R. war sehr zufrieden.

    Er lud mich und meine Freundin zum Schnitzelessen ein.
    Die Wohnung war in der Springergasse.

    Das Treppenhaus war riesig und dunkel, an der Tür der Wohnung waren viele durchbrochene Polizeisiegel. Im Flur ging es links zu den Zimmern vom Mitbewohner Siggi und geradeaus zu einer Wohnküche, von der wiederum Rs anderthalb Zimmer abgingen.

    Vor der Küche stand ein Kiefernbohlenregal mit vielen kleinen Flasche drin. Flaschen, wie man sie auf Flohmärkten zusammenkauft, wenn man sowas sammelt. Jede Flasche hatte eine andere Farbe und ein sorgfältig beschriftetes Etikett ("Marille 1998", "Boskop 1996", "Latschenkiefer" usw.)
    Es standen immer nur vier oder fünf in einem Regalfach mit viel Platz dazwischen.

    Die SChnitzel waren schlimm. R. hatte aus Versehen oder aus Sparsamkeit 'Siedfleisch' (bin mir nich sicher), auf jeden Fall kein SChnitzelfleisch gekauft und die Dinger waren zäh, voll mit Sehnen, einfach unvergesslich schlecht.

    R.s Zimmer waren wirklich schön: das kleine nach vorne zur Springergasse mit SChreibtisch und Regal, das grosse mit weitem Doppelbett nach hinten zum ruhigen Hof.

    Das Joy Divison Poster an der Wand war bestimmt nicht von R,, der war mal Wiener Sängerknabe gewesen und hat mit sowas nix am Hut.

    Irritierenderweise war der schöne Parkettboden weitgehend ruiniert, als hätte jemand alle Bretter einmal rausgehackt und dann irgendwie wieder draufgelegt,Teppich drüber und fertig.

    Ich fragt R. danach und er erzählte, dass bevor er eingezogen ist zwei deutsche Terroristen in den beiden Zimmern gewohnt hätten. Dann wäre die Polizei dagewesen, hätte alles umgestülpt, den Boden aufgehackt und jetzt wäre er halt eingezogen. Und ja: das Joy Divison Poster und die Likörflaschen im Regal wären auch von den Terroristen gewesen, hätte die Polizei aber dagelassen.

    Er hat mir dann das Joy Division Poster geschenkt (hab ich beim Umzug verloren, mochte díe Musik auch nie) und eine Flasche mit dem Latschenkiefernlikör, die hab ich noch. Hab mich nie getraut sie zu öffnen, vielleicht stinkt es dann und ich muss sie wegwerfen. Sie ist mit einem kleinen selbstgeschnitzten Korken verschlossen und mit feiner Handschrift beschriftet. Ein kleiner Zweig steckt auch drin.
    Das war bestimmt Andrea Klump, die den Likör gemacht hat. Ich glaube nicht, dass ihr Kompagnon Liköre hergestellt hat. Das war der der erschossen worden ist, auf der Flucht.

    Andrea Klump lebt noch, habe ich gelesen. Ihren Namen hab ich mir gemerkt, weil ich die noch von den Steckbriefen in den Achtzigern auf den Postämtern kannte.
    Die Diskrepanz zwischen ihrem schönen Gesicht und ihrem komischen Nachnmamen hatte sich mir eingeprägt. Sie sah so ähnlich aus wie die Stummfilmfrauen, in dem Buch "Sexus, Eros, Kino", das ich regelmäßig aus dem Regal meiner Eltern lieh.
    Ich fand sie wahnsinnig schön.

  2. #2
    Seniorita Avatar von elinor
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    Schenken Sie mir das Wort Engagagement?

    Ein Plakat von Joy Division zu verlieren und deren Musik nicht zu mögen - hmm.

  3. #3
    Avatar von Alberto Balsam
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    Der Boden ist wohl von der Polizei aufgehackt worden, um Waffen, Geld, Beweise oder sowas zu suchen. Ich erinnere mich an die Geschichte, 2 Untergetauchte, wie traurig, in ihrer "Freizeit" Likör anzusetzen, vielleicht ist ja in der einen Likörflasche irgendwas, ein Röllchen mit Tausendmarkscheinen

  4. #4
    Avatar von Herr Genista
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    Oder ein Kassiber. Ich glaube übrigens, daß man mit Gedanken an Siedfleischschnitzel einem hungernden Menschen Linderung bringen kann.
    Zeterum zenseo.

  5. #5
    Avatar von Alberto Balsam
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    Siedfleisch, Siedfleisch, was mag das sein? geräuchertes Fleisch? Also Selchfleisch, wie man hier sagt?
    Aber Sieden ist ja Abkochen, hm.
    Ich, Matjesfan, frag mich immer mal wieder, was eigentlich passiert, wenn man Matjes brät, was da so rauskommt.

  6. #6
    Avatar von Herr Genista
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    Siedfleisch ist Fleisch minderer Qualität, zur Versuppung und Auskochung verwandt, soweit ich weiss. A Gselchts hingegen ist die Höh des Geschmacks, und jetzt weiss ich endlich auch, was der Kreisler meint, wenn er das singt.
    Zeterum zenseo.

  7. #7
    Avatar von Herr Genista
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  8. #8
    Avatar von Alberto Balsam
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    Ich hab mal in Schweden, auf einer der Alandinsel einen unfassbar sauren Fisch gekauft, der war aber nicht in Essig eingelegt, der war nur sauer, natursauer, und mein Freund Thomas briet ihn, ich hab leider vergessen, was rauskam, irgendwie ungenießbar zumindest, wir haben ihn über Nacht auf einen Ameisenhaufen gelegt, am nächsten Tag war er weg. Thomas meinte, eine Waldkatze hätte ihn geschnappt, ich wollte ihn von der Gierigkeit der Ameisen überzeugen, weil ich mal in meiner Jugend einen toten Spatz auf einen Ameisenhaufen gelegt hab, und täglich beobachten konnte, wie sie, meine kleinen Brüder, ihn zerlegten, zuerst alle Federn abknabberten, dann das Fleisch, dann die Knochen in Bröckchen in den Haufen schleppten, ok, das ging über Tage, der saure Fisch wär nicht so schnell abtransportabel gewesen, aber man verklärt doch so manches im einsamen Wald, wo unsere Hütte und unser Haufen stand. Vielleicht wars wirklich eine Waldkatze, ich muss ihn mal morgen anrufen, "Thomas, ich glaub es war wirklich eine Waldkatze, damals, der Fisch auf dem Ameisenhaufen, tut mir leid wegen dem Streit, du hattest recht"
    Aber fressen Katzen saure Fische?
    Atmen Eier?
    Was trinken Wale?

    http://www.hoeflichepaparazzi.de/for...threadid=20645
    Geändert von Alberto Balsam (13.03.2004 um 02:26 Uhr)

  9. #9
    Avatar von Bartholmy
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    Ich glaube nicht, dass Katzen Sauerfisch fressen; andererseits: Schwedische Waldkatzen - wer weiß. Deutsche Hauskatzen fressen Spitzmäuse nicht, bzw. sie versuche das schon, wenn sie noch jung sind und kotzen hernach die Wohnung voll. Dann tun sie es nicht mehr, sie töten die Spitzmäuse natürlich trotzdem, wie üblich, legen sie dann aber - so zumindest Karlo und Kalle - sauber als Strecke gereiht (pro Nacht kamen gelegentlich in der Spitzmaussaison bis zu Stücker fünf zusammen) auf den Allwetterteppich auf der Terrasse.
    Ich habe dann mehr als einmal eins der Spitzmäuschen - das wusste ich aus Sachkunde oder aus "Knall auf Fall" in eine Pappschachtel gesteckt und um die Ecke in den Wald getragen und auf einen Ameisenhaufen gelegt. Kurze Zeit später konnte man sie Schachtel abholen und das Spitzmausskelett studieren - sehr kleine Knochen.

  10. #10
    Avatar von Alberto Balsam
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    ich hätte die Gehörknöchelchen rausgefummelt, Spitzmaushammer, -steigbügel, -amboss, gute Aufgabe eines Pfadfinders

  11. #11
    Avatar von Bartholmy
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    Die Spitzmaushämmer und -ambosse entnehmen bereits die Ameisen, sie fertigen damit aus verlorenen Schusternägeln Notrufsäulen die dann die Ameisenstraßen säumen. Die Spitzmaussteigbügel brauchen die Ameisen auch um Blattläuse aufzuzäumen auf denen sie dann im Ameisentempo die Ameisenautobahnen entlangsausen - bis es eben auch mal kracht. Dann kommen die Notrufsäulen ins Spiel.

  12. #12
    Avatar von Alberto Balsam
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    Bart, wenn du in Wien bist, gehen wir ins naturhistorische Museum, da gibts tausende von Singvögelgehörknöchelchen, in Schubladen

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